ist ein Erregungsvorgang des zentralen Nervensystems, durch den der Organismus mit Energie versorgt und in einen Zustand der Lcistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit versetzt wird. Aktivierung wird i.d.S. auch als moderner Ausdruck für „psychische Aktivität“ verstanden, die den Organismus zum „Aktivsein“ stimuliert. Davon betroffen sind auch alle psychischen, im Rahmen der Werbepsychologie und Kommunikationsforschung thematisierten Vorgänge der Informationsverarbeitung (Wahrnehmung, Denken, Lernen, Gedächtnis usw.). „Erregung“ oder „innere Spannung“ sind gleichwertige Ausdrücke. Die Stärke aer Aktivierung ist ein Maß dafür, wie wach, reaktionsbereit und leistungsfähig der Organismus ist. Man unterscheidet zwischen dem Aktivierungsniveau (tonische Aktivierung) und kurzfristigen Aktivierungsschwankungen (phasische Aktivierung). Das Aktivierungsniveau bestimmt die länger anhaltende Bewusstseinslage (Wachheit) und die allgemeine Leistungsfähigkeit (Aufmerksamkeit) des Individuums und verändert sich nur langsam. Die kurzfristigen Aktivierungsschwankungen steuern die jeweilige Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit des Individuums in bestimmten Reizsituationen. Für die Anwendung im Marketing, insb. in der Werbung, ist v. a. die phasische Aktivierung von Bedeutung. Die durch vorübergehende (phasische) Aktivierung erreichte zunehmende Sensibilisierung gegenüber einem bestimmten Reiz ist gleichzeitig mit einer herabgesetzten V erarbeitungsbereitschaft gegenüber anderen Reizen verbunden. Aus dem vorhandenen Reizangebot kann zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur ein Reiz dominant werden. Um die Wirkung der Kommunikation zu steigern, kann man ein Individuum gezielt durch äußere Reize (z. B. durch emotionale Appelle) aktivieren. Auf diese Weise läßt sich die Informationsverarbeitung von Individuen steuern. Allerdings sollte man die Gefahren einer aktivierenden Gestaltung nicht unterschätzen (Ablenkung, Bumerangeffekt, Reaktanz). Wenn man der Werbung oder Produktgestaltung also eine stärker aktivierende Wirkung gibt, so kann man mit einer effizienteren Informationsverarbeitung, aber nicht automatisch mit einem besseren Werbeerfolg rechnen. Aktivierung bis zu einem gewissen Grad fördert nach der umgekehrten U-Hy- pothese zwar die Effizienz, mit der ein psychischer oder motorischer Vorgang abläuft, nicht jedoch Richtung und Inhalt. Das Individuum wird in Abhängigkeit von der jeweiligen Aktivierung mehr oder weniger zum Vollzug einer Leistung befähigt. Welche Leistung aber erbracht wird, wird von weiteren Verhaltensdeterminanten bestimmt. So können Konsumenten durch die starke Aktivierungswirkung falscher Anzeigenelemente dazu angeregt werden, verstärkt Gegenargumente zu entwickeln. Auch dies ist eine, wenn auch nicht erwünschte, Form verstärkter Informationsverarbeitung.
