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Wirtschaftsmathematik in der Betriebswirtschaftslehre


1. Charakterisierung Aufgabe der Wirtschaftsmathematik ist die Bereitstellung mathematischer Verfahren zur Lösung be­triebs- und volkswirtschaftlicher Probleme. Die Wirtschaftsmathematik bedient sich dabei in weiten Teilen des Begriffs der mathematischen   Funktion, der es ermöglicht, Beziehungen zwischen zwei oder mehr betriebs- oder volkswirtschaftlichen Grössen modellhaft zu beschreiben. Daneben verwendet die Wirtschaftsmathematik auch Methoden der Linearen Algebra, die eine wichtige Grundlage des   Operations Research und der linearen Optimierung (Optimierung,   Optimierungsmodelle, ma­thematische) bilden.
2. Begriff der mathematischen Funktion Eine mathematische   Funktion f einer unabhängigen  Variablen x ist eine Zuordnungsvorschrift, die jedem Element einer Ausgangsmenge genau ein Element einer Zielmenge zuordnet: f = f(x). Die Berechnungsvorschrift für f(x) ist dabei ein mathematischer Term in x, in der betriebswirtschaftlichen Theorie und Praxis häufig ein  Polynom. Mithilfe eines kartesischen Koordinatensystems (x-Werte auf der waagerechten, f-Werte auf der senkrechten Achse) können Funktionen einer unabhängigen Va­riablen als Kurven graphisch dargestellt werden. Die grosse Bedeutung von Funktionen für die Wirtschaftswissenschaften ist darauf zurückzuführen, dass sie Ursache-Wirkung-Beziehungen zwischen einer Eingangsgrösse (der unabhängigen Variablen x) und einem Outputwert (der abhängigen Variablen f = f(x)) herstellen und so zahlreiche Prozesse der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre beschreiben. Typische Beispiele sind   Angebotsfunktionen und  Nachfragefunktionen,  Erlös- bzw. Umsatz­funktionen,   Produktionsfunktionen,   Kostenfunktionen und   Gewinnfunktionen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ebenfalls wichtig sind   Durchschnittsfunktionen, die als Quotient aus Funktionswert f(x) und Variablenwert x gebildet werden. Hängen die Funktionswerte einer Funktion f von mehr als einer unabhängigen Variablen ab, spricht man von einer Funktion mehrerer (unabhängiger) Variabler: f = fixi,x2,...,xo).
3. Differenzieren von Funktionen Um das Änderungsverhalten einer Funktion einer unabhängigen Variablen x in einem Punkt xo zu ver­stehen, wird die Funktion  differenziert, d.h. der   Differenzialquotient von f in xo gebildet, der das absolute Änderungsverhalten von f in xo misst. Das Ergebnis f(x0) wird als   Ableitung von f in xo bezeichnet und gibt an, wie sich f bei einer (kleinen) Änderung von xo ändert. Wird eine Funktion f in allen Punkten ihres Definitionsbereichs differenziert (vorausgesetzt, dies ist möglich), entsteht die Ab­leitungsfunktion f, die in der Betriebswirtschaft auch als   Grenzfunktion bekannt ist. Mithilfe ihrer Ableitung kann eine Funktion f auf   Monotonie untersucht werden, wobei f > 0 streng monoton steigendes Verhalten, f < 0 streng monoton fallendes Verhalten anzeigt. Die zweite Ableitung f”(x0) einer Funktion f in einem Punkt xo beschreibt das Änderungsverhalten der (ersten) Ableitung f in xo und gestattet damit vertiefte Einblicke in das Änderungsverhalten von f selbst. Steigt eine Funktion f streng monoton an (f > 0) und ist zusätzlich f” > 0, nimmt auch die Stei­gung von f selbst zu, f wächst progressiv (progressives Wachstum). Im Falle f > 0 und f < 0 wächst f hingegen degressiv (degressives Wachstum), d.h. das Wachstum von f nimmt mit steigen­dem x ab, obwohl f selbst weiterhin ansteigt. Eine zweimal differenzierbare Funktion f einer unabhängigen Variablen x kann mithilfe ihrer ersten und zweiten Ableitungen auf  Extremwerte hin untersucht werden. Hat f in xo einen Extremwert, sind die Funktionswerte von f in einer Umgebung von xo entweder grösser als f(xo) (d.h. f(xo) ist Minimal­wert, f hat in xo ein lokales   Minimum) oder entsprechend kleiner (d.h. f(xo) ist Maximalwert, f hat in xo ein lokales  Maximum). In vielen betriebswirtschaftlichen Anwendungen wird auch das relative Änderungsverhalten einer