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Kaufentscheidungsheuristiken

sind gegenüber der - angesichts begrenzter menschlicher Informationsverarbeitungska­pazität nur in Ausnahmefällen auftretenden vollständigen - Informationsverarbeitung vereinfachte Vorgehensweisen bei Kauf­entscheidungen. Eine Charakterisierung der im Rahmen der Kaufentscheidungsprozeßforschung un­tersuchten gängigen Heuristiken geht auf Wright zurück und ist von Bettman präzi­siert und erweitert worden. Danach läßt sich eine Kaufentscheidungsheuristik an Hand von drei Merkmalen kennzeichnen: 1) Art der Bewertung der Alternativen (z. B. Bildung eines Urteils bezüglich der re­levanten Merkmale aller in Frage kommen­den Alternativen oder Aussortieren von Alternativen, die hinsichtlich einzelner Merkmale den Ansprüchen nicht genügen) 2) \'Wahlkriterien (z. B. Entscheidung für die beste oder für die zuerst identifizierte zufriedenstellende Al­ternative) 3) Reihenfolge der Informationsverarbei­tung (z.B. alternativenweises oder attribut­weises V orgehen). Häufig geht man von einer Unterteilung in kompensatorische und nicht-kompensato­rische Heuristiken aus. Kompensatorische Modelle basieren auf der Annahme, dass Nachteile einer zur Auswahl stehenden Al­ternative hinsichtlich einzelner Eigenschaf­ten durch Vorteile bei anderen Eigenschaften kompensiert werden können (Beispiel: „Au­to X ist teuer, hat aber eine hohe Lebens­dauer“). Dagegen kann bei nicht-kompensatorischen Modellen die Schwäche einer Alternative im Hinblick auf eine Eigenschaft schon dazu führen, dass diese Alternative nicht gewählt wird (Beispiel: „Auto X hat nur einen kleinen Kofferraum und kommt deswegen nicht in Frage.“). Die ersten vier im folgenden erläu­terten Heuristiken haben kompensatori­schen Charakter, die anderen nichtkompen­satorischen. 1) Linear kompensatorisches Modell Hierbei werden alle zur Auswahl stehenden Alternativen einzeln (alternativenweises Vorgehen) hinsichtlich der relevanten Eigen­schaften bewertet. Die Einzelbewertungen werden dann additiv zu einem Gesamturteil über eine Alternative verknüpft. Die Alter­native, der dabei der höchste Wert zugeord­net wird, gilt als die beste und wird präferiert. Mit dieser Heuristik ist also eine direkte Be­wertung jeder Alternative verbunden. Oft­mals werden die Einzelbewertungen vor der Verknüpfung zu einem Gesamturteil noch entsprechend der subjektiv wahrgenomme­nen Bedeutung der jeweiligen Merkmale ge­wichtet. Auf die enge Verwandtschaft des li­near kompensatorischen Modells mit dem in der Einstellungsforschung dominierenden Fishbein-Modell (Einstellungen) sei hin­gewiesen. 2) Nichtlinear kompensatorisches Modell Bei dieser Heuristik entwickelt sich der Zu­sammenhang zwischen den Einzelbewer­tungen von Merkmalen bzw. Merkmals­ausprägungen und dem Gesamturteil nicht-linear. Ansonsten entspricht sie weit­gehend der vorstehend erörterten linear­kompensatorischen. 3) Additives Differenzmodell Beim additiven Differenzmodell werden Paarvergleiche von Alternativen dergestalt durchgeführt, dass die Paare hinsichtlich der verschiedenen relevanten Eigenschaften ver­glichen und die Differenzen der Einzel­bewertungen festgehalten werden. Diese Differenzen können mit der subjektiv wahrgenommenen Bedeutung der verschie­denen Eigenschaften gewichtet und dann ad­ditiv zusammengefaßt werden. In Abhängig­keit vom Vorzeichen des Ergebnisses wird die eine oder die andere Alternative präfe- riert. Die sich ergebenden Gesamturteile sind immer relativ, also bezogen auf die jeweils andere Alternative. Der skizzierte Prozeß des Paarvergleichs kann mehrmals nachein­ander durchgeführt werden, um aus einer größeren Zahl von Alternativen eine auszu­wählen. Dabei wird die m einem Paarver­gleich bessere in einem nächsten Vergleich ei­ner weiteren noch nicht betrachteten Alternative gcgenübergestellt. Auf diese Weise soll die beste der zur Verfügung ste­henden Alternativen ausgewählt werden. 4) Attribut-Dominanzmodell Das Attribut-Dominanzmodell kann man sich als Vereinfachung des additiven Diffe­renzmodells vorstellen. Hier werden nicht Abstände der betrachteten zwei Alternativen hinsichtlich verschiedener Eigenschaften im Kalkül verwendet, sondern nur noch ordina­le Paarvergleiche vorgenommen. Es wird al­so lediglich beachtet, ob die eine oder die an­dere Alternative bezüglich einer Eigenschaft überlegen ist. Ein Weg, auf dieser Grundlage eine Präferenz für eine der Alternativen zu bilden, besteht darin, einfach abzuzählen, bei welcher die Mehrheit der Vorzüge liegt. Die anderen Merkmale des Attribut-Dominanz- modells entsprechen dem additiven Diffe­renzmodell. 