Auslöser von Aktivierung können sowohl innere als auch äußere Reize sein. Innere Reize sind etwa Stoffwechselvorgänge, wie sie nach dem Genuß von Kaffee oder Drogen entstehen, oder gedankliche Aktivitäten wie die Vorstellung einer erotischen Szene. Äußere Reize sind Töne, Bilder, Texte, Gerüche usw. Äußere Reize lösen i. a. nicht direkt Aktivierung aus, sondern erst nach einer Decodierung, d.h. nachdem sie entschlüsselt sind. Erst nachdem die subjektive Bedeutung eines Reizes für das Individuum klar ist, wird der Reiz aktivierungswirksam. Die Reizentschlüsselung erfolgt nur in einer sehr groben Weise, um die Relevanz des Reizes für das Individuum zu bestimmen. Aus dem Zusammenhang Reiz - Decodierung - Aktivierung folgt, dass die ausgelöste Aktivierung nicht direkt als eine Folge der objektiven Stimulierung angesehen werden kann. Objektiv gleiche, aber subjektiv unterschiedlich interpretierte Reize bewirken eine unterschiedliche Aktivierung. Daraus wird ersichtlich, dass die ausgelöste Aktivierung keine feste Beziehung zur physikalischen Ausprägung eines Reizes aufweist, sondern z. B. abhängig von der Erfahrung des Individuums ist. Dies bedeutet konkret, dass man keine generell gültigen Aussagen machen kann, welche Reize stark und welche schwach aktivieren. Ob ein bestimmter Reiz, z. B. ein Bild, stark oder schwach wirkt, kann man erst nach einer sorgfältigen Analyse der Zielpersonen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sagen. Wenn man sicherere Aussagen machen will, muss man die Wirkung eines Reizes mit Personen der Zielgruppe testen, indem man die durch den Reiz tatsächlich ausgelöste Aktivierung mißt. Aktivierende Reize werden nach ihren Wirkungen eingeteilt in - emotionale Reize, - Reize, die zu kognitiven Inkonsistenzen führen, - physische Reize. Besonderes zuverlässige wirkende Reize sind Schlüsselreize, die biologisch vorprogrammierte Reaktionen auslösen und die Empfänger weitgehend automatisch (willentlich wenig kontrolliert) innerlich erregen (s.a. emotionale Werbung). Natürliche Schlüsselreize können auch durch Zeichnungen, Fotos, Modelle usw. künstlich nachgebildet werden (Attrappen). Sie haben die gleiche oder sogar - wenn besonders typische Reizmerkmale hervorgehoben werden - eine stärkere Wirkung als natürliche Schlüsselreize. Bekannte Attrappen für das menschliche Verhalten sind das Kindchenschema, der weibliche Busen, Abbildungen von Augen und Mimik. Neben der visuellen Dimension können Schlüsselreize auch akustisch, taktil und olfaktorisch wahrgenommen werden. Ein Beispiel ist der Moschusduft, der ausgesprochen stark aktiviert (Duft). Eine kognitiv bewirkte Aktivierung entsteht durch gedankliche Konflikte sowie durch Widersprüche und Überraschungen, welche die Wahrnehmung vor unerwartete Aufgaben stellen und dadurch die Informationsverarbeitung stimulieren. Beispiele sind Anzeigen, die eine Frau zeigen, die eine Zigarre raucht oder eine Headline mit dem Text „Frische Apfelsinen aus Grönland!“. Kognitiv wirksame Reize sind in der Werbung den emotionalen Aktivierungstechniken oft unterlegen, weil sie sich bei Wiederholungen leichter abnutzen. Zudem kommt es gelegentlich zu nachteiligen Assoziationen (Lächerlichkeit, Übertreibung, Unwirklichkeit), welche den Werbeerfolg beeinträchtigen. Zu den physischen Reizen zählen, Farbe, Größe, Kontrast, Klarheit, Prägnanz. Physische Reize lösen mit größerer Wahrscheinlichkeit als emotionale und kognitive Reize bei verschiedenen Menschen starke Aktivierung aus, weil ihre Wirkung nicht von den bisherigen emotionalen und kognitiven Erfahrungen des Individuums abhängt. Die Messung der ausgelösten Aktivierung kann auf verschiedenen Ebenen vorgenommen werden: - Messung auf der physiologischen (biologischen) Ebene z.B. Hautwiderstands- messung, - Messung auf der subjektiven Erlebnisebene z.B. Befragung mit einer Ratingskala, auf der die Befragten einen Erregungswert ankreuzen, - Messung auf der motorischen Ebene z.B. Messung der Kopfbewegungen, Blickregistrierung. Beim Vergleich der verschiedenen Meßmethoden kann man davon ausgehen, dass physiologische Messungen am besten für die Ermittlung der Aktivierung geeignet sind, allerdings auch die höchsten Kosten verursachen.
Literatur: Kroeber-Riel, W., Konsumentenverhalten, 4. Aufl., München 1990. Meyer-Hentschel, G., Aktivierungswirkung von Anzeigen. Meßverfahren für die Praxis, Würzburg, Wien 1983.
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