Funktion f in x betrachtet, was zum Begriff der   Elastizität von f bzgl. x führt. Im Gegensatz zum   Differenzialquotienten setzt die Elastizität die relativen Änderungen von f und x zueinander in Rela­tion und erlaubt damit eine Aussage darüber, wie sich f in xo relativ bei einer (kleinen) relativen Ände­rung von xo ändert. Elastizitäten werden z.B. bei  Nachfragefunktionen berechnet, wo sie die relative Änderung der Nachfragemenge x in Reaktion auf eine relative Preisänderung angeben. Ist eine Funktion mehrerer unabhängiger Variabler nach einer Variablen xi differenzierbar (alle anderen Variablen werden wie Konstante behandelt), kann die partielle Ableitung (siehe  Ableitung) nach xi gebildet werden. Sie beschreibt das absolute Änderungsverhalten von f bzgl. x; und kann wie bei Funktionen einer Variablen dazu verwendet werden, das Monotonieverhalten von f bzgl. xi zu untersuchen. Ebenso können partielle  Elastizitäten nach einzelnen Variablen gebildet werden, die das relative Änderungsverhalten von f bzgl. xi beschreiben. Die Ermittlung von Extremwerten gestaltet sich bei Funktionen mehrerer Variabler erheblich komplizierter als in einer Dimension, kann aber auch auf Basis erster und zweiter partieller Ableitungen bewerkstelligt werden.
4. Integration von Funktionen Die Integration einer  Funktion f kann als Umkehrung des  Differenzieren verstanden werden und erlaubt z.B. die Ermittlung einer Funktion aus ihrer   Grenzfunktion. Wichtige Anwendungen in den Wirtschaftswissenschaften sind die Berechnung der Konsumentenrente und Produzentenrente. In beiden Fällen geht es darum, die Vorteilhaftigkeit, die ein Nachfrager bzw. Anbieter aus dem im   Marktgleichgewicht erzielten   Gleichgewichtspreis zieht, zu berechnen. Bei stetigen Verteilungen in der   Statistik erlaubt eine Integration der   Dichtefunktion zwischen zwei Zahlenwerten a und b die Ermittlung der Wahrscheinlichkeit, dass eine stetige  Zufallsvariable einen Zahlenwert in diesem Intervall annimmt.
5. Lineare Algebra Die Lineare Algebra nimmt in der Betriebswirtschaftslehre vor allem die Rolle einer Hilfswissenschaft in den Bereichen  Operations Research und lineare   Optimierung ein. Lineare Algebra erlaubt eine effiziente Beschreibung von Problemen, bei denen eine grosse Anzahl von Einzelgrössen gleichartiger Herkunft linear miteinander verknüpft werden muss. Lassen sich diese Einzelgrössen mithilfe eines Parameters indizieren, können sie in Form von  Vektoren (ai) angeordnet werden (1 < j < n), bei zwei Parametern in Form von Matrizen (aii, 1 < i < m, 1 < j < n); siehe auch  Matrix. Die (m,n)-Matrix A mit den Einträgen hat dabei m Zeilen und n Spalten und lässt sich in einem rechteckigen Tableau darstellen. Das wichtigste Grundproblem der Lineare Algebra ist die Lösung  linearer Gleichungssysteme der Form Ax = b, bei denen A eine (m,n)-Matrix, b ein Vektor mit m Einträgen und x der gesuchte Lö­sungsvektor mit n Einträgen ist. Die Lösung kann mithilfe des  Gauss \'schen Eliminationsverfahrens bestimmt werden, bei grossen Problem (m und n „gross”) wird in der Praxis meist auf computergestützte Verfahren zurückgegriffen. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe   Finanzmathematik,  Ökonometrie,   Operations Research,   Optimierung,  Optimierungsmodelle, mathematische,  Portfoliomanagement,  Sta­tistik.

Literatur: Bosch, K.: Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, 14. Auflage, München/Wien, 2003; Eichholz, W., Vilkner, E.: Taschenbuch der Wirtschaftsmathematik,
3. Auflage, Leipzig, 2002; Führer, C.: Wirtschaftsmathematik, Ludwigshafen am Rhein, 2006; Holland, D., Holland, H.: Mathematik im Betrieb,
7. Auflage, Wiesbaden, 2004; Mohr, R., Plappert, P.: Mathematik für Wirtschaftsinformatiker, Alfdorf, 2004; Peters, H.: Wirtschaftsmathematik, Düsseldorf, 2003; Schwarze, J.: Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, Bd.1-3, Herne/Berlin, 2000; Tietze, J.: Einführung in die angewandte Wirt­schaftsmathematik, 11.Auflage, Braunschweig/Wiesbaden, 2003.

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