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Imagery-Forschung

Die Imagery-Forschung beschäftigt sich mit den internen Prozessen der nicht-verbalen, gedanklichen Entstehung, Verarbeitung und Speicherung von inneren Bildern. Solche Gedächtnisbilder lassen sich als gelernte, visuelle Eindrücke eines Menschen kennzeichnen (Lernen).

Die Imagery-Forschung basiert auf zwei grundlegenden Forschungsrichtungen, der psychologisch orientierten Theorie der dualen Codierung und der biologisch orientierten Hemisphärentheorie. Nach der Theorie der dualen Codierung werden »verbale und nicht-verbale Informationen in unabhängigen aber miteinander verbundenen Systemen repräsentiert und verarbeitet« (PaMo, 1977, S. 60), d.h. in einem bildlichen und einem verbalen Code. Konkrete Wörter (z.B. Center) können sowohl bildlich als auch verbal codiert und gespeichert werden, abstrakte Wörter (z.B. Moral) im allgemeinen lediglich verbal. Abstrakte bildliche Informationen lassen sich nur bedingt verbal speichern.

Die Hemisphärentheorie unterstützt die Ergebnisse der Theorie der dualen Codierung insofern, als experimentell festgestellt wurde, dass die beiden menschlichen Gehirnhälften (Hemisphären) - obwohl untereinander verbunden - auf bestimmte Funktionen spezialisiert sind. Bei rechtshändigen Menschen ist die linke Hemisphäre für verbal-logische Aktivitäten und die rechte Hemisphäre für nichtverbal-emotionale Aktivitäten »zuständig«. Die Prozesse der rechten Gehirnhälfte laufen eher »ganzheitlich« (holistisch) und wenig bewusst ab.

Aus diesen Befunden leitet die Imagery-Forschung folgende Schlüsse über die kognitiven und emotionalen Wirkungen innerer Bilder auf das Konsumentenverhalten ab: Bilder werden ganzheitlich verstanden und weit gehend automatisch verarbeitet. Dies führt zu einer schnelleren Aufnahme und Verarbeitung von bildlichen als von verbalen Informationen. Die Bildverarbeitung läuft nach einem analogen und nicht nach einem sequenziell-logischen gedanklichen Schema ab, was dazu führt, dass räumlich nah dargestellte Bildelemente auch als kausal zusammengehörig interpretiert werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Bildinformationen wesentlich schneller und besser gespeichert werden als sprachliche Informationen. In emotionaler Hinsicht haben Bilder die Eigenschaft, gefühlsmäßige Inhalte besser übermitteln zu können, als es verbal möglich ist.

Für die Anwendung im Marketing lassen sich aus den Ergebnissen der Imagery-Forschung wichtige Schlüsse ziehen. In der Werbung ist es insbesondere in einer Zeit der Informationsüberlastung (Informa-tion-Overload) infolge der Überlastung des menschlichen Injormationsverarbei-tungssystems und gering involvierter Konsumenten (Involvement) wichtig, relevante Informationen schnell, prägnant und aktivierend zu vermitteln.

Auf Grund der Ergebnisse der Imagery-Forschung ist die Bildkommunikation dazu besonders geeignet. Die wichtigsten zu übermittelnden Informationen sollten dabei in Wort und Bild dargestellt werden. Bilder sollten in der Werbung insbesondere dazu verwendet werden, emotionale Sachverhalte und Konsumerlebnisse zu übermitteln (Kommunikation). In der Marktforschung gewinnen Bilderskalen zunehmend an Bedeutung. Zum einen eignen sich Bilder durch ihre bessere Erinnerungsfähigkeit zu Bildrecallverfahren (Erinne-rungsverjakren) oder Bildrecognitionverfah-ren (Wiedererkennungsverjahren), also dem Wiedererkennen oder -erinnern der Bilder. Wichtig ist dies bei gering involvierten Konsumenten. Zum anderen werden Bilderskalen zur Messung von inneren Bildern und anderen nur schwer verbalisier-baren Sachverhalten herangezogen (vgl. Kroeber-Riel/Wemberg, 1999, S. 343f.). Auch gedankliche Lagepläne (mental maps) zählen zu inneren Bildern einer räumlichen Ordnung, z.B. eines Straßennetzes oder der Warenanordnung in einem Geschäft. Sie dienen zur räumlichen Orientierung des Menschen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1999, S. 415ff.). Eine weitere Anwendung der Imagery-Forschung findet sich in der Visualisierung von Informationen. Darunter versteht man eine Darstellungsweise von Informationen nicht in verbaler oder zahlenmäßiger Form, sondern durch leicht eingängige Grafiken (Balken-, Kurven- oder Kuchendiagramme). So können die wesentlichen Informationen, z.B. Trends oder Aufteilungen, schnell erfasst werden (vgl. Zentes, 1987, S. 231).

