Darbietungsform von Informationen in den gedruckten und elektronischen Medien. Der Medienstil wird v. a. durch die technischen Medien und die gesellschaftliche Entwicklung (insb. durch die Informationsüberflutung) geprägt. Da die gesellschaftliche Entwicklung wiederum stark vom Einfluß der modernen Technik bestimmt wird, kann der technische Fortschritt als entscheidende Bestimmungsgröße für den Medienstil angesehen werden. Eine zentrale Bedeutung hat dabei der Einfluß des Fernsehens mit seinem bildbetonten, dynamischen Stil. Dieser Stil hat nach Ansicht des Medienphilosophen Postman zu einer „elektronischen und visuellen Revolution“ der Kommunikation geführt: Das Fernsehen bestreitet über die Hälfte der gesamten Mediennutzung in der Freizeit. Täglich sieht der Bundesbürger über zwei Stunden fern, er liest dagegen weniger als 30 Minuten in der Zeitung (einschließlich Bild- Zeitung). Der Konsum von gedruckten Medien ist in der jüngeren Generation auf dem Rückzug: Die tägliche Reichweite der Printmedien ist bei Jugendlichen zwischen 14 und 29 Jahren seit den 1970 er Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen (nach einer BerechnungdesSPIEGEL, 1986,Nr. 10,S. 110). Dabei ist zu beachten, dass auch im Bereich der gedruckten Medien bildbetonte Medien wie Comics, Bildzeitungen und illustrierte Zeitschriften Vordringen. Ein Beispiel ist der internationale Siegeszug der bebilderten amerikanischen Zeitung USA Today (nicht zu übersehen ist auch die zunehmende Dominanz von akustischen Bildern im Radio). Der Einfluß der Bildkommunikation prägt sogar die Erwartungen, welche die Konsumenten an die sprachliche Informationsvermittlung stellen: Danach sind sprachliche Informationen in kleinen, handlicnen Brocken schnell und leicht verständlich und unterhaltend verpackt darzubieten. Versucht man, den gegenwärtig vom Fernsehen geprägten Medienstil zu kennzeichnen, so treten folgende Eigenschaften hervor: reduzierte Komplexität, kurze, dynamische Informationssequenzen, aufreizende und unterhaltsame Darbietung, sinnlich wahrnehmbare Inszenierung von Information. In diesem Stil spiegelt sich v. a. der starke Einfluß des bewegten Bildes im Fernsehen wider. Darin erhalten sogar die Bilder in den Printmedien mehr Bewegung und Dynamik; bloß statische Fotos stoßen auf weniger Akzeptanz. Das gilt auch für die Anzeigenwerbung (Stern, 1986, S. 164). Entsprechende Veränderungen im Rundfunk führen dazu, dass die Nachrichten wesentlich kürzer werden; im privaten Rundfunk werden sie inzwischen abwechselnd von zwei Sprechern vorgetragen. Schnelle Korrespondentenberichte und kurze Musikeinlagen während der Nachrichten sorgen für Abwechslung.
Die größte Bedeutung für die Marktkommunikation hat die aufreizende, unterhaltsame und sinnlich wahrnehmbare Inszenierung der Information in den gegenwärtigen Medien. Aufreizend: Durch professionellen Einsatz von Aktivierungstechniken (Aktivierung) wird versucht, das Medium und die im Medium enthaltenen Informationen in der Informationsflut sichtbar zu machen. Abb. 1 zeigt dazu ein aufschlußreiches Beispiel: Zwei Titelbilder des SPIEGEL, eines aus den 60 er Jahren und ein aufreizendes von heute. Unterhaltsam: Die „Superideologie unseres Fernsehzeitalters ist die Unterhaltung“ (Postman, 1985, S. 110). Die unterhaltsame Verpackung der Information trägt heute entscheidend zu ihrer Akzeptanz bei. Das gilt v. a. für die Werbung, die sich an wenig involvierte Konsumenten wendet: Da sich wenig involvierte Konsumenten kaum mit dem Inhalt der Werbung auseinandersetzen, wird die Aufmachung der Werbung zum Angelpunkt für die Marken- und Firmenakzeptanz und die Präferenz (Low-Involvement-Mo- dell der Werbewirkung). In einer Befragung der GWA-Werbeagenturen stellte sich heraus, dass die stärkste Veränderung, welche die Agenturen in Zukunft erwarten, der größere Unterhaitungswert der Werbung ist (vgl. Abb.2). Sinnlich wahrnehmbar: Bildkommunikation wirkt v. a. deswegen stärker als Sprachkommunikation auf das Verhalten ein, weil Bilder die Realität und damit die Umweltbedingungen des Menschen besser „simulieren“. Die Bilder bringen dem Empfänger die reale Welt sinnlich und emotional erlebbar nahe (Bildkommunikation, Emotionale Kommunikation). Die Werbung macht sich diese Simulationswirkung des Bildes in zunehmendem Maße zunutze: Statt bloß Produkte abzubilden Anmerkung-, Ansichten von GWA-Agenturen überdie Werbung der Zukunft. Zustimmung gemessen auf einer Skala von 1 bis 7 mit „1“ als geringstem Wert: geringe Zustimmung Werte 1 -2, mittlere 3-5,starke
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7. Nach Andreser und Rüge ,1985. und über Produkteigenschaften zu reden (= Orientierung am sprachlichen Argumentationsstil), geht sie dazu über, den Produktnutzen in einer emotional erlebbaren Weise zu inszenieren (= Orientierung am Fernseh- stil). Beispiele: Statt über den Benzinverbrauch eines Autos zu informieren, wird in einem Fernsehspot gezeigt, wie oft ein junger Mann zwischen seinen beiden Freundinnen in Köln und Frankfurt mit einer Tankfüllung hin- und herfahren kann (Werbung für den Ford Fiesta). Oder: In modernen Versandhauskatalogen werden Waren nicht mehr bloß abgebildet und beschrieben, sondern in Form von Lebensstilszenen erlebbar gemacht. Der hier skizzierte Umbruch des Medienstils beginnt sich erst abzuzeichnen, er wird die Marktkommunikation der Zukunft wesentlich bestimmen.
Literatur: Andresen, T. BRüge, H.-D., Wie die Manager die Werbung der 90 er Jahre sehen, in: absatzwirtschaft, 28. Jg. (1985), Nr.9, S.72-73. Kroeber-Riel, W., Die Werbung von morgen muss Firmen und Marken inszenieren, in: HARVARD- manager, 11. Jg. (1989), Heft 3, S. 78-86. Postman, N., Wir amüsieren uns zu Tode, Frankfurt 1985. STERN-Anzeigenabteilung, Anzeigen-Copy- tests - Erkenntnisse aus 10 Jahren Argus, Grüner & Jahr, Hamburg 1986.
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