Der Begriff der Finanzierung „aus Rückstellungen” kann im Zusammenhang mit der Analyse und Gestaltung der Innenfinanzierung in dreifacher Weise interpretiert werden:
(1) Bei dem primär im Bereich der Jahresabschlussanalyse anzutreffenden Versuch, das Volumen der Innenfinanzierung als Cash Flow auf indirektem Wege aus Jahresabschlussgrössen zu ermitteln, stellt die Veränderung der Rückstellungen eine Korrekturgrösse dar. Der Betrag der in die GuVRechnung als Aufwand eingegangenen Erhöhung der Rückstellungen ist als nicht zahlungswirksame Aufwandsgrösse zum Jahresüberschuss hinzuzuaddieren und damit letztlich aus der Rechnung zu eliminieren. Im Endeffekt wird dadurch erreicht, dass das Ausmass der Rückstellungsbildung für den als Ergebnis der Rechnung zu ermittelnden Cash Flow ohne Bedeutung ist.
(2) Die Gestaltung von Rückstellungen stellt ein Instrument im Rahmen des Cash FlowManagements dar, mit dem versucht werden kann, über die Höhe der (steuerlichen) Abschreibung auf die Steuerbemessungsgrundlage der betrachteten Periode und damit — zeitlich versetzt — auch auf die Steuerzahlungen als einem Element der Negativkomponente des Innenfinanzierungssaldos einzuwirken. Wird der Innenfinanzierungsbegriff auf den nach Ausschüttungen verbleibenden Zahlungsüberschuss ausgeweitet, stellt die Bildung von Rückstellungen zugleich auch als Gestaltungsparameter der Ausschüttungspolitik (vgl. auch Rücklagenpolitik) ein Instrument des Cash Flow-Managements dar.
(3) Im älteren Schrifttum wird die Bildung von Rückstellungen schliesslich in gedanklicher Vermischung der unter
(1) und
(2) angesprochenen Gesichtspunkte als unmittelbare Finanzierungsquelle angesehen. Obwohl diese Darstellungsform in unreflektierter Adaption älterer Quellen gelegentlich auch noch in jüngeren Lehrbuchpräsentationen anzutreffen ist, muss sie mangels konzeptioneller Fundierung als nicht haltbar angesehen werden. Siehe auch Cash Flow sowie Rückstellungen, jeweils mit Literaturangaben.
Literatur: Bitz, M.: Finanzierung als Marktprozess — Reflexionen zu Inhalt und Differenzierung des Finanzierungsbegriffs, in: Gerke, W. (Hrsg.): Planwirtschaft am Ende — Marktwirtschaft in der Krise?, Festschrift für Wolfram Engels, Stuttgart 1994, S. 187-216; Bitz, M., Terstege, U: Grundlagen des Cash-Flow-Managements, in: Krimphove, D., Tytko, D. (Hrsg.): Praktiker-Handbuch Unternehmensfinanzierung — Kapitalbeschaffung und Rating für mittelständische Unternehmen, Stuttgart 2002, S. 343- 372 .
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