Im Jahre 1096 beginnt das Kreuzzugzeitalter. Der damit verbundene erhebliche Finanzbedarf, aber auch die Rückströme der Beute und das Aufblühen des Handels lassen sich insbesondere in Oberitalien die Geldwirtschaft entwickeln. Das Geld- und Kreditgeschäft findet auf offenen Tischen und Bänken statt, und diese offenen Tische und Bänke werden zu den ersten Banken, denen sie ihren Namen verleihen, denn der Tisch der Geldwechsler wird »banco« genannt. Überhaupt stammt eine Vielzahl moderner Bankbegriffe aus dem Italienischen: nicht nur Bank, auch Bankrott, Konto, Kontokorrent, Skonto, Diskont, Giro u. a. Und obwohl viele der Bankzentren Oberitaliens (z. B. Venedig, Florenz) gar nicht in der Lombardei hegen, bürgert sich in Europa bald die Bezeichnung Lombarden für die italienischen Bankiers ein. Bis in die aktuelle Bezeichnung Lombardsatz lebt diese historische Wurzel fort.
Überhaupt beginnen mit dem neuen Jahrtausend zunehmend die Städte die ökonomische und damit auch die Geschichte von Geld und Währungen zu prägen. Erstmals im Jahre 1127 erhält eine Stadt das Münzrecht. Die Bürger der Stadt Saint-Omer in Flandern erkämpfen es sich von dem Grafen Dietrich von Elsaß. Keine dreißig Jahre später, im Jahre 1156, schließen sich in Venedig die Gläubiger zusammen, bei denen die durch Kriege beinahe ruinierte venezianische Republik in der Kreide steht. Mit dem Monte Vechio, so der Name ihrer Vereinigung von Staatsgläubigern, entsteht die erste europäische Bank im modernen Sinne.
Während zum Beispiel Norditalien und auch Randern wirtschaftlich kräftig wachsen und gedeihen, sieht es im Deutschland nach Barbarossa wieder mehr als trübe aus. Territorialfürsten prägen wertlose Münzen, was das Zeug hält, Münzen, die ein paar Kilometer weiter im nächsten Fürstentum schon nicht mehr gelten; und damit nicht genug, nutzen sie ihre Münzhoheit auch für die sogenannten periodischen Verrufungen aus. Zwei-, dreimal im Jahr werden die alten Pfennige zurückgerufen, eingeschmolzen und durch neue, noch wertlosere ersetzt. Beim Umtausch erhielt man für die Lieferung von vier Pfennigen alter Prägung in der Regel nur drei Pfennige neuer Prägung zurück, eine Art Steuer auf das Geldvermögen in Höhe von 25 Prozent. Kein Wunder also, daß man sich vor allem in den ökonomisch erstarkenden Städten einen ewigen Pfennig wünschte, einen Pfennig mit unbegrenzter Gültigkeitsdauer. Der wichtigste aus der Gilde der ewigen Pfennige wurde der Heller. Er wurde um 1200 erstmals urkundlich erwähnt und erhielt als Pfennig der königlichen Münzstätte Hall in Schwaben seinen Namen, den er bis ins 19. Jahrhundert behielt, das er allerdings nicht mehr als Silbermünze, sondern als bedeutungslose Kupfermünze erreichte. Im Jahre 1871 endet seine Geschichte.
Die erste deutsche Stadt, die 1226 ein Münzrecht erwirbt, ist Lübeck. Wenig später, im Jahre 1240, erhält Frankfurt am Main als erste deutsche Stadt das Messeprivileg. Viele der auf der Messe abgewickelten Handelsgeschäfte sind Kreditgeschäfte, und der Aufstieg Frankfurts zur (heutigen) Bankenmetropole beginnt bereits im 13. Jahrhundert.
