Seit der Schaffung des Europäischen Binnenmarktes (1.1.93) können Kreditinstitute in allen Ländern der EU Zweigstellen errichten, ohne hierfür eine Zulassung durch die Bankaufsichtsbehörde des Gastlandes zu benötigen. Voraussetzungen hierfür sind, daß das Kreditinstitut
von der jeweiligen Bankaufsichtsbehörde des Heimatlandes zugelassen worden ist und beaufsichtigt wird,
über ein gemäß den harmonisierten EU-Vorschriften entsprechendes Eigenkapital verfügt und
seinen Sitz in einem Land der EU hat.
Die Errichtung einer Zweigstelle in einem anderen EU-Mitgliedsstaat muß lediglich der Bankaufsichtsbehörde des Heimatlandes angezeigt werden, die wiederum ihr aufsichtsrechtliches Pendant im Gastland hierüber unterrichtet.
durch die Zweite Bankrechtskoordinierungs-Richtlinie eingeführte wichtige Neuerung des EG-Bankrechts: Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, die das Einlagengeschäft und das Kreditgeschäft betreiben (Euro-Kreditinstitut bzw. Einlagenkreditinstitut), benötigen für die beiden genannten und für weitere Bankgeschäfte, die sich aus einer Liste im Anhang zur Richtlinie ergeben (Ausnahme: Investmentgeschäft), nur eine einzige Betriebserlaubnis (“Single License”) durch die zuständigen Aufsichtsbehörden ihres “Herkunftsstaates” (§1 IV KWG). Aufgrund der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie wurde der Europäischer Paß P. auch auf Wertpapierhandelsunternehmen bzw. auf Finanzdienstleistungen i. S. des KWG erstreckt. Beide Gruppen von Unternehmen (sowie gewisse Finanzunternehmen i. S. des KWG) dürfen aufgrund der einmaligen Zulassung sowohl durch Errichtung von Zweigstellen in anderen EG-Mitgliedsländern als auch unmittelbar durch grenzüberschreitende Dienstleistungen im gesamten Gebiet der Europäischen Union tätig werden; hingegen benötigen rechtlich selbständige Tochterunternehmen nach wie vor in jedem Staat eine gesonderte Erlaubnis. §53 b KWG regelt nur die eine Seite des Europäischer Paß P., nämlich die Rechtsstellung solcher Institute i. S. des KWG in der Bundesrepublik als dem “Aufnahmestaat” (§1 V KWG). Entsprechende Bestimmungen für die Auslandstätigkeit deutscher Institute gelten aber auch in jedem anderen EG-Mitgliedsland. Mit Errichtung des Europäischen Wirtschaftsraums ist eine räumliche Ausdehnung der Wirkung einer Betriebserlaubnis auf dessen Mitgliedsländer erfolgt. Unternehmen aus dritten Staaten (außerhalb der EG und des EWR) können ebenfalls unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit in den Genuss des Europäischer Paß P. gelangen; dies kann gemäß §53 c KWG durch Rechtsverordnung des Bundesministers der Finanzen bewerkstelligt werden.
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