Auch die christliche Moraltheologie verwirft das Zinsgeschäft als Sünde. Auf der Synode von Elvira im Jahre 306 n. Chr. wird jeder Person christlichen Glaubens verboten, Geld gegen Zinsen zu verleihen. Das Verbot bezieht sich auf Angehörige des Klerus und auf Laien gleichermaßen. So bleibt das Kreditwesen über viele Jahrhunderte niederen Ständen und Außenseitern (in Europa zum Beispiel den Juden) vorbehalten. Der römische Kaiser Konstantin der Große (306 bis 337) versucht indes im 4. Jahrhundert noch einmal eine Neuordnung des römischen Münzwesens. Als neue Goldmünze kommt der Solidus (Schilling) auf. Der Solidus wird alsbald die Hauptwährung des byzantinischen Weltreiches, das sich aus den Trümmern des Oströmischen Reiches erhebt. Ableitungen aus dem Wort Solidus (Plural: Solidi) existieren noch in den modernen europäischen Sprachen fort: »solid« im Deutschen und Englischen, »solide« im Französischen, in den deutschen Wörtern »Sold« und »Soldat«, im englischen »soldier«, im französischen »le soldat« und »le solde« (der Sold).
Herbert Rittmann schreibt in »Auf Heller und Pfennig. Die faszinierende Geschichte des Geldes und der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland« zum Ende des Römischen Reiches und zum Aufstieg Byzanz: »Die Völkerwanderung brachte dem westlichen Teil des Römischen Reiches bald Verfall, Zerstörung und die Rückkehr zur Naturalwirtschaft; die Bedeutung des Münzgeldes trat zurück, auch wenn die Germanen in ihren Reichen das römische Münzgeld weiterbenützten und vereinzelt nachahmten ... Man nimmt an, daß insbesondere die Kupfermünzen der Römer dem Kleinverkehr noch lange dienten. Es war das oströmische Reich von Byzanz, in dem die Kultur und die Staatstradition Roms fortbestanden, bis es schließlich, nur noch ein Schatten seiner selbst, 1453 den Türken erlag. Von ihm ausgehend blieb der Solidus im Münzfuß Konstantins bis gegen 1100 die stabile Haupt- und Weltmünze, bis die Wirtschaftskraft Konstantinopels im Zusammenhang mit den Kreuzzügen und dem Aufkommen der oberitalienischen Handelsstädte wie Florenz und Venedig erlahmte. Die Eroberung Konstantinopels im vierten Kreuzzug (1204) beendete seine Großmachtstellung.«
Von den während der Zeit der Völkerwanderung errichteten Germanenreichen erweist sich einzig und allein das Reich der Franken als beständig; aus ihm gehen später sowohl Frankreich als auch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation hervor. Anfangs wurde es von den Merowingern beherrscht. In jener Zeit trugen die Münzen sowohl den Namen des Münzortes als auch des Münzers. Berühmt wurde ein Münzmeister jener Zeit und Finanzberater dreier Merowingerkönige, Eligius, der Bischof von Noyon und Apostel der Friesen im heutigen Flandern. Er gilt als Schutzpatron der Goldschmiede und Münzmeister, der Numismatik und all jener Menschen, die dringend Geld brauchen.
Um 700 beginnt die politische Macht der Merowingerkönige zu schwinden. Die Geldpolitik geht zunehmend auf den Klerus über. In Deutschland prägt die Kirche Silbermünzen schlechter Qualität. Gleichzeitig wird in Byzanz 726 die Ikonolatrie (Bilderverehrung, -anbetung) verboten. Münzen enthalten nun keine Abbildungen mehr, sondern Schriftzeichen. Die reiche Tradition der antiken Münzgestaitung endet für lange Zeit.
Der Niedergang der Merowinger ist für eine andere adlige Familie von unschätzbarem Vorteil: für die Familie der Pippiniden. 751 (oder 752) erhebt sich ein Abkömmling der Familie als Pippin I. zum König und verweist den letzten Merowinger in ein Kloster. Unter Pippin I. wurde eine neue Silberwährung eingeführt, er beschränkte die Münzrechte, schränkte die Zahl der Münzstätten auf etwa vierzig ein, und die Namen der Münzmeister verschwanden von den Geprägen.
Karl der Große (768 bis 814) war der Sohn von Pippin I. Er vollendete die Geldreform seines Vaters und schuf ein Münzsystem, das über Jahrhunderte richtungsweisend war. Als karolingische Münzreform ging Karls Leistung in die Geschichte ein.
Die Münzreform beginnt mit dem Edikt von Verona (755). Solidus (Schilling) und Talent (Pfund) wurden zu reinen Rechnungseinheiten, während der Denar oder Pfennig zur Hauptmünze wurde, und das bis ins Hochmittelalter hinein. Das Edikt von Verona bestimmt, daß 20 Schillinge auf ein Gewichtspfund Silber (Pfund = libra) gehen sollen, während der Schilling wiederum das Äquivalent für 12 Pfennige (Denare) darstellt: 240 Pfennige bilden also ein Pfund.