Überhaupt werden die Städte für die wirtschaftliche Entwicklung und damit auch für die Entwicklung des Geld-, Kredit- und Bankenwesens wichtiger und wichtiger. Vor allem gilt dies für die Handelsmetropolen Oberitaliens. Die wirtschaftliche Blüte führt dazu, daß ab 1252 in Florenz wieder Goldmünzen geprägt werden, der Florenus oder Florin. In der ungarischen Währung Forint lebt der Florin bis auf den heutigen Tag fort, aber nicht nur dort. In Deutschland wurde der Florin wegen seines Rohstoffes bald nur noch Gulden genannt. Gulden heißt bis auf den heutigen Tag die Währung der Niederlande. Die Herkunft erklärt, warum das Kürzel für den holländischen Gulden »fl« ist: wegen des Ursprungs in der florentinischen Goldwährung.
Handel und Wandel entwickeln sich im Europa des 13. Jahrhunderts exorbitant. »Die Früchte dieses europäischen Handels ernten die Städte, die Import und Export betreiben, die europäische Waren gegen orientalische Waren handeln, Städte wie Venedig und Genua, und die bisweilen selbst die Massenherstellung dieser Qualitätserzeugnisse betreiben, z. B. die Tuchproduktion in Florenz«, schreibt Pierre Vilar 1974 in seinem Buch »Or et monnaie dans l’histoire, 1440-1920« (1984 in der C. H. Beck’schen Verlagsbuchhandlung München in deutscher Übersetzung erschienen). »Man benötigte Münzen von hohem Wert für einen derart ausgedehnten Handel, dem sich freilich einzelne größere isolierte Regionen noch immer entzogen«, heißt es weiter. »Zuerst schlug man dicke Silbermünzen, eine Grundlage, auf der einige Städte, z. B. Barcelona, eine kraftvolle Produktions- und Handelstätigkeit aufbauen konnten. Richtig erfolgreich werden diese Handelsstädte erst, besonders die am Mittelmeer gelegenen, als sie die international anerkannten Goldmünzen einführen. Der Florin aus Florenz, mit der Lilie darauf, und der venezianische Dukaten mit dem Dogen und San Marco werden zwischen 1250 und 1300 die >Dollars des Mittelalter ...« Kurz zuvor führt Vilar aus: »Schauen wir einmal, wo man um 1250 längere Zeit und erfolgreich Gold prägt. Marseille hat im Jahr 1227 um das Münzrecht nachgesucht, aber vergeblich. Florenz und Genua haben diesen entscheidenden Schritt gemeinsam getan. Perugia prägte 1259 Gold, Lucca 1273, Mailand noch vor dem Ende des Jahrhunderts, Venedig 1284. Man beachte, daß die großen Königreiche Frankreich und England, die 1257 versucht haben, Florenz darin zu folgen, tatsächlich erst im 14. Jahrhundert zu prägen beginnen. Folglich hat der eigentliche Wirtschaftsaufschwung des Goldes nach Spanien und Sizilien, den Sonderfällen, in diesen Mittelmeerstädten mit lebhafter Handelstätigkeit stattgefunden. Damit beginnt eine neue Epoche.«
In seinem Buch »Die Hanse« (C. H. Beck Verlag München, 2000) charakterisiert Rolf Hammel-Kiesow, Leiter der Forschungsstelle für die Geschichte der Hanse und des Ostseeraumes, die damalige Zeit so: »Der Zeitraum von der Mitte des 12. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts ... war Teil der kräftigsten Wachstumsperiode der europäischen Gesellschaften vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert... Erklärungen dafür gibt es viele - Klimaverbesserungen, das Ende der Einfälle der Wikinger und Ungarn, agrartechnische Innovationen wie die Dreifelderwirtschaft und der zunehmende Anbau von Hülsenfrüchten, der die Eiweißversorgung der Menschen verbesserte, der Export des Unruhe stiftenden waffentragenden Adels auf den Kreuzzügen in außereuropäische Gebiete u.v.a.m....«
