Im Jahre 1996 verständigte sich der ECOFIN-Rat (Rat der Wirtschafts- und Finanzminister) in Dublin auf deutschen Druck hin, einen „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ zu beschließen und in das Europäische Vertragswerk mit aufzunehmen (Art. 104 EG-Vertrag).
Ziel des Paktes, der am 17.6.1997 geschlossen wurde, ist es, Inflationsimpulse zu unterbinden, die von den staatlichen Haushalten der Mitgliedstaaten ausgehen können. Für die Überwachung des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist der ECOFIN-Rat im Zusammenwirken mit der EU-Kommission zuständig. Grundlage sind die jährlich von den EU-Ländern vorzulegenden Stabilitätsprogramme. Um sicherzustellen, dass in konjunkturell schwierigen Zeiten mit stagnierendem oder leicht rückläufigem realen Inlandsprodukt das Haushaltsdefizit die Obergrenze von drei Prozent des BIP nicht überschreitet, haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, mittelfristig das Ziel eines nahezu ausgeglichenen oder überschüssigen Haushalts einzuhalten. Für Länder mit einem „übermäßigen Defizit“ sind Sanktionen vorgesehen. Besteht es in drei aufeinander folgenden Jahren, ist „in der Regel“ eine unverzinsliche Einlage an die EU zu leisten, die — in Abhängigkeit von der Höhe des Defizits — bis zu 0,5 Prozent des nominalen BIP des betreffenden Landes ausmachen kann (im Jahre 2004 wäre dies für Deutschland ein Betrag von etwa zehn Mrd. Euro gewesen). Sie wird bei Fortbestehen des übermäßigen Defizits nach zwei Jahren „in der Regel“ in eine Geldbuße umgewandelt und unter den Staaten aufgeteilt, die die gebotene Haushaltsdisziplin gewahrt haben. Die Einlage bzw. Geldbuße fällt stets jährlich neu an, sofern ein übermäßiges Defizit vom Rat festgestellt wird. Über das Inkrafttreten von Sanktionen wird letztlich politisch entschieden. In diesen Abstimmungsmechanismus sind einige Generalklauseln eingebaut, die es den Mitgliedstaaten erlauben, von den vereinbarten Normen abzuweichen. Dies hat zu Kritik an diesen Regelungen geführt, die dennoch einen erkennbaren Konsolidierungsdruck bewirken. Nachdem im November 2003 auf Drängen von Frankreich und Deutschland das drohende Defizitverfahren gegen beide Länder vom ECOFIN-Rat ausgesetzt wurde, haben die Diskussionen im Frühjahr 2005 zu einer Reform des Stabilitätspaktes geführt: Sie zielt auf eine flexiblere Handhabung und soll vor allem die konjunkturpolitischen Erfordernisse und strukturellen Reformen berücksichtigen.
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