Unter gewinnorientiertem Marketing wird der zwangsfreie Austausch zwischen zwei Gruppen (Personen) von Gütern und Geld unter Verfolgung von unternehmerischen Zielen (Gewinn) und Konsumzielen (Bedürfnisbefriedigung) verstanden. Zu den Parametern dieses Austauschprozesses gehören private Güter, Preise, Wahlmöglichkeit der Abnehmer und Gewinnorientierung der Anbieter (Bedürfnisorientierung als Mittel zum Zweck). (Profit-)Marketing kann in Verbänden eingesetzt werden, wenn Verbände unternehmerisch tätig sind (z.B. Genossenschaftsverbände), d. h. das Leistungsprogramm v.a. Individualgüter einschließt und die Strukturen des Verbandes einer erwerbswirtschaftlichen Organisation gleichen. Verbände haben den Zweck, diejenigen Aufgaben zu erfüllen, welche Einzelunternehmungen (oder Mitglieder) im Markt nicht lösen können (sog. Aufgabenübertragungstheorem nach Grochla, 1959). Deshalb sind die verbandlichen Austauschbeziehungen viel komplexer und vielfältiger als die klassische Marketingbeziehung („Engpassfaktor“ nach Gutenberg) zwischen Unternehmung und Nachfragern. Zudem ist keine verbandliche Austauschbeziehung so dominant, wie es die unternehmerische Marketingbeziehung im Beziehungsfeld einer Unternehmung ist. Die Tabelle zeigt die in Verbänden im Normalfall auftretenden Austauschprozesse mit den entsprechenden Steuerungsmechanismen. Aus der Vielzahl verbandlicher Transaktionsbeziehungen sind die in Abb. 1 gezeigten wesentlich. Diese Austauschbeziehungen dienen als Grundlage für die Festlegung der verbandlichen Marketing Einsatzbereiche (vgl. unten). An der Forschungsstelle für Verbands- und Genossenschafts-Management der Universität Freiburg Schweiz (FST) wurde im Rahmen des FST-Management-Modells für Verbände auch ein Marketingmodell entwickelt, das die vielfältigen Transaktionsbeziehungen in einem umfassenden Marketing-/Leistungs- konzept abdeckt. Das Modell besteht aus drei Bereichen: (a) Grundlagen, (b) Marketing-Philosophie und (c) Marketing-Management. ad (a): Bevor Marketing im Verband eingesetzt werden kann, ist es vorteilhaft, die wichtigsten Austauschprozesse festzulegen und deren Steuerungsmechanismen zu untersuchen. Dies hat dann Rückwirkungen auf die Gestaltung des Marketing-Mix (vgl. unten). ad (b): Das Marketingmodell verkörpert eine marketing-orientierte Interpretation des verbandlichen Organisationszweckes: Zweck eines Verbandes ist es, bestimmten Umwelten gegenüber zu wirken, in diesen Umwelten gewisse Wirkungen zu erzielen (z.B. Befriedigung von Mitgliederbedürfnissen, Beeinflussung des Verhaltens oder der Einstellung von Behörden, Öffentlichkeit usw.). Die Zweckerfüllung erreicht der Verband durch Produktion und Abgabe bestimmter Leistungen. Diese Leistungen werden nach Marketing-Ansätzen bzw. mittels Marketing-Instrumenten auf die spezifischen Umweltsegmente (gleich Leistungsadressaten) ausgerichtet, gestaltet und realisiert. Verbände sind demokratische Gebilde, die Partizipations-Philosophie herrscht vor. Die Marketing-Philosophie ist deshalb verbandsspezifisch zu interpretieren. Beispiel: Von der Innenzentrierung zur Mitgliederorientierung (Bedürfnisorientierung). Zudem weisen grössere Verbände eine konzernähnliche Struktur auf und diese impliziert Marketingkommunikation (Corporate Identity usw.). Abb. 1: (Marketing-) Transaktionsbeziehungen im Verband ad (c): Die wichtigsten Marketingentscheide sind in einem Marketing-Konzept festzulegen. Dieses Konzept dient als Grundlage für alle Marketing-Teilplanungen. Im Rahmen der Gesamtpositionierung sind sowohl die CI (Corporate Identity) und die ver- bandliche Kooperations-Identität (COOPI, Coopérative Identity) zu definieren. Denn als mitgliedschaftlich strukturierte Organisationen verfügen Verbände sowohl über die in jeder Organisation existierende CI als auch über eine Kooperations-Identität, die sich aus dem koordinierten Mit- gliederverhalten ergibt. Je nach Situation tritt die eine oder andere Identität in den Vordergrund. Das Modell unterscheidet zwischen verbandlichen Leistungen im Innen- und im Außenbereich. Mit Innenbereich sind die Beziehungen zwischen der Organisation und ihren Trägern/Mitgliedern gemeint, mit Außenbereich alle Beziehungen zu den Mitgliedermärkten, zur weiteren Umwelt und anderen Organisationen, wie die Verbände der Marktgegenseite (vgl. Abb. 1). Analog lassen sich Marketing-Beziehungen im Innen- und Außenbereich festlegen (vgl. Abb. 2). Für jeden Marketing-Ein- satzbereich sind folgende Punkte festzulegen: Ziele, vorgesehene Positionierung, Grundstrategie, vorgesehener Mix: Instrumentenbatterie. Hier ist auch die Marketing-Organisation festzulegen, d. h. wo wird das Marketing im verbandlichen Führungssystem integriert; weiter sind Entscheide zu treffen über die aufzubauende Marketing-Infrastruktur. Für die Marketing-Planung hat sich die folgende Planungssequenz bewährt: Marketinginformation Festlegen der Marketingziele Festlegen der Marketingsegmente Analyse des im zu bearbeitenden Planungsbereich relevanten Tauschvorganges mit den dazugehörenden Steuerungsmechanismen Positionierung des Leistungsangebotes, des Verhandlungsgegenstandes Festlegen des Marketing-Mix: Auswahl der Instrumente aus der Marketing-Instrumentenbatterie Festlegen der Marketingorganisation Marketingbudget Marketingkontrolle Die klassischen Marketing-Instrumente sind spezifisch für den Einsatz im Verband anzupassen und teilweise stark zu modifizieren. Da wir bspw. neben Marktpreisen weitere wichtige Finanzierungsmittel (Gebühren, Beiträge, Spenden) kennen, gewinnt die Preispolitik im Vergleich zum Business- Marketing einige zusätzliche Dimensionen. Auch das Instrument Kommunikation ist der Charakteristik der Nonprofit-Güter wesentlich anzupassen. Neben diesen „klassischen“ Instrumenten umfasst die FST-Marketing-Instrumenten- batterie zusätzlich: PR Politics Anreiz-Beitragssysteme Öffentlichkeitsarbeit (PR) hat für Verbände einen viel höheren Stellenwert als für Unternehmungen. Die Instrumente Werbung und PR sind in ihrer Bedeutung für Unternehmungen und Verbände gerade umgekehrt proportional. Die im Unternehmensmarketing (zu Recht) angestrebte strikte Trennung zwischen Werbung (für Produkte) und PR (für Institutionen) ist im Verbands-Bereich nicht erstrebenswert. Das Instrument „ Politics "will andeuten, dass Verbände in politischen Systemen arbeiten und zu deren Beeinflussung spezifische Beeinflussungs- instrumente benötigen. Anreiz-Beitragssysteme werden besonders in den Bereichen Mitgliedermarketing und Collective Bargainingeingesetzt. Das hier skizzierte FST-Marketingmodell für Nonprofit-Organisationen wird in der verbandlichen Praxis mit Erfolg eingesetzt, und die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden durch die FST lfd. in das Modell eingearbeitet. Zudem wird versucht, die noch bestehenden Lücken durch weitere Forschungsarbeiten zu schließen.
Literatur: Punschen, R., Marketing in Verbänden, in: Die Unternehmung, 33. Jg., Nr 1 (1979). Purt- schert, R., Das FST-Marketingmodell für Non- profit-Organisationen, in: Die Unternehmung, 43. Jg., Nr 5 (1989).
Vorhergehender Fachbegriff: Verbandsklage | Nächster Fachbegriff: Verbandsmarktforschung
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|