Wissenschaft lässt sich allgemein durch das Streben nach Erkenntnis (Erkenntnisinteresse) und durch das Bemühen um Gestaltung (Gestaltungsinteresse) charakterisieren. Im ersten Fall kann von einem kognitiven Ziel gesprochen werden. Seinen inhaltlichen Niederschlag findet es insb. in Theorien. Im Bereich der Realwissenschaften werden. Theorien zur Erklärung der relevanten Phänomene (Sonnenfinsternis, konjunkturelle Schwankungen, Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter von Betrieben usw.) benutzt. Im zweiten Fall handelt es sich um ein praktisches Ziel. Hier geht es um die Beherrschung des natürlichen oder sozialen Geschehens mit Hilfe von Technologie und Technik. Zwischen beiden Zielsetzungen sind enge Zusammenhänge anzunehmen.
Auf die Betriebswirtschaftslehre bezogen bedeutet dies: Das kognitive Ziel schlägt sich in der Behandlung disziplinspezifischer Erklärungsprobleme nieder (Beispiele: Erklärungen für das Kaufverhalten von Konsumenten oder das Mitarbeiterverhalten am Arbeitsplatz). Benötigt werden dazu allgemeine Motivationstheorien und Wissen um spezielle Sachverhalte, also beispielsweise Kenntnisse über das in einem Betrieb angewandte Entgeltsystem (verhaltenstheoretische Betriebswirtschaftslehre). Im Hinblick auf das praktische Ziel der Betriebswirtschaftslehre geht es darum, Informationen zur Lösung von Gestaltungsproblemen bereitzustellen (Beispiele: Massnahmen zur Reduzierung der Fluktuationsrate eines Betriebes oder Angaben über den zweckmässigen Einsatz der Produktwerbung oder der Aussendienstmitarbeiter). Es empfiehlt sich, an die Seite dieser beiden Hauptaufgaben der Betriebswirtschaftslehre noch ein deskriptives Ziel zu stellen. Seinen vielleicht deutlichsten Niederschlag findet es im betrieblichen Rechnungswesen, einem speziellen Instrument zur Beschreibung bzw. Abbildung betrieblicher Vorgänge. Die hier gesammelten und aufbereiteten Informationen werden u. a. zur Kontrolle und Steuerung benutzt.
Im Zusammenhang mit den genannten Wissenschaftszielen der Betriebswirtschaftslehre sind die Bemühungen der Disziplin um Modellbildung zu sehen. Die Verfolgung des kognitiven Ziels führt zu Erklärungsmodellen. Entscheidungsmodelle lassen sich primär in Beziehung zum praktischen Ziel setzen. Beschreibungsmodelle sind Ergebnisse der Verfolgung des deskriptiven Teils. Den genannten Zielsetzungen wird in den diversen Wissenschaftsprogrammen der Betriebswirtschaftslehre unterschiedliche Bedeutung beigemessen.
Siehe auch Betriebswirtschaftslehre
Literatur: Schanz, G., Wissenschaftsprogramme der Betriebswirtschaftslehre, in: Bea, F. X./Dichtl, Schweitzer, M. (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1, Grundfragen, 5. Aufl., Stuttgart, New York 1990, S. 55 ff.
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