ist ein Schutzzoll, welcher verhängt wird, um bestimmte Industriezweige des Inlands, die im Aufbau begriffen sind, vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen. Er wird dann aufgehoben, wenn solche Industriezweige hinreichend entwickelt sind.
zeitlich befristete Form des Schutzzolls, die bereits von Friedrich List im 19. Jh. propagiert wurde (Zollpolitik). Der Erziehungszoll ist als temporärer Importzoll zugunsten junger, aufstrebender Inlandsindustrien gedacht, der diesen zu einer ungestörten, rascheren Aufbauphase verhelfen soll. Nach erfolgreichem Abschluss des Entwicklungsprozesses ist er aufzuheben (infant industry protection). Im Unterschied zum allgemeinen Schutzzoll, der eine permanente Sicherung nicht konkurrenzfähiger Inlandsbranchen darstellt, soll der Erziehungszoll sich selbst nach einer gewissen Zeit überflüssig machen. Nach erfolgreichem Aufbau der Industrie soll - ohne weiteren Zollschutz - eine vollständige Importsubstitution oder gar eine Exportproduktion aufgrund eigenständiger internationaler Wettbewerbsfähigkeit möglich sein. Ein Erziehungszoll ist dann berechtigt, wenn die - im Vergleich zum Ausland - zunächst relativ hohen Durchschnittskosten der Inlandsproduktion entweder durch die anfänglichen Entwicklungskosten oder durch die noch fehlende Realisierbarkeit der Massenproduktionsvorteile bedingt sind. Die möglichen komparativen Kostenvorteile eines sich noch entwickelnden Landes sind oft erst in der Massenfertigung von entscheidender Bedeutung (z.B. Lohnkostenvorteile). Wird vorher kein Zollschutz gewährt, so liegt kein ausreichender Anreiz für die Aufnahme der Produktion vor. Es muss allerdings damit gerechnet werden können, dass nach Abschluss der Entwicklungsphase die Durchschnittskosten der inländischen Herstellung auf oder gar unter das Niveau des Auslands absinken, so dass das Inland auch ohne Zollschutz international wettbewerbsfähig ist. Es werden hierbei also Durchschnittskosten unterstellt, die mit zunehmender Produktion abnehmen, solange noch nicht die betriebsabhängigen optimalen Ausbringungsmengen erreicht sind. Wird das Land nicht durch den Erziehungszoll geschützt, verhindert die schon kostengünstiger arbeitende Konkurrenz aus dem entwickelteren Ausland durch ihr Importangebot, dass sich die Nachfrage auf die inländische Produktion richtet und eine Entwicklung der eigenen Industrie in Gang setzt. Ein temporärer Erziehungszoll dagegen kann bewirken, dass entwicklungsbedingte komparative Kostennachteile nach einer gewissen Zeit durch z.B. lohnkostenbedingte komparative Vorteile ersetzt werden und damit ein Strukturwandel der internationalen Arbeitsteilung gemäss der Produktzyklus- theorie ausgelöst wird. Gegenargumente: Die Selektion der durch Erziehungszölle zu fördernden Bereiche setzt eine Prognose der zu erwartenden Kostensenkungseffekte voraus. Werden diese überschätzt, so erreicht das Land nie das Stadium komparativer Kostenvorteile, und der Erziehungszoll verfestigt sich zu einem dauerhaften Erhaltungszoll. Da sich zudem der Zukunftsnutzen des Erziehungszolls in späteren Gewinnen der Unternehmen niederschlägt, müssten Unternehmen, die ihren langfristigen Gewinn maximieren wollen, auch ohne Zollschutz die Produktion aufnehmen, wenn die anfänglichen Verluste durch spätere Gewinne überkompensiert werden. Diese Strategie setzt allerdings die Existenz leistungsfähiger, risikobereiter Unternehmer voraus. Oft wird als Argument für den Erziehungszoll auch die Diskrepanz zwischen sozialen Kosten und Erträgen angeführt. Die private Unternehmertätigkeit beeinträchtigt, wenn z.B. im Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung und mit Investitionen in verbessertes technisches Wissen oder besser ausgebildete Arbeitskräfte externe Effekte auftre- ten, von denen auch andere Unternehmen unentgeltlich profitieren. Doch gibt es auch andere Methoden als den Erziehungszoll, um manche dieser Effekte zu internalisieren, z.B. Patentschutz, Lizenzen sowie direkte Subventionierung von "Pionierunternehmen". Erziehungszölle als Massnahme der Aussenhandelspolitik wurden in der Frühindu- strialisierungsphase Kontinentaleuropas erfolgreich (gegenüber England) genutzt, ebenso wie beim Aufbau der amerikanischen Eisen- und Stahlindustrie. Heute spielen sie vor allem in den unterentwickelten Ländern eine wichtige Rolle. Literatur: Bender, D., Aussenhandel, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 1, 5. Aufl., München 1992, S. 417ff. Hoffmann, L./Fikentscher, W, Zölle, I: Theorie und Politik, in: HdWW, Bd. 9, Stuttgart 1981, S. 630 ff.
Durch sie sollen inländische Wirtschaftsbereiche vor ausländischer Konkurrenz (vorübergehend) geschützt werden. Durch E. sollen sich inländische Produzenten nicht nur auf dem Binnenmarkt behaupten, sondern auch eine internationale Wettbewerbsfähigkeit gegenüber derzeit überlegenen Wettbewerbern aus fortschrittlicheren Ländern erlangen können. Dies ist die theoretische Rechtfertigung für E. Denn erst ein höheres Entwicklungsniveau gibt den Anbietern aus zunächst rückschrittlicheren Volkswirtschaften die Chance, ebenbürtige Partner in einem freien globalen Wettbewerb zu werden.
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