(time lag) beschreibt den Zeitraum von der Eingriffsnotwendigkeit (t.) über deren Diagnose (t1), der anschliessenden Prognose und. dem Treffen der erforderlichen Entscheidungen (t2), deren Durchführung (t3), der korrigierenden Wirkung der eingesetzten Instrumente (t4 bis t5) bis hin zum Erkennen der Zielrealisierung (t6) (vgl. Abb.). Insbesondere die Effizienz der Konjunkturpolitik hängt entscheidend von der Qualität und Schnelligkeit der Bestimmung der gegenwärtigen Lage im Konjunkturzyklus (der Diagnose) und dem Erkennen zukünftiger Fehlentwicklungen (der Prognose) ab. Die Zukunft wird sich zwar nie in dem Masse ausleuchten lassen, wie es die Politiker gern sähen. Trotz der Wahl von Frühindikatoren (wie des Auftragseingangs, der der Produktion vorausläuft), ergänzender Tendenzbefragungen und verfeinerter Prognosemodelle werden Verzögerungen unvermeidbar bleiben. Die Risiken können bestenfalls verringert, nicht aber ausgeschlossen werden. Legen dann die erfassten konjunkturellen Daten eine antizyklische Entscheidung nahe, so muss diese erst noch ökonomisch gefunden, mit anderen Zielen, die gleichfalls von ihr tan- giert werden, abgestimmt, danach auch politisch, d. h. in der Regierung und im Parlament bzw. bei geldpolitischen Massnahmen im Zentralbankrat, durchgesetzt und schliesslich die Wirkung des Mitteleinsatzes abgewartet werden. Die Entscheidungsverzögerung der Geldpolitik ist gering, da der autonom handelnde Zentralbankrat keine parlamentarische Zustimmung suchen muss und über fein dosier-bare Instrumente verfügt. Die Fiskalpolitik steht dagegen vor einem langwierigen Entscheidungsprozess. Nach der Diagnose und der Entscheidung in der Administration steht das formelle Gesetzgebungsverfahren an. Besteht Einigkeit über ein Programm, dann lässt es sich schnell über die parlamentarischen Hürden bringen. Bleibt das Programm aus sachlichen (wegen Prognoserisiken) oder aus politischen Gründen (innerhalb der Regierungsfraktionen, im Bundestag oder im Bundesrat) umstritten, wird sich das Gesetzgebungsverfahren hinziehen. Die Wirkung der eingeleiteten Massnahmen muss sorgfältig überprüft werden. Auf die Situationsanalyse, die den konjunkturpolitischen Entscheidungsprozess einleitet, folgt die Wirkungskontrolle. Reicht die Dosierung nicht aus, sei es, weil während des Entscheidungsprozesses die konjunkturelle Schubkraft gestiegen ist, sei es, weil im politischen Kompromiss das Massnahmenbündel beschnitten wurde, müssen Instrumente nachgeschoben werden. Der langwierige Entscheidungsprozess beginnt somit von neuem. Sind erfolgversprechende Entschlüsse endlich gefasst und die korrigierenden Massnahmen in Kraft gesetzt, gilt es, den Wirkungsprozess — auch Übertragungsweg (Transmissionsmechanismus) genannt — im Auge zu behalten. Hilfe leisten dabei sog. Zwischenziele. Der monetäre Impuls wird "vorläufig" nach seiner Wirkung auf die Geldmenge oder den (Kapitalmarkt-) Zins, der fiskalische Anstoss z.B. nach seinem Einfluss auf den Auftragseingang beurteilt. Die Zwischenziele zeigen an, ob der wirtschaftspolitische Anstoss die erste Etappe auf dem Übertragungsweg wie geplant zurückgelegt hat. Die Fiskalpolitik muss zwar mit einer erheblich längeren Entscheidungsverzögerung leben, sind ihre Programme aber schliesslich verabschiedet, dann erreichen diese die Nachfrage schneller als die Geldpolitik; denn mit der Steuerpolitik und den Transfers spricht jene unmittelbar die finanzielle Basis der Kaufentscheidungen an, über die öffentlichen Investitionen tritt sie sogar selbst als Nachfrager auf. Die Länge und die Variabilität der Wirkungsverzögerung stellen für die diskretionäre Politik eine Herausforderung dar, der sie sich in der Vergangenheit nur selten gewachsen zeigte. Literatur: Giersch, H., Konjunktur- und Wachstumspolitik in der weltoffenen Wirtschaft, Wiesbaden 1977. Teichmann, U., Grundriss der Konjunkturpolitik, 4. Aufl., München 1988.
s. Time Lags
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