Die Gruppe der nichtparametrischen Testverfahren enthalten all diejenigen statistischen Signifikanztests, die ohne Annahmen über einzelne Parameter der Verteilungsfunktion der Stichprobenvariablen durchgeführt werden können. Die Gruppe der verteilungsfreien Verfahren kommt dabei ganz ohne Annahmen über die spezielle Gestalt der Verteilungsfunktion der Grundgesamtheit aus. Ein nichtparametrisches Testverfahren ist somit immer dann gegenüber einem parametrischen Analogon vorzuziehen, wenn die dem parametrischen Test zugrundeliegenden Annahmen über die Verteilung der Grundgesamtheit in ihrer Gültigkeit angezweifelt werden müssen. Viele parametrische Tests können bei kleinen Stichprobenumfängen nur für normalverteilte Merkmale durchgeführt werden. Die Normalverteilungsannahme ist jedoch häufig schwer zu überprüfen oder aus logischen Erwägungen nicht haltbar. Gerade im Bereich des Marketing hat man es häufig mit schiefen oder mehrgipfeligen Verteilungen der Grundgesamtheit zu tun, wie etwa bei den Merkmalen Haushaltseinkommen, Wie- derkaufhäufigkeiten, Preiseinschätzungen von Produkten, Wahrnehmungsdauer von Werbemedien oder Pro-Kopf-Umsätze der Kunden.Die Gruppe der nichtparametri- schen Tests läßt sich einerseits nach der Zahl der in sie einfließenden Stichproben und andererseits nach der Formulierung der Hypothesen unterscheiden. Im ersten Fall trennt man nach Einstichproben-, Zweistichproben- und k-Stichprobenproblemen (k>3), wobei bei den MehrStichprobenproblemen noch nach unabhängigen oder verbundenen Stichproben zu differenzieren ist. Im zweiten Fall sind als wichtige Untergruppen Tests auf Güte der Anpassung, Tests auf Unabhängigkeit, Tests auf Zufälligkeit und Tests auf La- ge- oder Variabilitätsalternativen zu nennen. Liegt eine einfache Stichprobe vor, kann man sich für die folgenden zwei Fragen interessieren: Ist die Grundgesamtheit nach einer speziellen Verteilungsfunktion verteilt bzw. entspricht der Median der Grundgesamtheit einem bestimmten Wert? Die erste Frage kann mit einem Anpassungstest überprüft werden. Bekannte Anpassungstests sind der Chi-Quadrat Anpassungstest und der Kolmogoroff-Smirnov Test. Auf die zweite Fragestellung läßt sich der Wilco- xon Vorzeichen-Rangtest anwenden. Bei zwei unabhängigen Stichproben kann man zunächst allgemein nach der Identität der Verteilungsfunktionen der beiden Grundgesamtheiten fragen. Liegen den Stichprobenmerkmalen stetige Verteilungsfunktionen zugrunde, erweist sich der Kolmogoroff- Smirnov Test wiederum als geeignetes Testverfahren. Kann dagegen unterstellt werden, dass beide Stichproben aus Grundgesamtheiten des gleichen Verteilungstyps stammen, und besteht lediglich Unklarkeit über die Gleichheit eines Lageparameters, kann der Wilcoxon Rangsummentest als nichtparametrisches Testverfahren eingesetzt werden. Der Vorzeichentest als ältester nichtparametrischer Test vergleicht die Realisationen zweier verbundener Stichproben und prüft diese auf systematische Größenunterschiede. Schließlich kann mit dem Chi-Quadrat Unabhängigkeitstest, der auch als Kontingenztest bekannt ist, ein Paar von Stichprobenvariablen auf ihre Unabhängigkeit hin überprüft werden. Eine Verallgemeinerung des Wilcoxon Rangsummentests stellt der Kruskal-Wallis Test zur Überprüfung von Lokationsunterschieden in k unabhängigen Stichproben dar. Er ist als nichtparametrisches Analogon zur einfachen parametrischen Varianzanalyse zu sehen. Der Friedman Test erlaubt die Bearbeitung eines einfaktoriellen Blockdesigns. Er ist damit als nichtparametrischer Vertreter einer einfachen Varianzanalyse bei verbundenen Stichproben zu sehen. Als wesentlicher Vorteil der nichtparametrischen Testverfahren ist ihre universelle Anwendbarkeit auch auf Daten eines niedrigeren Skalenniveaus wie etwa nominale oder ordinale Daten zu sehen. Die relativ schwachen Voraussetzungen der verschiedenen Tests sind i. d. R. erfüllt. Es findet sich daher in fast allen Testsituationen ein nichtparametrisches Verfahren, das mit den vorliegenden Daten durchgeführt werden kann. Als Nachteil ist zu sehen, dass die Verteilungen der Teststatistiken gerade für kleine Stichprobenumfänge jeweils eine eigene Vertafelung erfordern. Approximationen durch bekannte Verteilungen sind meist nur für größere Stichprobenumfänge möglich. Sind die Voraussetzungen für einen parametrischen Test erfüllt, sollte dieser auch dem nichtparametrischen Verfahren vorgezogen werden, da die parametrischen Verfahren die vorliegende Stichprobeninformation effizienter nutzen und damit von größerer Güte sind. Einen einführenden Überblick über die bekanntesten verteilungsfreien und nichtparametrischen Prüfverfahren geben Büning und Trenkler(978). Eine weitere führende Vertiefung in eine Vielzahl von Testvarianten findet man bei Lienert (1973,1978).
Literatur: Bünmg,H.; Trenkler, G.,Nichtparametrische statistische Methoden, Berlin, New York Lienert, G. A., Verteilungsfreie Methoden in der Biostatistik, Bd. 1, Meisenheim 1973. Lienert, G. A., Verteilungsfreie Methoden in der Biostatistik, Bd. 2, Meisenheim 1978.
Vorhergehender Fachbegriff: nichtparametrische Statistik | Nächster Fachbegriff: Nichtpreiswettbewerb
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|