Seit den Karolingern war Deutschland - das regnum Teutonicum - von der Silberwährung beherrscht. Die Renaissance brachte auch wieder Goldmünzen nach Deutschland, den Gulden und später den —> Dukaten, aber die zersplitterte, partikularisierte Silberwährung bestand fort. Neben diesem regionalen Silbergeld laufen nach wie vor die »ewigen Pfennige« um. Die Entwicklung der Städte und des Fernhandels sowie das Erschließen neuer Silbervorkommen führten jedoch zu einer Abkehr vom Pfennig und zur Einführung neuer Münzen. »Mit der Konzentration der gewerblichen Produktion und des Austauschs der gewerblich gefertigten Produkte, der landwirtschaftlichen Güter und der Fernhandelswaren in den Städten flössen dort auch die Gewinne aus diesen Wirtschaftsbereichen zusammen. Solange und soweit die Stadtherrschaft der adligen Herrschaftsträger (König, Bischöfe, weltliche Adlige) Bestand hatte, profitierten diese von dem wirtschaftlichen Aufschwung der Städte. Als jedoch seit dem späten 12. Jahrhundert im Verlaufe der bürgerlichen Autonomiebewegung, verursacht durch die Geldnot der Fürsten, finanziell einträgliche Rechte einzelner Stadtherren gepfändet oder diesen abgekauft wurden - gegen jährliche Pauschalsummen, bisweilen sogar gegen einmalige Zahlungen - , flössen deren Erträge in die städtischen Kassen und festigten das wirtschaftliche Gewicht dieser Gemeinwesen.« Und für die Bedürfnisse der Städte und des Fernhandels gilt: »Der Pfennig genügt nicht mehr.« (Herbert Rittmann). Außerdem: »Längst hat man gelernt, die Silbermünze durch Legierung mit Kupfer auch in der Feinheit des Edelmetalls zu verringern.« Rolf Hammel-Kiesow spricht von »der rapiden Entwertung des gemünzten Silbergeldes seit dem Ende des 13. Jahrhunderts«.
Neue Silbermünzen treten neben den Pfennig und verdrängen ihn von seinem Podest. Da ist der Groschen, eine Silbermünze französischer Abkunft. Im Jahre 1266 unter Ludwig IX. wurde in Frankreich der »gros denier« (dicker Pfennig) eingeführt. Sein Durchmesser und sein Gewicht erlaubten, ihn als dick zu bezeichnen, und aus dem lateinischen Wort für dick (»grossus«) entstand das deutsche Wort Groschen. Die Kleinmünzen in Polen und Österreich heißen heute noch so. Der Groschen wurde in Deutschland 1276 erstmals urkundlich erwähnt. Er zählte zu zwölf Pfennig, weshalb man noch heute, da das Währungssystem auf dem Dezimalsystem basiert, eine Zehnpfennigmünze auch als Groschen zu bezeichnen pflegt.
Weitere Silbermünzen jener Zeit waren der Kreuzer, der Weißpfennig (Wirten) und der Schilling.
Der Weißpfennig oder Wirten war eine »Erfindung« der Hansestädte Bremen, Hamburg, Lübeck und Wismar. Auf dem Hansetag 1379 wurde die Einführung dieses Vier-Pfennig-Stücks vereinbart. Er wurde später auch in Lüneburg, Rostock und Stralsund geprägt. Aus den Städten, die den Weißpfennig herstellten, entstand dann der Wendische Münzverein.
