Eine Verhandlung ist eine Situation, in der zwei oder mehr Parteien durch eine freiwillige V erhandlungsübereinkunft versuchen, einen zwischen den Parteien bestehenden Konflikt zu lösen. Das Ergebnis der Verhandlung soll ein von allen Parteien akzeptiertes und verbindliches Übereinkommen sein. Die Art und Weise, wie der Konflikt ausgetragen wird, zu welchem Ergebnis man kommt, und in welcher Beziehung die beteiligten Parteien nach der Verhandlung zueinander stehen, kann man als Verhandlungsweise oder Verhandlungsstil bezeichnen. Der Begriff geht damit über jenen der Verkaufsargumentation im persönlichen Verkauf hinaus und ist eher in die Interaktionstheorie und das sog. Beziehungsmanagement als in vordergründige Gesprächstechniken eingebettet. Jede Methode eines erfolgreichen Verhan- delns muss sich an übergeordneten Kriterien messen lassen. Dabei dürfte es unstrittig sein, dass in Anlehnung an die klassischen Tugenden für den Umgang der Menschen miteinander Merkmal einer guten Verhandlungsweise sein muß, zu einer klugen Übereinkunft in einer effizienten, d. h. zeit- und kostensparenden Weise zu gelangen. Dabei sollte ferner das Verhältnis der Parteien nach der Übereinkunft weiterhin gütlich sein, d. h. in eine gegenseitig positive Einstellung münden. Eine kluge Übereinkunft bedeutet, die legitimen Interessen jeder Verhandlungsseite in höchstmöglichem Maße zu erfüllen. Dabei sollte die Zufriedenheit jeder Seite auch auf Dauer sichergestellt sein und die Erzielung eines nur kurzlebigen Scheinnutzens vermieden werden. Verhandlungsprozesse sollten effizient sein, um den bezüglich des eigentlichen Verhandlungsgegenstandes erzielten Nutzen nicht indirekt durch die Kosten der Verhandlung wieder zu schmälern. Alle Ver- haltensweisen, die Verzögerungen oder gar den vorläufigen oder endgültigen Abbruch der Verhandlungen provozieren und damit die Kosten für die Übereinkunft erhöhen, sind zu vermeiden. Schließlich soll es bei Verhandlungen in aller Regel darum gehen, dass die beteiligten Seiten auch weiterhin noch gütlich miteinander auskommen. I.d. S. ist jedes ungütliche Verhandlungsergebnis eine Belastung für spätere Verhandlungsprozesse. Sowohl in der mehr formal orientierten Spieltheorie als auch in der soziologischen und sozialpsychologischen Verhandlungsforschung besteht Übereinstimmung dahingehend, dass die grundlegende Basis für den Charakter einer Verhandlungsmethode die motivationale Ausgangssituation der Verhandlungsparteien ist. Zur motivationalen Basis gehört auch die Grundeinstellung der Beteiligten zum Verhandlungsprozeß als solchem. Die prinzipielle Motivation ergibt sich aus der Besonderheit von Verhandlungssituationen, die in der Realität i. a. als sog. „mixed motive“-Situationen vorliegen. Darunter wird verstanden, dass einerseits die Erzielung einer für beide Seiten lohnenden Übereinkunft die Bereitschaft der Partner voraussetzt, mit einer mehr oder minder großen Kooperationsbereitschaft die Alternativen einer pareto-optimalen Übereinkunft herauszusuchen, und dass andererseits die Interessen der Verhandlungspartner für Teilbereiche des Verhandlungsgegenstandes innerhalb des pareto-optimalen Bereiches entgegengesetzt sind. Die Motivation bewegt sich also zwischen den Extremen der konzessionsbereiten Kooperation und dem individualistischen Egoismus größtmöglicher Gewinnerzielung. Dieses v. a. in der Spieltheorie entwickelte Motivationsparadigma ist zu ergänzen durch die in der Soziologie und in der Ökonomie entwickelten Motivkonzepte. Hierzu gehört als dritte Motivation v. a. die soziale Motivation, die Individuen dazu bewegt, sich so zu verhalten, wie es Normen in der gesellschaftlichen Umwelt vorschreiben. Als vierte Motivation wäre schließlich die der sachbezogenen Problemlösung zu nennen, die v. a. für ökonomische Fragestellungen große Bedeutung erlangt hat. Aus dem gesamten Motivationsspektrum lassen sich im wesentlichen drei unterschiedliche Verhandlungsstile ableiten (vgl. Abb.). Die soziale Motivation führt v. a. zu der Allegorie der Familie und der Partnerschaft, woraus die Form des sog. weichen, freundschaftlichen Verhandlungsstils erwächst (soft selling). Demgegenüber steht der sog. harte, kompetitive Verhandlungsstil, der durch eine sehr weitgehende egoistische Motivation geprägt wird. Hier geht es darum, größtmöglichen Nutzen in materieller oder ideeller Hinsicht aus der Verhandlung zu ziehen. Ziel ist es, die Gegenseite zu besiegen. Wird dieser Verhandlungsstil in extremer Form angewandt, so wird er meist zu unklugen Ergebnissen, häufig auch zu ineffizienten Prozessen und generell zu einem ungütlichen Verhältnis der Parteien führen. Der sachbezogene Verhandlungsstil findet auf der Basis von Überzeugen und fairem Verhalten statt und ist von dem Ziel geprägt, eine für beide Seiten dauerhaft akzeptable Problemlösung zu finden. Dieser Verhandlungsstil ist v.a. von der Grundvorstellung geprägt, über Synergie-Effekte den Verhandlungsnutzen beider Seiten beträchtlich zu erhöhen. Fisher und Ury haben für diesen Verhandlungsstil das sog. Harvard-Konzept entwickelt.
Literatur: Crott H.; Kutschker, M.; Lamm, H., Verhandlungen, Bd. I und II, Stuttgart 1977. Diller, HKusterer, M., Beziehungsmanagement. Theoretische Grundlagen und explorative Befunde, in: Marketing-ZFP, 10. Jg. (1988), S. 211 ff.
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