Die Frage nach dem Verhalten des Führers wurde in der Führungsforschung zunächst mit Hilfe von Typologien zu beantworten versucht. Danach werden die verschiedenen Arten von - Führungsstilen als Idealtypen verstanden, d.h. sie beschreiben Verhaltensmuster nicht von realen, sondern von ausgedachten Führern. Traditionell werden vor allem die folgenden vier Führungsstile unterschieden:
· Der patriarchalische Führungsstil: Hier handelt es sich um die Übertragung der traditionellen Vaterfigur in der Familie auf den Betrieb. Kennzeichen sind der uneingeschränkte Herrschaftsanspruch auf der einen Seite und die Fürsorgeverpflichtung gegenüber den Geführten auf der anderen Seite. In der Organisationsstruktur ist lediglich eine Entscheidungsinstanz vorgesehen. Dieser Führungsstil findet sich vorwiegend in kleinen und mittleren Unternehmen.
· Der charismatische Führungsstil: Der charismatische Führer gründet seinen Herrschaftsanspruch auf außergewöhnliche Eigenschaften. Auch hier besteht ein uneingeschränkter Herrschaftsanspruch. Dagegen bekennt sich der charismatische Führer nicht zur Fürsorge verpflichtet; er verlangt ja von den Geführten auch Opferbereitschaft. Sein Beitrag besteht darin, dass er den Geführten in Aussicht stellt, sie aus einer Notlage herauszuführen bzw. sie einem künftigen “Heilszustand” näher zu bringen. In ausgeprägter Form ist der charismatische Führer in erster Linie als Staatsführer sowie in religiösen Gruppen anzutreffen. Schon angesichts der gesetzlichen Regelungen sind einer charismatischen Führung in Wirtschaftsunternehmen von vornherein gewisse Grenzen gesetzt. Besonders in Krisensituationen sind aber auch hier Führer mit charismatischen Züge anzutreffen.
· Der autokratische Führungsstil: Bei diesem Führungsstil tritt an die Stelle der Person des Führenden ein institutionalisierter Führungsapparat, bei dem nachgeordnete Instanzen die Entscheidungen des Autokraten durchsetzen. Die Machtbefugnisse des Führers sind uneingeschränkt.
· Der bürokratische Führungsstil: Wie beim autokratischen Führungsstil besteht auch hier ein Führungsapparat. Jedoch tritt hier an die Stelle der Willkür des Autokraten ein System von Regelungen, denen sich nicht nur die Geführten sondern auch die Führer zu unterwerfen haben.
Die traditionellen Führungsstile basieren durchweg auf Max Webers Typologie der Herrschaftsansprüche, die zwischen legaler, traditionaler und charismatischer Herrschaft unterscheidet. Neben der verbreiteten Zweier-Unterscheidung in autoritären und kooperativen Führungsstil wird oft auch eine Dreier-Unterscheidung gemacht und als dritter Führungsstil die Laissez-faire-Führung genannt. Bei diesem Führungsstil existiert kein ausgeprägtes Vorgesetztenbild mehr. Der Vorgesetzte beschränkt sich darauf, eine Situation zu schaffen, in der gearbeitet werden kann, z.B. indem er die erforderliche Kommunikation mit den anderen - Abteilungen herstellt und aufrechterhält. Die Wahl der Arbeitsmethoden und die Bestimmung der Arbeitsziele werden der Arbeitsgruppe überlassen.
Die Laissez-faire-Führung kann als Grenzfall einer Führung überhaupt angesehen werden, weil dabei nur noch eingeschränkt von einer Verhaltensbeeinflussung gesprochen werden kann. Statt einzelne Führungsstile isoliert zu unterscheiden, gehen Percy H. Tannenbaum/Schmidt von einem Kontinuum des Führungsverhaltens aus: Das in der Praxis beobachtbare - Führungsverhalten ordnen sie nach dem Grad der Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter einem Kontinuum zu, dessen Endpunkte auf der einen Seite die extrem autoritäre und auf der anderen Seite die extrem partizipative Führung sind (siehe die Abbildung oben).
Das richtige (= situationsgerechte) Führungsverhalten ist nach Tannenbaum/Schmidt abhängig von bestimmten charakteristischen Merkmalen
· des Vorgesetzten: seinem Wertsystem, Vertrauen in die Mitarbeiter, Führungsqualitäten;
· der Mitarbeiter: Erfahrung in der Entscheidungsfindung, fachliche Kompetenz, Bedürfnisse, Problemengagement;
· der Situation: Organisationsstruktur, Art des Problems, zeitlicher Spielraum.
Jede unterschiedliche Konstellation der Charakteristiken aus diesen drei Gruppen erfordert ein unterschiedliches Führungsverhalten. Es gibt also keinen Führungsstil im Sinne eines von der Situation unabhängigen Verhaltensmusters. Daraus folgt die Empfehlung, ein Vorgesetzter solle darauf achten, dass er die verschiedenen Einflußfaktoren realistisch einschätzt und sich entsprechend flexibel verhält. Mit dieser Empfehlung geht der Ansatz von Tannenbaum/Schmidt über die situationsunabhängige Betrachtung von Führungsstilen.
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