Das Marketing hat die Multivariatenanalyse bisher in erster Linie zur Exploration und Hypothesengenerierung eingesetzt. Methodische Entwicklungen der letzten Dekade haben jedoch zu einer Verknüpfung von statistischen Testmethoden mit den Modellen zur Exploration von Beziehungen geführt. Die Eigenschaft der Analysemethoden den expliziten Test von strukturellen multivariaten Hypothesen zu ermöglichen und statistische Aussagen zu generieren, wird heute auch als Kriterium zur Ordnung der Verfahren der Multivariatenanalyse eingesetzt. Es ist zu unterscheiden zwischen strukturentdeckender Analyse (Exploratorische Analyse) und modelltestender Analyse (Konfirmatorische Analyse). Während die hypothesenlose strukturentdeckende Analyse noch die praktische Marketingforschung dominiert, überwiegen in der wissenschaftlichen Forschung heute die Struktur- oder hypothesentestenden Verfahren.
Ausgangspunkt ist eine Menge von Hypothesen, aie durch Restriktionen bei Modellspezifikation und Modelltest berücksichtigt werden und explizit in die Schätzung mit eingehen. Die Konfirmatorischen Analyse-Verfahren liefern Teststatistiken und Indizes zum Grad der Übereinstimmung der Daten mit den Hypothesen. Die Entwicklung theorietestender Verfahren ist besonders durch die computergestützte Analyse von Kovarianzstrukturen zur Kausalanalyse stimuliert worden. Die Modelle der Kausalanalyse ermöglichen es, bei Kontrolle einer Vielzahl konkurrierender und moderierender Einflußvariablen Hypo- thesenübereinemodellspezifische Kausalität zu testen. Die Reichweite der Aussagen steigt mit der Komplexität der Modelle. Eine besondere Eigenschaft der Konfirmatorischen Verfahren ist die explizite Berücksichtigung von Meßfehlern in den Daten. Eine überschneidungsfreie Aufteilung der Verfahren nach explorierender oder konfir- matorischer Methode ist nur schwer möglich. Ebenso ist die Aufteilung der Methoden nach Datenniveau der Inputvariablen nur i. e. S. zulässig. Für die meisten Verfahren der Multivariatenanalyse existieren heute Varianten, die mit anderen Datenniveaus arbeiten können und sowohl explorative als auch konfirmatorische Analysen zulassen. Die Weiterentwicklung der Multivariatenanalyse geht v. a. in Richtung Dreimodale Datenanalyse zur Aufdeckung individueller Unterschiede.
Das Marketing wendet die Verfahren der Multivariatenanalyse zur Marktsegmentierung für Positionierungsmodelle und zur Prognose und kausalen Erklärung von Marketing-Mix-Wirkungen an (Marktreaktionsfunktionen). Für alle Verfahren und Modelle liegen leicht handhabbare Computerprogramme wie SAS und SPSS(X) oder Spezialsoftware für den PC vor (z.B. PC-MDS, LISREL). Standardzeitschriften für die Publikation methodischer Entwicklungen der Multivariatenanalyse sind „Psychometrika“ und „Multivariate Behavioral Research“.
Literatur: Backhaus, K.; Erichson, B.; Plinke, W.; Schuchard-Ficher, Chr.\', Weiher, R., Multivariate Analysemethoden, 5. Aufl., Berlin, Heidelberg, New York 1989. Green, P. E., Analysing Multivariate Data, Hinsdale 1978.
Siehe auch Häufigkeitsverteilung
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