Neben der zersplitterten Silberwährung boten die Goldmünzen eine Chance, der Partikularisation zu entkommen. »Mit dem Goldgulden und später mit dem Dukaten entstanden aber überregionale, ja reichseinheitliche Wertmesser für das ganze Münzwesen, bis der Goldgulden dann im 16. Jahrhundert als Hauptmünze durch den anfangs wertgleichen Taler als neue Großsilbermünze verdrängt wurde«, schreibt Herbert Rittmann in »Auf Heller und Pfennig«. Weiter heißt es: »So unterlagen die Goldmünzen, als sie auftauchten, dem Münzbann der Territorialherren von vornherein nicht. Darin lag nicht nur die Chance für eine reichseinheitliche Goldwährung, wie sie im 15. Jahrhundert versucht wurde, sondern auch die Rechtsgrundlage für die Versuche, nach dem Aufkommen der Taler das Münzwesen in den Reichsmünzordnungen des 16. Jahrhunderts von Reichs wegen neu zu ordnen.«
Um 1325 begann man in Deutschland nach dem Vorbild von Florene (Florin, Florint) mit dem Prägen von Goldgulden. Ebenfalls als Goldwährung wurde der Dukaten hergestellt, der sich als wertstabiler als der Goldgulden erwies. Wieder war es die Stadt Lübeck, die Währungsgeschichte schrieb, denn sie erhielt 1340 als erste Stadt das kaiserliche Privileg zum Prägen des Goldguldens. Die Goldene Bulle von 1356 erteilte dann auch den Kurfürsten das verfassungsmäßige Recht, den Goldgulden auszugeben. Damit war die Möglichkeit, das Recht zum Prägen des Goldguldens allein in kaiserliche Hand zu bekommen, ein für allemal verspielt. Auch die übliche Währungsverschlechterung begann erneut:
Hatte der Florint noch 24 Karat, sank der Goldgulden mit der Zeit auf 18 V2 Karat herab. Seine Rolle als Wertmesser nahm alsbald der Dukaten ein.
Anfang des 14. Jahrhunderts waren die Städte Oberitaliens und Flanderns auch führend im Geschäft mit dem Verleihen von Geld gegen Zins. In Florenz etwa gibt es fast achtzig solcher Institute, die sich mit dem Geldwechsel und der Darlehensvergabe befassen. Lombardi genannt, errichten diese Vorläufer von Handelsbanken überall in Europa Niederlassungen, so auch in Süddeutschland (z.B. Köln, Regensburg, Freiburg, Mainz, Trier, Konstanz u.a.). Trotz des kirchlichen Zinsverbots sind sogar Päpste gezwungen, die Dienste der Verleiher in Anspruch zu nehmen. Zinsen bis 20 Prozent sind keine Seltenheit, und Zahlungsverzug verdoppelt den Zinssatz noch.
Die erste Handelsbank Deutschlands wird 1402 in Frankfurt am Main gegründet, genannt »Der Wessil«. Auf Anordnung des Rates der Stadt werden Geldwechselgeschäften außerhalb der Bank verboten. Bereits 1403 spaltet sich Der Wessil in vier Geldhäuser. Drei von ihnen sind die ersten Privatbanken Deutschlands.
Die Jahre 1407 und 1409 sind für die moderne Finanz- und Bankengeschichte von entscheidender Bedeutung. In Genua entsteht 1407 die Casa di San Giorgio. Die Bank vergibt anfangs vor allem Staatsanleihen und entwickelt ein vorbildliches Buchführungssystem. Dank dieses Systems beginnt der Siegeszug des Buchgeldes über das Bargeld in der modernen Wirtschaft. Auch gilt die Casa di San Giorgio als eine der ersten Aktiengesellschaften Europas. Ein weiterer Meilenstein: 1409 wird in Brügge die erste europäische Börse eröffnet. Es war die Brügger Kaufmannsfamilie van der Burse, nach der dieses bis heute so wichtige Instrument der Finanzwelt benannt worden ist. Der Name van der Burse wiederum leitet sich vermutlich ab von den drei Geldbeuteln, die das Familienwappen der westflandrischen Familiendynastie zierten. (Aus dem spät-lateinischen Wort »bursa« für Ledersack entstand das niederländische »beurs« für Geldbeutel oder auch Geldbörse.)
