tatsächliche und potentielle Nutzung des Bildungsangebots der Einrichtungen des Bildungssystems, der Entscheidungen über die Bildungsbeteiligung zugrunde liegen. Gesetzliche Regelungen über Eintritt und Dauer der Schulpflicht schliessen für den Pflichtschulbereich individuelle Nachfrageentscheidungen aus, soweit nicht eine innere Differenzierung die Wahl zwischen verschiedenen Bildungsangeboten und Bildungswegen offenlässt (private und öffentliche Schulen, differenzierte Sekundarstufe I). Nach Ende der Schulpflicht richtet sich Bildungsnachfrage auf den weiteren Verbleib im Bildungssystem und auf die verschiedenen Bildungsangebote, die in der Sequenz eines Bildungswegs bis zu den formal höchst qualifizierenden Bildungsabschlüssen führen können und eine komplexe Entscheidungsstruktur schaffen. Können Bildungsangebote kosten- bzw. gebührenfrei in Anspruch genommen werden, liegt ein Preisregulativ der Bildungsnachfrage nur in den indirekten Kosten des Einkom- mensentgangs während der Ausbildung sowie in den direkten privaten Kosten in Form von Lernmitteln etc. Die Bildungsnachfrage weist schicht-, herkunfts- und geschlechtsspezifische Unterschiede der Bildungsbeteiligung auf, die zum Teil durch dieses Preisregulativ erklärt werden können. Eine Bildungspolitik der Chancengleichheit setzt daher vor allem bei finanziellen Hemmnissen der Bildungsnachfrage an, die im Wege der Ausbildungsförderung reduziert werden sollen. Bei ökonomischer Erklärung der Bildungsnachfrage wird eine formal freie Entscheidung über den Bildungsweg über die Abwägung von Kosten und Nutzen der verfügbaren Alternativen erfolgen. Für alle verfügbaren Alternativen sind die jeweiligen Kosten- und Nutzengrössen abzuschätzen (z.B. Berufsaussichten und Einkommensverlauf). Es wird diejenige Alternative gewählt, die den höchsten Nutzenvorteil verspricht, und der Bildungsweg wird so lange fortgesetzt, wie der erwartete Nutzen die zu erwartenden Kosten übersteigt (Humankapitaltheorie). Neben ökonomischen Erklärungsfaktoren spielen für die Bildungsnachfrage auch gesellschaftliche und psychologische Faktoren wie Status und Bildungsabschluss der Eltern oder Begabung eine Rolle; für die realisierte Bildungsbeteiligung kommt Verfügbarkeit und Bedingungen des Bildungsangebots Bedeutung zu. Struktur und Entwicklung der Bildungsnachfrage können in einem Verlaufsmodell dargestellt werden, das die personellen Ströme vom Eintritt in das Bildungssystem über Übergangs- und Erfolgsquoten nach Stufen, Typen und Zweigen von Bildungseinrichtungen bis zum Abgang von potentiell Erwerbstätigen nach Bildungsabschlüssen umfasst. Veränderungen der Bildungsnachfrage schlagen sich in den Übergangsquoten dieses Verlaufsmodells nieder; bestimmte Übergangsquoten können auch den Charakter bildungspolitischer Zielwerte annehmen. In der Bildungsplanung stellten die Bildungsnachfrage und die Prognose ihrer Entwicklung eine Grundlage für die Planung der Entwicklung des Bildungssystems dar. Literatur: Berger, W, Zur Theorie der Bildungsnachfrage, Berlin 1969. v. Weizsäcker, C. C./Kon- rad, W./Kurth, HJOh Uh, KJSuter, WJVollet, H., Simulationsmodell für Bildungssysteme, Weinheim, Basel 1972.
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