Konsequente Zuordnung von Kostenarten stets zu deren Verursachern; dadurch entsteht ein unübersichtliches, dafür aber realistisches System von relativen (zu den jeweiligen Verursachern zugeordneten) Einzelkosten. Die relative Einzelkostenrechnung wurde von Paul Riebel entwickelt. Sie setzt an der Kritik der klassischen Vollkostenrechnung an und versucht, ihre Fehler (nicht verursachungsgerechte Schlüsselung von Kosten, Proportionalisierung von fixen Kosten, Verwendung nicht beziehungsgerechter Zuschlagsätze) zu vermeiden. Aus Gründen der klaren Zuordnung löst sich Riebel von den klassischen Unterscheidungen in variable und fixe Kosten bzw. in Einzel- und Gemeinkosten.
Die Bezeichnung »relativ« ist darauf zurückzuführen, dass die Zuordnung von Kosten und Erlösen immer vom betrachteten Bezugsobjekt abhängt und daher relativ ist. Riebel arbeitet mit einem fundamentalen Prinzip, dem sog. »Identitätsprinzip«. Damit versucht er Kosten bzw. Erlöse mit Bezugsobjekten und den Entscheidungen, die diese Bezugsobjekte hervorrufen, zu verknüpfen. Einem Bezugsobjekt direkt zuzuordnende Kosten stellen die relevanten relativen Einzelkosten dar. Alle anderen Kosten sind aus Sicht des Bezugsobjekts irrelevant. Sie stellen in der sprachlichen Konvention von Riebet die Gemeinkosten dar. Alle Kosten werden in einer Bezugsobjekthierarchie an einer Stufe als relative Einzelkosten ausgewiesen, sodass eine Schlüsselung von Gemeinkosten entfällt. Eine am Marketing orientierte Bezugsobjekthierarchie kann wie folgt strukturiert werden (Beispiel in Klammern):
1) Gesamtbetrachtung des Unternehmens (Brauerei),
2) Kundengruppen des Unternehmens (Handel, Gastronomie),
3) Kunden einer Kundengruppe (Gastwirt H. Schmidt, Gaststätte Zum Schwan etc.),
4) Aufträge eines Kunden (Aufträge des H. Schmidt v. 13.3. und 25.3. des laufenden Jahres),
5) Positionen eines Auftrages (Flaschenbier, Fassbier) und
6) einzelne Leistungseinheiten (15 Kästen Pils in 0,5-Liter-Euroflaschen).
Die Erfassung und Zuordnung der Kosten (und Erlöse) zu ihren Bezugsobjekten geschieht in der sog. Grundrechnung der Kosten. Es handelt sich dabei um umfangreiche Matrizen, in denen Kostenkategorien und Kostenarten den Zurechnungsobjekten, z.B. Kostenstellen und -trägern, zugeordnet werden. Die Grundrechnungen stellen für verschiedene Auswertungen die entscheidungsrelevanten Informationen bereit. Auch eine Erfolgsrechnung ist im System der relativen Einzelkostenrechnung möglich. Im Rahmen einer Deckungsbeitragsrechnung stellt Riebet dazu jeweils Einzelerlöse und Einzelkosten eines Bezugsobjekts gegenüber. Auf diese Art und Weise können auch mehrstufige Deckungsbeitragsrechnungen entstehen. Die relative Einzelkostenrechnung gilt als wegweisende theoretische Weiterentwicklung der traditionellen Kostenrechnung. Aber aufgrund ihrer Komplexität und der Unterschiede zum Sprachgebrauch der Praxis hat sie sich als Gesamtsystem in den Unternehmen kaum durchgesetzt.
Auch: Deckungsbeitragsrechnung mit relativen Einzelkosten. Art der Teilkostenrechnung, die von jeder Proportionalisierung fixer Kosten sowie jeder Form geschlüsselter Verteilung von Gemeinkosten absieht. Relative Einzelkosten sind in der Deckungsbeitragsrechnung die hins. unterschiedlicher Bezugsgrössen - z. B. Kostenstellen, Kostenträger u. a. -definierten jeweiligen Einzelkosten.
Einzelkostenrechnung
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