Entsprechend den möglichen unterschiedlichen Forschungsstrategien lassen sich prinzipiell drei verschiedene Richtungen einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit Werten (Normen) unterscheiden. (1) Empirisch-theoretischer Ansatz: Das Problem ist bei dieser Forschungsstrategie die Beschreibung (Rekonstruktion) bzw. die theoretische Erklärung der Existenz von Werten, ihres Zustandekommens, der Gründe für ihre Geltung, ihrer Wirkungen in der sozialen Praxis (einschließlich der Wissenschaft) usw. Einigkeit besteht darüber, daß Werte (Normen) nicht per se (absolut) existieren, sondern menschliche Konstruktionen zur Steuerung kollektiven bzw. individuellen Verhaltens sind. Was sich durch empirische Forschung feststellen läßt, ist eine Mannigfaltigkeit übereinstimmender, teils konfliktärer Wertungen, aber keinesfalls ein einheitliches bzw. absolutes Wertsystem.
Technologische Konzeption: Die Problemstellung bei dieser Forschungsstrategie liegt darin, welche Werte in einer bestimmten historischen Situation in einer bestimmten Gesellschaft bzw. in bestimmten Teilen dieser Gesellschaft als sinnvoll unter bestimmten hypothetisch gesetzten Zielsetzungen anzusehen sind. Dabei sind auch Probleme der Wertordnungen (Werthierarchien) usw. zu lösen. Im Hinblick auf die Realisierung der technologischen Zielsetzung ist die Wertlehre auf Ergehnisse der Fachwissenschaften sowohl der Formalwie Realwissenschaften angewiesen. Im Rahmen technologischer Normenanalyse lassen sich Normen rational kritisieren anhand der Wirkungen, die aus der Befolgung dieser Normen für die Gesellschaft, für einzelne Gesellschaftsgruppen oder für das einzelne Individuum resultieren können.
Normative Forschungsstrategie: Hier werden Werte bzw. Werthierarchien postuliert und deren Befolgung gefordert.
Je nach wissenschaftstheoretischem Standpunkt (Wissenschaftstheorie) beschränken sich die Aufgabenstellungen einer allgemeinen Wertlehre auf die Konzeptionen (1) und = Standpunkt des kritischen Rationalismus, bzw. (1) einschl. (2) und = Position des Konstruktivismus bzw. der kritischen Theorie. Konstruktivisten sind der Überzeugung, daß eine normative Wertlehre methodisch möglich sei und Normenprobleme methodisch sicher entschieden werden könnten, während kritische Rationalisten die Sliche nach einer positiven Basis für unfruchtbar und die methodische Sicherheit von Begründungsverfahren nur für scheinbar halten und statt dessen eine systematische Sliche nach und die Elimination von Irrtümern im einzelnen auch im Bereich der Normen befürworten, und zwar mit Hilfe hier von meta-ethischen Kriterien. Im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre reduziert sich das Wertproblem auf das sog. »Werturteilsproblem im Aussagenzusammenhang. Es geht hier um die Frage, oBund inwieweit Wertungen in das Aussagesystem der Betriebswirtschaftslehre aufgenommen werden und diese dadurch nor-mativiert werden sollen. Konstruktivisten wie kritische Rationalisten sind sich einig, daß versteckte Werturteile zu vermeiden bzw. zu dekuvrieren sind, während im Hinblick auf die Normativierung der Betriebswirtschaftslehre ein Grund legender Dis-sens besteht: kritische Rationalisten halten sie für unnötig und unfruchtbar, während Konstruktivisten sie für notwendig halten. Unstrittig zwischen den beiden unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen bzw. erkenntnistheoretischen Positionen in der Betriebswirtschaftslehre ist das Problem der Wertungen im Objektbereich der Betriebswirtschaftslehre (Werte bzw. Ziele als Objekte der betriebswirtschaftlichen Aussagen) und das Problem der Werturteile im Basisbereich der Betriebswirtschaftslehre, die dort die Entscheidungen über die Problemwahl (das Forschungsinteresse), die Wahl wissenschaftlicher Forschungsmethoden sowie die Entscheidung über die wissenschaftstheoretische Position und damit über die Regeln mitsteuern, denen man im Forschungsprozeß folgen will. Zu diesem letzten Entscheidungskomplex gehört dann die Entscheidung für das Prinzip der Werturteilsfreiheit im wissenschaftlichen Aussagenzusammenhang als Werturteil.
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