vor allem für die Werbemittelgestaltung wichtiger Teilbereich der Konsumentenverhaltensforschung, in dem die kognitiven Verarbeitungsprozesse von Bildinformationen untersucht werden.

Die Bildverarbeitungs- oder Imagery-For­schung als Teilbereich der Konsumenten­forschung untersucht nicht-verbale Infor­mationsverarbeitungsprozesse, indem je nach theoretischem Standpunkt entweder die Unterschiede zwischen der Verarbeitung von textlichem Material einerseits und non­verbalen (akustischen, haptischen, gustatori- schenoder olfaktorischen) Stimuli anderseits herausgearbeitet werden (Percept-Analogy- Theorien) oder die Unterschiedslosigkeit be­tont wird (Propositionale Theorien). Die Percept-Analogy-Theorien unterstellen, es sei aufgrund entsprechend spezialisierter Verarbeitungssysteme zwischen nonverba­len (rechte Hirnhemisphäre) und verbalen Verarbeitungsprozessen (linke Hirnhe­misphäre) zu differenzieren. Das nonverbale System sei spezialisiert auf die gedankliche Entstehung, Verarbeitung und Speicherung von inneren Bildern; die jeweiligen Prozesse werden als Imagery bezeichnet. Das verbale System sei zuständig für die Bearbeitung von sprachlichen Reizen. Dabei werden unter „inneren Bildern“ oder „Vorstellungsbil­dern“ visuelle Vorstellungen über Wahrneh­mungsgegenstände bei Präsenz des Stimulus oder in dessen Abwesenheit (Gedächtnisbil­der) verstanden. Die Vertreter sog. Propositionaler Theorien verneinen die Existenz eines speziellen non­verbalen Systems. Sie gehen davon aus, dass sowohl Bilder als auch Texte in einem ge­meinsamen abstrakten Code verarbeitet und als logische Propositionen (= Strukturen, die die Beziehung zwischen zwei Objekten an­geben) repräsentiert werden (zur Diskussion um die Imagery-Kontroverse vgl. Wippich, 1984). Der bekannteste Ansatz ist die auf Allan Pai- vio zurückgehende Theorie der Dualen Ko­dierung, die zu den Percept-Analogy-Theorien gehört. Der Ansatz unterstellt eine vierstufige Verarbeitungssequenz bei der Transformation jedes von den Sinnesorga­nen registrierten Reizes (Paivio, 1971). Die erste Verarbeitungsstufe beinhaltet eine modalitäts-unspezifische sensorische Analy­se des Reizes. Auf der zweiten Verarbei­tungsstufe, der repräsentationalen Stufe, er­folgt die modalitätsspezifische Aufspaltung: Bilder und andere nonverbale Stimuli lösen einen nonverbalen Kode (ein analoges Vor­stellungsbild) im nonverbalen System aus. Linguistische Informationen, die akustisch (phonemische Einheiten) oder visuell (Schrift) aufgenommen werden, erzeugen verbale bzw. auditiv-motorische repräsentationale Reaktionen im verbalen System. Im nonverbalen System werden Bilder paral­lel und nach den Regeln einer „räumlichen Grammatik“ bearbeitet, d. h. Bilder werden ganzheitlich erfaßt und dann zur Bearbei­tung in sog. Chunks (einzelne Informations­einheiten) zerlegt. Für die Aufnahme und Verarbeitung von nonverbalen Stimuli bil­den räumliche Kriterien die Grundlage. Na­he beieinander positionierte Objekte beein­flussen sich in ihrer Identifikation und Interpretation gegenseitig. In den bildhaften Vorstellungen bleiben die räumlichen Eigen­schaften der tatsächlichen Darbietung erhal­ten. Die verbale Informationsbearbeitung weist eine temporalsequentielle Struktur