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Subsidiaritätsprinzip

hauptsächlich von der katholischen Soziallehre entwickelter Grundsatz für die Abgrenzung der Zuständigkeit staatlicher Daseinsvorsorge und ihrer Träger, der in zwei Varianten vertreten wird. Die erste Variante bezieht sich auf die Abgrenzung des Bereichs selbstverantwortlicher Lebensgestaltung des Individuums gegenüber staatlicher Daseinsvorsorge, die aufgrund ihrer Finanzierung durch Zwangsabgaben und mit ihren Anreizen für eine ganz bestimmte Lebensgestaltung die freie Persönlichkeitsentfaltung tendenziell einengt. Hier postuliert das Subsidiaritätsprinzip den Vorrang der individuellen Selbstverantwortlichkeit: "Was der Mensch selbst tun kann, soll ihm nicht durch gesellschaftliche Tätigkeit abgenommen werden, denn das wäre nicht Hilfe oder Bereicherung, sondern im Gegenteil Beeinträchtigung, Schädigung, Verkürzung der Persönlichkeitsentfaltung, die immer an das Regen der eigenen Kräfte gebunden ist" (Oswald von Nell-Breuning). Die zweite Variante bezieht sich auf die Wahl des Trägers für die Bereitstellung kollektiver bzw. staatlicher Leistungen, wenn diese nach der ersten Variante als gerechtfertigt erscheinen. Hier besagt das Subsidiaritätsprinzip, dass immer die kleinsten, personennächsten Kollektive, welche die jeweilige Aufgabe bewältigen können, vorrangig zuständig sein sollten, und dass übergeordnete grössere Kollektive nur insoweit Aufgaben übernehmen sollen, wie sie kleinere Kollektive nicht mehr befriedigend bewältigen können. Daraus liesse sich etwa folgende Rangfolge kollektiver Zuständigkeiten herleiten: erst Familie, dann Nächstenhilfe (Nachbarschaft, freie Wohlfahrtspflege), dann Gemeinden, Kreise, Bundesländer und letztlich der Bundesstaat. In diesem Sinne bietet das Subsidiaritätsprinzip auch eine normative Begründung für den föderalistischen Staatsaufbau.               

Insbesondere in einem föderalistischen Staat, aber auch in der Beziehung zwischen der supranationalen Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten ist die Frage zu klären, welche staatliche Ebene welche Aufgaben zweckmäßigerweise übernehmen sollte. Hilfreich ist dabei das von der katholischen Soziallehre entwickelte Subsidiaritätsprinzip, das eine Delegation staatlicher Aufgabenerfüllung solange auf dezentrale Gebietskörperschaften vorsieht, bis deren Fähigkeit zur Problemlösung überfordert ist. Erst dann sollte die Wahrnehmung durch die nächst höhere Ebene erfolgen. Man kann auch sagen, dass die Lösung dort erfolgen sollte, wo das Problem entstanden ist. Es handelt sich also um ein Formalprinzip der Organisation und um die Zuweisung von Zuständigkeiten. Für die Europäische Union ist dieses Prinzip in Art. 5, Satz 2 EG-Vertrag (Vertrag von Maastricht) von 1992 verankert.

In der Gesundheitswirtschaft:

Von lateinisch „subsidiär“, helfend, unterstützend. Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird einer größeren Einheit nur eine unterstützende Ergänzung der Selbstverantwortung einer kleineren Einheit zugestanden. Im staatstheoretischen Sinne dient also der Staat den Individuen und erfüllt keinen Selbstzweck. Was das Individuum oder eine kleinere gesellschaftliche Einheit leisten kann, darf der Staat nicht für sich beanspruchen, muss aber andererseits helfend zur Seite stehen, wenn die Anforderungen für die kleinere Einheit oder das Individuum zu groß werden. Dabei soll nach der katholischen Soziallehre, aus der der Begriff der Subsidiarität stammt, die Hilfe zur Selbsthilfe Vorrang vor staatlicher Aufgabenerfüllung haben.

Das Subsidiaritätsprinzip ist die Basis des föderalistischen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland, worauf auch die Stärke der Verbände im Gesundheitssystem und die verfassungsrechtlich festgeschriebene Tarifautonomie zurückzuführen ist.

Im Hinblick auf die sozialen Sicherungssysteme besagt das Subsidiaritätsprinzip, dass der Einzelne zunächst für die Bewältigung von Problemen selbst zuständig ist. Die Gesellschaft soll dagegen nur bei solchen Risiken unterstützend aktiv werden, die der Einzelne selbst nicht mehr schultern kann. Subsidiaritätsprinzip und Solidarität sollen sich insofern ergänzen.

In der sozialistischen Wirtschaftslehre: Aus der Soziallehre stammender Grundsatz, der die Aufgabenwahrnehmung zwischen Einzelnen, in der Familie, auf verschiedenen gesellschaftlichen und der staatlichen Ebene regelt.

Die Forderung nach der „Eigenverantwortung“ steht im Mittelpunkt. Die Verantwortung soll nur „subsidiär“ (d.h. aushilfsweise) auf die nächsthöhere Ebene übergehen.

1. Prinzip in der Ablauforganisation der Bank, wonach für die Lösung eines Problems diejenige Stelle verantwortlich ist, bei der das Problem entsteht, und erst dann, wenn diese das Problem nicht lösen kann, tritt eine andere, meist übergeordnete Stelle ein. 2. Im Bankwesen der Tatbestand, dass bestimmte öffentlich-rechtliche Banken nur dann und dort tätig werden (sollen), wo private Banken aus Rentabilitäts- oder Risikogründen Leistungen nicht anbieten.



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