Auch die zweite Börse Europas entsteht im wirtschaftlich fortgeschrittenen Flandern: 1460 in Antwerpen. Dem folgen 1462 Lyon und 1531 Amsterdam. Neun Jahre später, 1540, entstehen auch in Deutschland zwei Börsen, die Börsen von Nürnberg und Augsburg nämlich.
Die Geschichte des Geldes ist eine Geschichte der Verschlechterung des Geldwertes, eine Geschichte der Inflationen. Um 1500 war es in Deutschland wieder einmal so weit: Das Silbergeld - Groschen, Kreuzer, Schilling - hat sukzessive an Gewicht und Feinheit (Schrot und Korn) verloren, also ist es emeut an der Zeit, eine neue Großsilbermünze zu schaffen. Die Stunde des Talers hat geschlagen.
Der Beginn der Talerzeit wird allgemein mit 1484 angesetzt. In diesem Jahr ließ Herzog Sigismund von Tirol eine schwere (dicke, große = lat. grossus, daraus wird Groschen) Silbermünze prägen, die vom Wert her einen (Gold-) Gulden gilt. Sie wird Guldengroschen genannt. Das Silber, das für ihre Herstellung verwendet wird, stammt aus den reichen Silbervorkommen von Schwaz (Zillertal), deren Ausbeutung übrigens von Fugger unternommen wurde.
Mit der sächsischen Münzordnung von 1500 beginnt sich der Taler allmählich in allen deutschen Landen durchzusetzen. Alsbald wurden die Großmünzen auch Zahlungsmittel in anderen Ländern, so daß man mit Fug und Recht von einer europäischen Währung sprechen kann. (Selbst der Dollar ist eine verballhornte Form von Taler). Seinen (deutschen) Namen führt der Taler auf eine Prägung in Joachimstal zurück, einem kleinen böhmischen Ort am Fuße des Erzgebirges. Ein Landadliger namens Graf Schlick ließ dort von 1518 bis 1546 eine nach dem Münzbild, dem böhmischen Wappenlöwen, auch Löwengroschen genannte Münze prägen, die als Taler Weltgeschichte schreiben sollte - auch wenn sie nicht überall Taler hieß.
Zersplittert war das deutsche Münzwesen bis 1871, und daher gab es immer wieder Versuche, reichseinheitliche Münzregelungen zu treffen. Mit der ersten Reichsmünzordnung von 1524 versucht Karl V, die vielen unterschiedlichen Münzsysteme in seinem Reich zu vereinheitlichen. Weitere Reichsmünzordnungen folgen bis 1566. Die Bemühungen um ein einheitliches Reichsmünzsystem sind von geringem Erfolg gekrönt, die Zersplitterung der Währungen kann nicht überwunden werden. Eines aber brachten die Bemühungen doch zustande: den Reichstaler. In der Ergänzung zur Augsburger Reichsmünzordnung von 1559, die der Reichstag ebenfalls in Augsburg im Jahre 1566 verabschiedet, werden die Weichen so gestellt, daß der Reichstaler bis circa 1700 zur wichtigsten Großsilbermünze Deutschlands - besser gesagt: in den deutschen Landen - wird. Die Münzgeschichte ist nur ein Aspekt der Geldgeschichte. In der Renaissance wurden, wie bereits ausgeführt, einige Grundsteine des modernen Bankenwesens gelegt. Es entwickeln sich allmählich die Buchhaltung und auch der bargeldlose Zahlungsverkehr.
Während Vorformen des Schecks bereits im klassischen Altertum bekannt waren, entwickelte sich der Scheckverkehr in der heute bekannten Form in den Handelsmetropolen Italiens im 15. Jahrhundert. In Holland, das für die Entwicklung des modernen europäischen Bankenwesens von ähnlicher Bedeutung war wie die norditalienischen Städte, breitete sich der Scheckverkehr im 17. Jahrhundert zunehmend aus. Dem England des 19. Jahrhunderts blieb es vorbehalten, aus dem Scheck ein weitverbreitetes und allgemein anerkanntes Zahlungsmittel zu machen. England hatte in dieser Frage Vorbildwirkung für die ganze Welt. Die Art und Weise, wie heutzutage mit Schecks umgegangen wird, basiert im wesentlichen auf diesem Vorbild.
