Der Prozess der Mietpreisbildung am Wohnungsmarkt unterscheidet sich grundlegend von dem anderer Gütermärkte, namentlich deshalb, weil hier massive staatliche Eingriffe festzustellen sind, die über die Preisbildung hinaus auch die Begründung und Lösung von Mietverhältnissen reglementieren. Derartige Eingriffe haben in der deutschen Wohnungswirtschaft Tradition. Besonders die Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg führte zu einer Vielzahl zwangswirtschaftlicher Gesetze im Hinblick auf Mieterschutz, Wohnraumbewirtschaftung, Preis- und Kalkulationsvorschriften, weshalb man damals auch von Wohnungszwangswirtschaft sprach. Mit dem 1960 in Kraft getretenen "Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht" (sog. Abbaugesetz) wurde die schrittweise Überführung in die soziale Wohnungsmarktwirtschaft begonnen. Wesentliches Merkmal der Lockerungsbestimmungen war zunächst die Einführung von sog. weissen und schwarzen Kreisen. In Abhängigkeit vom amtlich ermittelten Wohnungsdefizit wurden die Bewirtschaftungsgesetze zunächst nur in den weissen Kreisen aufgehoben, in den schwarzen Kreisen galten sie weiter. Da zum Zeitpunkt des gesetzlichen Endes der Wohnraumbewirtschaftung im Jahr 1968 noch Versorgungsengpässe auf den lokalen Mietwohnungsmärkten in Berlin, Hamburg und München bestanden, wurden diese Regionen zu "grauen" Kreisen erklärt, was eine Weiterführung der Wohnraumbewirtschaftung für Altbauten bis 1976 bedeutete. Mit Ausnahme der Altbauwohnungen in den zuletzt genannten Gebieten unterliegen heute alle Mietverhältnisse in Deutschland (alte Bundesländer) dem umstrittenen "Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz", wobei insbes. dessen 3. Artikel, das "Gesetz zur Regelung der Miethöhe" (Miethöhegesetz — MHG), von Bedeutung ist. Mit Beginn des Jahres 1983 trat das "Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen" in Kraft, welches folgende entscheidende Fortentwicklung des Mietrechts brachte: • Neuregelung der Pflicht des Mieters zur Duldung von Massnahmen des Vermieters zur Wohnungsmodernisierung (§ 541 b BGB), • Erweiterung der Bestimmungen über Mietkautionen auch auf den freifinanzierten Wohnungsbau (§ 550 b BGB), • Zulassung von Zeitmietverträgen (§ 564c BGB), • Neuregelung der Mieterhöhung nach dem System der Vergleichsmiete im freifinanzierten Wohnungsbau (§ 2 MHG), • Zulassung der Vereinbarung von Staffelmieten (§ 10 Abs. 2 MHG), • Präzisierung einer Mietpreisüberhöhung (§ 5 Wirtschaftsstrafgesetz), was speziell für das System der Kostenmiete von Bedeutung ist. Mit der Wiederherstellung der Deutschen Einheit ist der Gesetzgeber gefordert, in den neuen Bundesländern Schritte zur Heranführung der dortigen (bislang extrem reglementierten) Mieten an die Kosten der Bereitstellung von Wohnraum zu unternehmen, da sich dessen Qalität sonst auf Dauer nicht verbessern lässt. Auf der Basis der Grundmietenver- ordnung und der Betriebskosten-Umlagever- ordnung wurde daher beschlossen, zum 1.10. 1991 die Grundmieten um 1,00 DM auf durchschnittlich 2,00 DM je Quadratmeter monatlich zu erhöhen. Gleichzeitig können die Betriebskosten von im Durchschnitt rund 1, 70 DM je Quadratmeter monatlich neben der Miete auf die Mieter umgelegt werden. Die Umlage der Kosten für Heizung und Warmwasser wird auf 3,00 DM je Quadratmeter und Monat begrenzt. Durch die gleichzeitige Einführung eines besonderen Wohngeldes Ost wird dieser Einstieg in die soziale Wohnungsmarktwirtschaft gemildert. Literatur: Köhler, W., Handbuch der Wohnraum- miete, 3. Aufl., München 1988. Emmerich, V./Son- nettschein, Handkommentar Miete, 5. Aufl., Berlin, New York 1989.
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