In Frankreich bleibt das karolingische System bis zur Französischen Revolution erhalten. Bis dahin existiert das Pfund (Livre) zu 20 Schilling (hier: Sous). Und in Großbritannien wird das Rechnungssystem mit dem Pfund zu 20 Schilling ä 12 Pence erst am 15. Februar 1971 abgeschafft.
Karl der Große reduziert die Zahl der Münzstätten, und das Münzrecht wird ausschließlich vom König ausgeübt. Auf der Frankfurter Synode im Jahre 794 werden die Denare zum gesetzlichen Zahlungsmittel im ganzen karolingischen Reich erklärt; »in omni loci, in omni civitate et in omni empturio« gilt nun der Pfennig als Währung. Vierunddreißig Münzstätten prägen Denare, von denen sich zweiundzwanzig im künftigen Frankreich und nur drei im späteren Deutschland befinden (Trier, Mainz und Köln). Im Wert ist der Denar mit dem heutigen Pfennig als Kleinmünze nicht zu vergleichen. Der Denar hatte einen erheblich größeren Gegenwert, und für einen halben bekam man bereits ein ganzes Huhn. Allerdings wurden nur selten Münzen mit Teilbeträgen hergestellt, etwa als Halb- oder Viertelstücke (»oboli« oder »quadrantes«).
Am 25. Dezember 800 wurde Karl von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt. Im Jahre 805 gab es neben Kaiser Karl keine anderen Münzherren mehr. Allein »in palatio nostro« durfte noch geprägt werden: in unseren, also den königlichen Pfalzen.
Doch kaum hatte sich die Silberwährung in Europa durchgesetzt, kaum war ein einheitliches staatliches Münzsystem im Reich Karls des Großen geschaffen, begann es auch schon zu zerbröckeln. Unter Ludwig dem Frommen, Sohn Karls des Großen, gibt es bereits wieder fünfzig Münzstätten. 817 kommt es zur ersten Reichsteilung, und 843 entsteht der erste deutsche Staat im Ostteil des (ehemaligen) Karolingerreiches unter Ludwig dem Deutschen. Das Münzsystem Karls des Großen hält sich zwar noch bis zum letzten Karolinger, Ludwig das Kind (900 bis 911), aber der Verfall des Pfennigs geschieht rasant.
Ludwig der Fromme erläßt in seinen Kapitularien übrigens die ersten Strafbestimmungen gegen Falschmünzerei. Münzfälschern soll die Hand abgeschlagen werden, und das wird auch in der Folgezeit so praktiziert. Allerdings werden die Strafen für Falschmünzer immer grausamer. Im Spätmittelalter werden sie in siedendem Wasser oder Öl langsam zu Tode gekocht.
Unter Ludwig dem Frommen wird nicht allein das Karolingerreich geteilt, der König verliert auch das Münzmonopol. Allmählich gewinnt die Kirche wieder Einfluß auf die Geldpolitik und die Münzherstellung; im Jahre 833 erhält das Kloster Corvey eine Münzstätte, und dieser ersten Verleihung des Münzrechts an eine klerikale Einrichtung folgten bald weitere. Im Jahre 975 prägt der Erzbischof von Mainz erstmals eine Münze mit seinem eigenen Bild, nicht mit dem Bild des Königs. Das königliche Münzregal ist längst unterminiert, die Zersplitterung des deutschen Münzwesens, die bis in die Neuzeit anhält, nimmt hier ihren Anfang. Der politische Partikularismus schlägt sich auch im Münzwesen nieder. Nach der straffen zentralistischen Geld- und Münzpolitik Kaiser Karls folgt eine lange Periode der territorialen Ausprägung der Münze, ihrer Regio-nalisierung. In jener Zeit wurden das Gewicht und die Feinheit einer Münze übrigens als ihr Schrot und Korn bezeichnet.
Im Jahre 1045 wird die Mark zum ersten Male urkundlich erwähnt. Es handelte sich allerdings seinerzeit nicht um eine Geldmünze, sondern um eine Gewichtseinheit, die einem halben Pfund entsprach. Der Ursprung der Mark liegt wohl in Skandinavien. Möglicherweise hat die Bezeichnung etwas mit »marca« zu tun, einer Markierung auf Silber- und Goldbarren, die Schrot und Korn garantieren sollte. Seinerzeit mußten Münzen bei größeren Beträgen noch abgewogen werden. Und auch die Herstellung geschah quasi »Pi mal Daumen«. Herbert Rittmann (»Auf Heller und Pfennig. Die faszinierende Geschichte des Geldes und der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland«) führt dazu aus: »Damals (um 1000 - d. A.) war es technisch noch nicht möglich, die Münzen wie heute Stück für Stück in genau gleichem Gewicht auszubringen. Die Prägung geschah >al marcoWerks< war ein Teil schwerer, ein Teil leichter, als die Norm verlangte. Das führte in die Versuchung, die schwereren Pfennige auszusondern und einzuschmelzen. Dieser Vorgang, obschon streng verboten, wiederholte sich immer wieder; es war das Kippen und Wippenal pezzo
Vorhergehender Fachbegriff: Geldgeschichte I - Von den Anfängen in die klassischen Antike | Nächster Fachbegriff: Geldgeschichte III - Das Spätmittelalter und die Folgezeit: Die Entstehung des modernen Bankenwesens
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|