Die Preispolitik kann insb. durch Steuerwirkungen
(1) auf Seiten des anbietenden Unternehmens, zum anderen durch Steuerwirkungen
(2) auf Seiten des Leistungsabnehmers beeinflußt werden. Beim Anbieter zeigt sich der Steuereinfluß auf die Preisforderung insb. in der Überwälzungsproblematik, in Signal- und Mitnahmeeffekten: Eher finanzwissenschaftlich als betriebswirtschaftlich spielt die Frage der sog. Steuerüberwälzung eine besonderere Rolle. Sie stellt den gelungenen Versuch eines Unternehmens dar, eine neu eingeführte oder erhöhte, beim Unternehmen erhobene Steuer durch Absatzpreiserhöhungen (Vorwälzung) oder Faktoreinsatzpreissenkungen (Rückwälzung) so zu kompensieren, dass der Gewinn des Unternehmens unverändert bleibt. Teilweise wird auch von sog. Schrägüberwälzung gesprochen, wenn andere als die von der Steuererhebung betroffenen Produkte im Preis erhöht werden. Oft wird auch unter Steuerüberwälzung der Einfluß auf den modellanalytisch „optimalen“ Preis verstanden. Uber die Bedingungen und Möglichkeiten der Steuerüberwälzung im Absatzpreis bestehen vielfältige mikro- und makroökonomische modellgestützte Auffassungen, deren Annahmen häufig wenig realitätsnah sind. So wird z. B. bei konstanterund linearerPreisre- sponsefunktion den Substanzsteuern (wegen deren Fixkostencharakter) und den Ertragsteuern (wegen deren Proportionalität zum Gewinn) kein, wohl aber den Faktoreinsatz- und Endproduktmengensteuern sowie der Umsatzsteuer (wegen deren Erhöhung der Grenzkosten) ein Einfluß auf die Preispolitik beigemessen (Simon, 1983). Generell wird häufig die Überwälzbarkeit von sog. Kostensteuern bejaht, von Gewinnsteuern z.T. verneint. Vom Kostencharakter ist die Überwälzbarkeit aber praktisch nur in den Fällen derkostenorientiertenPreisbildung(z.B.bei öffentlichen Aufträgen) abhängig. Entscheidend für eine erfolgreiche Überwälzung von Steuern unter Wettbewerbsverhältnissen der Praxis sind weniger die Steuerarten als die Reaktionen der Konkurrenten und der Abnehmer. Von betriebswirtschaftlicher Bedeutung sind auch sog. Signaleffekte, die eine Um- satzsteigerung vor dem Inkrafttreten bereits durch die Ankündigung einer Steuererhöhung erwarten lassen. Preispolitische Mitnahmeeffekte können durch zeitliches Vorziehen oder betragsmäßiges Übersteigen der steuerbegründeten Preiserhöhung gegenüber der tatsächlichen Steuerbelastung entstehen. Umgekehrt können Mitnahmeeffekte auch bei der verzögerten oder unterproportionalen Preissenkung anläßlich von Steuersenkungen (z.B. beim Wegfall der Getränkesteuer) auftreten. Preisabhängige Steuererleichterungen oder Steuerbelastungen auf Seiten des Abnehmers können Einfluß auf dessen Preisakzeptanz ausüben: Eine generelle Steuerbegünstigung des Erwerbs eines Wirtschaftsguts (z.B. Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe (§4 Abs. 4 EStG), Sonderausgabenabzug für Versicherungsbeiträge (§ 10 EStG), Sonderabschreibung, erhöhte AfA (§§ 81 d EStDV, 7e EStG) Bewertungsabschlag (§ 80 EStDV), Steuerkürzungsbetrag (Abnehmerpräferenz) gem. § 1 BerlinFG: Kfz-Steuerermä- ßigung/- Befreiung von Katalysatorfahrzeugen; Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG) bewirkt u.U. eine Rechtsverschiebung der Preis-Absatz-Funktion, weil für einen steuerbewussten Abnehmer nicht der ausgehandelte Preis, sondern der Betrag nach Abzug der Steuererleichterung maßgeblich sein wird. Umgekehrt kann der Wegfall einer generellen Steuerbegünstigung die Preis-Absatzfunktion nach links verschieben; das gilt auch bei Einführung eines prozentualen „Selbst- behalts“ des Steuerpflichtigen, wie z.B. bei den Bewirtungskosten (§4 Abs. 5 Nr. 2 EStG) oder der Preissteigerungsrücklage (§74 EStDV). Ist die Steuerbegünstigung betragsmäßig nach Art eines Freibetrags beschränkt, so dass die Begünstigung nur bis zur „Steuer-Preis- grenze“ reicht (z.B. Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs durch eine „Angemessenheitsgrenze“, Repräsentationsaufwand), so entsteht ein Knick an der „SteuerPreisgrenze“ mit rechtsseitig anschließendem flacheren V erlauf. Ist die Steuerbegünstigung hingegen nach Art einer Freigrenze betragsmäßig beschränkt (z.B EUR 800,- Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter, §6 Abs. 2 EStG; EUR 75 - Grenze für die Abziehbarkeit von Werbegeschenken), so dass die Begünstigung bei Überschreitung der „Steuer-Preisgrenze“ vollkommen verloren geht, so ist mit einem Funktionssprung auf u. U. erheblich nierige- re Absatzmengen an der Steuer-Preisgrenze zu rechnen, weil die steuerbewussten Abnehmer dort sofort ihren gesamten Steuervorteil verlieren. Wegen der z.T. fehlenden Steuerbegünstigungwerden beide Funktionsbereiche u.U. auch unterschiedliche Neigungswinkel aufweisen. Der theoretisch denkbare Fall einer steuerlichen Preisuntergrenze (Begünstigung nur bei Preisen über einem bestimmten Betrag) ist derzeit nicht realisiert.
Literatur: Lange, R., Steuern in der Preispolitik und bei der Kalkulation, Wiesbaden 1989. Simon, , Preispolitik und Steuern, in: Der Betrieb 1983, S. 185 ff. Rose,G., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Wiesbaden 1986. Tischer,F., Der Einflußder Besteuerung auf die Gestaltung des Preisentschei- dungsprozesses in der Unternehmung, Wiesbaden Wacker, , Die Steuerwirkungen im Industriebetrieb, Nürnberg u.a. 1963.
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