auf, d. h. die Abfolge von Buchstaben und Wörtern verleiht Gesprochenem bzw. Gelesenem erst seine Bedeutung. Im verbalen System wer­den sprachliche Reize also sequentiell nach logischen Regeln bearbeitet. Da verbale In­formationen nicht synchron bearbeitet, son­dern als temporale Sequenzen miteinander verknüpft werden, ist der verbale Kode beim Informationsabruf nicht so schnell zugäng­lich wie ein räumlich organisierter imaginaler Kode. In der dritten Stufe, der referentiellen Ebene, werden die Vorstellungsbilder nonverbaler Stimuli assoziativ mit der sprachlichen Re­präsentation des Reizes verknüpft, d. h. Ob­jekte und deren Abbilder evozieren ihre impliziten oder expliziten sprachlichen Benennungen. Neben den nonverbalen Ko­de tritt ein verbaler, so dass nonverbale Reize zweifach (dual) kodiert werden, während verbales Material üblicherweise nur verbal kodiert wird. Die beiden Kodes können un­ter bestimmten Bedingungen zusammenge­faßt werden, so dass imagínale und verbale Gedächtniskodes einen quasi additiven Ef­fekt auf die Speicherung haben (Code-Re- dundanz-Hypothese). Mit zunehmendem Konkretheitsgehalt steigt allerdings auch bei verbalen Reizen die Wahrscheinlichkeit, dass durch den Begriff Vorstellungsbilder akti­viert werden. In diesem Fall wird auch ein verbaler Reiz dual kodiert. Generell gilt, dass Bilder leichter einen verbalen Kode auslösen als konkrete Wörter einen imaginalen Kode generieren. Auf der vierten, der assoziativen Ebene wer­den im verbalen System zu den verbalen Re­präsentanten andere linguistische Einheiten assoziiert, während im imaginalen System imagínale Kettenassoziationen ablaufen. Die vierte Stufe der Informationsbearbeitung stellt also Kontextbezüge zu Wissen und Er­fahrung her; die aktuelle Information wird zu ähnlichen Informationen in Beziehung gesetzt. Kurz zusammengefaßt werden Bilder nach analog-assoziativen Regeln aufgearbeitet, Texte nach logisch-sequentiellen Regeln. Wahrnehmungsgegenstände einer Modalität können im Rahmen der Auswertung einen Kode der anderen Modalität miterzeugen. Dabei ist das Generieren eines verbalen Ko­des für nonverbales Material wahrscheinli­cher als umgekehrt die Entwicklung eines bildlichen Kodes für verbales Material. Bilder werden besser als Wörter erinnert, konkrete Wörter besser als abstrakte. Maßgebend für die Qualität der Erinnerung ist die Konkretheit und/oder Bildhaftig­keit (Bildkommunikation, nonverbale Kommunikation). Bilder werden mit gerin­gerem gedanklichem Aufwand und damit auch mit weniger Denkvorgängen als Texte verarbeitet; ihre Merkmale werden direkt bildlich erfaßt, ohne den „Umweg“ über eine verbale Kodierung; der verbale Kode tritt erst im Laufe der Verarbeitung hinzu. Da ge­ringerer kognitiver Aufwand bei der Erfas­sung und V erarbeitung und damit verbunden geringeres Bewusstsein vorliegt, wird der Schluß gezogen, Bilder könnten leichter als Texte die kritische Kontrolle des Betrachters unterlaufen; durch Bilder sei also leichter zu manipulieren als durch Texte.       

Literatur: Paivio, A., Imagery and Verbal Pro- cesses, New York 1971. Wippich, W., Lehrbuch der angewandten Gedächtnispsychologie, Bd. 1, Stuttgart 1984.

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