Wie allgemein im Bankenwesen, hinkte das politisch und ökonomisch zersplitterte Deutschland auch im Bereich von Scheck und Scheckverkehr der allgemeinen Entwicklung kilometerweit hinterher. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kann überhaupt erst von einem Scheckverkehr gesprochen werden. Erst am 11. März 1908 wurde ein Scheckgesetz erlassen.
Mit der zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaft entstand im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts das Bedürfnis, die Scheckgesetze der einzelnen Länder einander anzugleichen. Zu diesem Zweck fand 1931 in Genf eine Konferenz statt, auf der drei Abkommen zur Vereinheitlichung des Scheckrechts vorgeschlagen wurden. Das deutsche Scheckrecht folgt weitgehend diesen Empfehlungen. Es trat am 1. April 1934 in Kraft und ist bis heute gültig.
Doch noch einmal zurück ins 16./17. Jahrhundert. Anfang des 16. Jahrhunderts beginnt das kanonische Zinsverbot zu bröckeln. In der kaufmännischen Praxis gibt es längst Kreditgeschäfte, aber ab 1525 (Trier) wird die Verzinsung von Darlehen auch in einzelnen deutschen Ländern und Städten (Kursachsen, Mecklenburg, Nürnberg) per Gesetz erlaubt. Und im Jahre 1543 erteilt Kaiser Karl V erstmals niederländischen Kaufleuten die Erlaubnis, Geld gegen Zinsen zu verleihen. (Immerhin ist Karl V ja auch durch Darlehen der Fugger überhaupt Kaiser geworden.) Diese kaiserliche Zustimmung zum Erheben von Zinsen ist ein Meilenstein der Geldgeschichte. Allerdings gibt es auch weiterhin erhebliche religiöse Widerstände gegen das Zinsgeschäft. In den Niederlanden dürfen Bankiers und ihre Familienangehörigen auf Beschluß der Generalsynode der calvinistischen Kirche (1581) nicht am Abendmahl teilnehmen. Für die Angehörigen gibt es eine Ausnahme: Sie müssen sich vom Bankiersberuf öffentlich distanzieren. Doch trotz aller moralischen Bedenken ist der Siegeszug des Kreditsystems nicht aufzuhalten. Ein weiterer Meilenstein in der Geld- und Bankengeschichte ist da? Jahr 1609. In diesem Jahr wird in Amsterdam die Wisselbank (Wechselbank) gegründet. »Für das Bankwesen nördlich der Alpen war die am 31. Januar 1609 gegründete Bank zu Amsterdam richtungweisend. Sie nahm ausländische Münzen und Landesmünzen sowie Silber- und Goldbarren entgegen und erteilte auf der Basis des Feingewichts Einlagengutschriften in ihren Büchern. Sie wandelte damit das Metallgeld in ihr eigenes Buchgeld, die sogenannten Bankgulden, um. Damit erleichterte sie den Kaufleuten den oft komplizierten Umgang mit den verschiedenen Sorten von Metallgeld. Im Jahre 1619 wurde in Hamburg die Hamburger Girobank gegründet, die es als erste auf deutschem Boden unternahm, Zahlungen durch einfache Kontoübertragungen durchzuführen« (Obst/Hintner: »Geld-, Bank- und Börsenwesen«). Das ist die Geburtsstunde des bargeldlosen Zahlungsverkehrs außerhalb Norditaliens. Die Wisselbank entwickelt sich rasch zur wichtigsten Bank Europas.
