Abk. für Societas Europaea, andere Bezeichnung für Europäische (Aktien)Gesellschaft bzw. Europa-AG. Das Mindestkapital zur Gründung einer S.E. wurde auf 120 000 Euro festgesetzt, so dass auch mittelständische Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten eine solche gründen können.
Der Wunsch, Unternehmen in Europa zu etablieren, die nicht in einem nationalen Recht verwurzelt sind, sondern einen transnationalen Charakter haben, führte bereits 1970 zu einem Vorschlag einer Sonderkommission der EG. So wurde angestrebt, eine Europäische Gesellschaft (Societas Europaea; S.E.) in Form einer Aktiengesellschaft zu konzipieren. Em Richtlinienentwurf des Status einer S.E. wurde bereits 1989 von der Kommission und 1991 vom Parlament der EG vorgelegt (vgl. Niedenhoff, 1995, S.E. 90ff.; Wunsch-Semmler, 1995, S.E. 74ff).
In der Zwischenzeit wurde über eine Vielzahl von Initiativen und Vorschlägen versucht, diese Form der europäischen Aktiengesellschaft zu realisieren. Am 20. Dezember 2000 hat die Europäische Kommission eine im EU-Ministerrat erzielte politische Einigung über den Verordnungsvorschlag zum Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (S.E.) gebilligt. Nach der politischen Einigung im Rat wird nun das Europäische Parlament zu den Vorschlägen konsultiert. Die Rechtsakte dürften in 2001 erlassen werden und drei Jahre später 2004 in Kraft treten. Die Verabschiedung des SE-Statuts ist eine der zehn Prioritäten, die die Kommission als unerlässlich für die Errichtung eines voll integrierten Markts der Finanzdienstleistungen im Sinne des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen eingestuft hat, zu dessen Umsetzung sich die Mitgliedstaaten bis 2005 verpflichtet haben (vgl. Europäische Kommission, 2000b, S.E. 12).
Die Wahl der Aktiengesellschaft als Rechtsform beruht darauf, dass sie in allen nationalen Rechten der EU bekannt ist, eine hohe Flexibilität in ihren Möglichkeiten der inneren Ausgestaltung aufweist und nicht zuletzt umfassende Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung hat.
Eine S.E. kann auf drei verschiedene Arten gegründet werden:
- durch Verschmelzung von zwei oder mehr Aktiengesellschaften aus mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten durch Bildung einer S.E.-Holdinggesellschaft, an der Aktiengesellschaften oder GmbHs aus mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind
- durch Gründung einer S.E.-Tochtergesellschaft durch Gesellschaften aus mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten
- durch Umwandlung einer Aktiengesellschaft, die seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat hat, in eine S.E.
Die praktische Bedeutung des S.E.-Statuts besteht darin, dass Unternehmen mit Niederlassungen in mehreren Mitgliedstaaten auf der Grundlage einheitlicher Regeln fusionieren und mit einem einheitlichen Management und Berichtssystem überall in der Europäischen Union tätig werden können, ohne mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand ein Netz von Tochtergesellschaften errichten zu müssen, für die unterschiedliche nationale Vorschriften gelten. Vorteile ergeben sich insbesondere durch deutlich geringere Verwaltungs- und Rechtskosten, eine einzige Rechtsstruktur, eine einheitliche Geschäftsführung und ein einheitliches Berichtssystem.
Ein als Europäische Aktiengesellschaft verfasstes Unternehmen lässt sich schnell und problemlos umstrukturieren, um die Geschäftsmöglichkeiten, die der Binnenmarkt bietet, optimal nutzen zu können. Europäische Aktiengesellschaften mit Geschäftsinteressen in mehreren Mitgliedstaaten können Landesgrenzen ohne weiteres überwinden, wenn dies auf Grund sich ändernder Geschäftsbedingungen erforderlich ist, da das S.E.-Statut die Verlegung des Satzungssitzes erlaubt.
Siehe auch EWIV .
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