5) Konjunktives Modell Hierbei wird für jede Eigenschaft ein akzep­tables Minimal-Niveau festgelegt. Jede Al­ternative, die den so bestimmten Anforde­rungen nicht bei allen Merkmalen entspricht, wird aus dem Entscheidungsprozeß ausge­schieden. Es kann passieren, dass nach der Untersuchung aller relevanten Eigenschaf­ten noch mehrere akzeptable Alternativen übrigbleiben. Das Wahlkriterium ist also nicht exakt festgelegt. 6) Disjunktives Modell Es bildet in gewisser Weise das Gegenstück zum konjunktiven Modell. Dabei werden ebenfalls Akzeptanz-Niveaus für die ver­schiedenen Eigenschaften festgelegt, die hier aber recht hoch angesetzt werden. Jede Alter­native, die bei mindestens einer Eigenschaft diesen Anforderungen entspricht, gilt insge­samt als akzeptabel. Ein Beispiel dafür könn­te sein, dass man sich für ein Auto entscheidet, wenn es extrem billig ist oder eine extrem lan­ge Lebensdauer oder extrem niedrige Unter­haltskosten hat. Diese Heuristik wird wohl nur in Ausnahmefällen angewendet. 7) Lexikographisches Modell Man geht beim lexikographischen Modell davon aus, dass zunächst alle beachteten Ei­genschaften in eine ihrer Bedeutung entspre­chende Rangfolge gebracht werden. Dann beginnt die Beurteilung durch einen Ver­gleich aller Alternativen bezüglich des ersten (wichtigsten) Merkmals. Die dabei am besten abschneidende Alternative wird gewählt, un­abhängig von den Ausprägungen der ande­ren (weniger wichtigen) Eigenschaften. Ein gängiges Beispiel für diese Vorgehensweise ist die Entscheidung ausschließlich nach dem Preis („Kaufe die billigste Marke“; Preis­beurteilung). Werden im ersten Schritt meh­rere Alternativen gleich bewertet, so wird für eine Auswahl unter diesen die nächst wichti­ge Eigenschaft herangezogen usw. Diese Heuristik ist immer mit attributweisem Vor- gehen verbunden. Das Wahlkriterium läßt sich kaum exakt beschreiben, da nicht einzu­schätzen ist, ob die am Ende des Entschei­dungsprozesses übrig bleibende Alternative die insgesamt (also bezüglich aller Eigen­schaften) beste oder insgesamt befriedigend ist.
(8) Sequentielle Elimination Bei der sequentiellen Elimination verbinden sich Elemente des konjunktiven und des lexi­kographischen Modells. Man geht davon aus, dass der Konsument hinsichtlich jeder rele­vanten Eigenschaft bestimmte Minimal-Ni- veaus festlegt. Zunächst findet ein Vergleich hinsichtlich einer Eigenschaft statt, bei dem alle Alternativen, die der entsprechenden Anforderung nicht gerecht werden, aussor­tiert werden. Die verbleibenden Alternativen werden dann bezüglich einer anderen Eigen­schaft beurteilt und ggf. aussortiert usw. Eine spezielle Form dieser Heuristik ist die „aspektweiseElimination “ (Tversky), bei der von einer Betrachtung der verschiedenen Ei­genschaften in der Reihenfolge ihrer Bedeu­tung ausgegangen wird. Das Vorgehen ist at­tributweise; das Wahlkriterium ist nicht eindeutig bestimmt. In vielen Fällen werden von Konsumenten sog. mehrphasige Strategien angewandt, d. h. innerhalb eines Entscheidungsprozesses wird nacheinander nach mehreren Heuristi­ken verfahren. Insbesondere bei komplexen Aufgaben (zahlreiche Alternativen und Ei­genschaften) geht man oftmals so vor, dass mit einer Heuristik (z.B. sequentielle Elimi­nation) zunächst die Anzahl der in Frage kommenden Alternativen auf eine über­schaubare Teilmenge reduziert wird und dann mit einer anderen Heuristik (z.B. linear kompensatorisches Modell) eine genauere Beurteilung der verbliebenen Alternativen erfolgt.   

Literatur:  Bettman,]., An Information Processing Theory of Consumer Choice, Reading, Mass. 1979. Bleicker, U., Produktbeurteilung der Kon­sumenten, Würzburg, Wien 1983. Engel,}.; Black­well, R.; Miniard, P., Consumer Behavior, 6. Aufl., Chicago u.a. 1990. Kuß, A., Information und Kaufentscheidung, Berlin, New York 1987. Wright, P., Consumer Choice Strategies - Simpli- fy ing vs. Optimizing, in: Jorunal of Marketing Re­search, Vol 12 (1975), S. 60 - 67.

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