Pierre Vilar widmet in seinem Buch »Or et monnaie dans l’histoire, 1450-1920« (Titel der deutschen Ausgabe: »Gold und Geld in der Geschichte«) der Bank von Amsterdam wegen ihrer exorbitanten Bedeutung ein eigenes Kapitel. Da es die grundsätzliche Bedeutung der Vereinigten Niederlande für die Entwicklung der modernen Ökonomie ebenfalls beleuchtet, sollen hier einige Kerngedanken aus diesem Kapitel dargestellt werden. (Die Hervorhebungen stammen von Vilar.) So heißt es: »Seit den Anfängen des 17. Jahrhunderts besitzen sie (die Niederlande - d.A.) die mächtigste der großen Handelsgesellschaften, die auf Anteilen basieren und im Fernhandel tätig sind: die Ost-Indische Kompagnie... Die Bank von Amsterdam... entstand 1609, also, wie die Ostindienkompagnie, zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Ihre Anfänge fielen nicht in eine Zeit des Wohlstands, sondern im Gegenteil in eine Zeit der Währungsunruhen: Privatbanken schössen aus dem Boden und spielten bis zum Exzeß mit den verschiedenen Münzen und ihrem Silbergehalt.« Pierre Vilar fragt sich: »Warum gewann die Bank von Amsterdam eine so herausragende internationale Bedeutung, während die anderen Banken nur eine untergeordnete Rolle spielten? Das ist eine eher rhetorische Frage, denn darin drückt sich die Bedeutung des Handels von Amsterdam aus.« Mit welchen Instrumentarien reagierte die Bank nun aber auf die Währungsunruhen? Bei der Bank von Amsterdam, so Vilar, handele es sich »im wesentlichen um eine Depot- und Wechselbank. Die , Bank akzeptiert jede Einlage, gleichgültig in welcher Währung, ab einem Wert von 300 Florin. Diese Einlage wird in ihrem Hauptbuch eingetragen. Außerdem hat sie das Wechselmonopol. Jeder Wechselbrief auf Amsterdam wird von der Bank bezahlt... Sie übernimmt die Überweisung von Geldern zwischen Privatpersonen und erfüllt damit die gleichen Funktionen wie die Messen im 16. Jahrhundert, d. h. den Zahlungsausgleich; nur daß sie eine Dauereinrichtung ist. Sie ist allerdings keine Kreditbank ...« Noch nicht, sollte man sagen. Denn: »Ab 1683 ändern sich die Gepflogenheiten der Bank leicht: 1. Sie beginnt, eine allerdings noch sehr kleine Gebühr für Zahlungen und Überweisungen zu erheben. 2. Sie beginnt, Privatleuten Darlehen zu geben, und zwar zu 0,25 Prozent für sechs Monate, wenn es sich um Silber handelt, und zu 0,50 Prozent bei Gold. 3. Die Depotscheine der Bank beginnen, wie normales Geld zu zirkulieren und ausgetauscht zu werden. Am Ende des Jahrhunderts tätigt die Bank also auch Kreditgeschäfte, und im Geldumlauf tauchen >Banknoten< auf.« Abschließend zieht Vilar folgendes Resümee: »Lange Zeit war die Bank von Amsterdam eine Drehscheibe des monetären Systems von Europa und der Welt, sei es, weil der holländische Handel selbst viel Metall an sich zog, sei es, weil viele europäische Kaufleute, die mit Amerika Handel trieben, heimlich oder über Spanien (Cädiz) ihre Metallgewinne nach Amsterdam brachten, vielleicht auch schließlich, weil sich das Kapital in Spekulationskrisen nach Amsterdam verlagerte. Ganz klar sieht man diese Rolle vielleicht noch während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763). Danach festigt sich die Vorherrschaft Englands.« Auch Staatsbanken entstehen im 17. Jahrhundert. Papst Pius VI. gründet 1605 die erste namens Banco di Santo Spirito di Roma. 1656 entsteht die Schwedische Reichsbank. Sie ist die älteste noch existierende Staatsbank der Welt.
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