1) Innovation und organisatorisches Dilemma Die Aufgaben, die das Management in einem Innovationsprozeß zu bewältigen hat, sind typischerweise besonders komplex, unklar gegliedert, und sie treffen auf vielfältige Widerstände. Die organisatorischen Ranmen- bedingungen eines Innovationsprozesses sollten auf diese Besonderheiten abgestimmt sein. Um die Einführung einer Neuerung zu erleichtern, müssen also Strukturen gefunden werden, die mit Komplexität und Unklarheit vereinbar sind und die Innovations- widerstände abbauen helfen. Dazu gehören die nachstehend skizzierten Konzepte: Projektmanagement, Innovationsteams, eine den Erfordernissen des Innovationsprozesses angepaßte Art der Kommunikation und Information, innovativer Führungsstil, das richtige Anreizsystem und alles in allem eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur. Die einzelnen Phasen des Innovationsprozesses unterscheiden sich nach Komplexität, Formalisierung und Standardisierung. Am Anfang, in der Phase der Ideengenerierung, wird v. a. Kreativität benötigt, später ist es am wichtigsten, das Neue durchzusetzen und die Umsetzung zu kontrollieren. Kreativität entfaltet sich am besten ohne die Zwänge einer straffen organisatorischen Struktur, Durchsetzung und Kontrolle verlangen aber klar abgesteckte Kompetenzen und Regelungen. Deshalb spricht man vom organisatorischen Dilemma des Innovations- management. Der Ausweg, ein Innovations- vorhaben am Anfang locker, später straff zu organisieren (loose-tight-Regel), ist nicht unumstritten. 2) Projektmanagement Während Routineaufgaben am besten funktional organisiert sind, haben Projekte Querschnittscharakter, denn die Projektarbeit muss von mehreren Funktionen unterstützt werden. Das Projekt sprengt den üblichen Kompetenz-, Hierarchie- und Kommunikationsrahmen, der für standardisierte Entscheidungen und Abläufe geschaffen wurde. Als Hilfsmittel für das Projektmanagement stehen Methoden der Planung, Durchführung, Kontrolle und Dokumentation zur Verfügung, so zur Aufgabenzerlegung und -Verknüpfung das Lastenheft, zur Zeit- und Kostenplanung die Netzplantechnik. Ein Innovationsvorhaben kann grundsätzlich als Projekt definiert werden. So liegt es nahe, die Methoden des Projektmanagement auch auf Innovationsprozesse anzuwenden. Ihnen fehlen allerdings oft die klaren Aufgaben-, Kosten- und Terminvorgaben, die bei einer Projektbeschreibung üblich sind. Diese Eigenarten müssen im Innovations-Projekt- management berücksichtigt werden. Unter der Bezeichnung FuE-Controlling werden entsprechende Methoden bereitgestellt. 3) Innovationsteams Entsprechend der Querfunktionsidee werden Innovationsprojekte am besten als Team organisiert: Mitarbeiter aus verschiedenen Funktionen und Hierarchieebenen werden partiell oder (für die Projektlaufzeit) vollständig für die Projektarbeit freigestellt. Bei Produktinnovationsprojekten empfiehlt sich zumindest die Beteiligung von Marketing/Vertrieb, Entwicklung und Produktion. Dadurch können besonders kritische Schnittstellenfunktionen von vornherein überbrückt werden. Wenn das Team nach Funktion, Hierarchie und Persönlichkeit heterogen zusammengesetzt ist, hilft das, Ab- teilungsegoismen, Statusdenkenund Sprachbarrieren zu überwinden, wie sie zwischen Technikern und Wirtschaftlern typisch sind. Heterogenität fördert auch die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Innovationsprojekt. Inwieweit es sinnvoll ist, ein Innovations- team in die bestehende Organisation einzugliedern, hängt v. a. von der Unternehmensgröße ab. In kleineren Unternehmen mit wenigen Hierarchiestufen sollte eine umfassende Aktivierung und Integration der Organisationsmitglieder in den Innovationsprozeß realisiert werden. Dagegen empfiehlt sich bei größeren Unternehmen mit eher starren und bürokratischen Organisationstrukturen die Bildung kleinerer organisatorischer Untereinheiten. Dadurch werden dynamischere Strukturen geschaffen und die im Innovationsprozeß nötige Flexibilität gesichert. Die Umsetzung dieses Gedankens ist in jüngerer Zeit durch verschiedene Ansätze des Venture-Management bekannt geworden. Dazu bedient man sich der Gründung neuer Gliedbetriebe oder selbständiger Unternehmen durch eine Muttergesellschaft. Beim internen Venture-Management bleibt die neugegründete Einheit ein Teil der Muttergesellschaft. Dagegen entstehen beim externen Venture-Management rechtlich selbständige Gründungseinheiten. In beiden Fällen werden die Vorteile eines großen Unternehmens wie technologisches Know- how, Marktkenntnis, Finanzstärke etc. mit den Vorteilen kleinerer Organisationseinheiten kombiniert. 4) Kommunikationsstruktur und Informationsaustausch Information und Kommunikation haben einen hohen Stellenwert im Innovationspro- zeß. Die Anregungen zu einer Innovation können unterschiedlichen Quellen entstammen. Dies sind zum einen externe Quellen wie Kunden, Konkurrenten, soziales Umfeld etc. Externe Informationen stehen z. B. in Form von Datenbanken in großer Menge zur Verfügung. Um diese quantitativen Informationen in qualitative umzusetzen, d. h. auf den tatsächlichen Informationsbedarf abzustimmen, werden Gatekeeper eingesetzt. Ihre Aufgabe besteht darin, Verbindung zu externen Quellen herzustellen und alle Informationen so aufzubereiten, dass keine Informationsüberflutung stattfindet. Diese Funktion kann von verschiedenen Personen übernommen werden, so z. B. von einem Vorstandsassistenten oder einer Chefsekretärin. Neben den Anstößen von außen produzieren Mitarbeiter - beispielsweise der FuE- Abteilung - ständig neue Ideen. Damit kreative Ideen entstehen und sich entfalten können, darf die Kommunikation unter den Mitarbeitern und auch zwischen verschiedenen Hierarchiestufen nicht zu stark reglementiert sein. Es gibt viele Beispiele für originelle und erfolgreiche Produktideen, die durch informale Kommunikation zwischen Mitarbeitern entstanden sind. Während die in den anfänglichen Phasen des Innovations- prozesses erforderliche Kreativität ein hohes Maß an Kommunikationsfreiheit erfordert, findet im weiteren Phasenverlauf ein allmählicher Übergang zu gezielter Informationsversorgung statt. Dadurch werden die Kosten überflüssiger Kommunikation minimiert. Erfolgreiche Innovationsprozesse zeichnen sich dadurch aus, dass die Informationen nicht nur von oben nach unten, sondern auch umgekehrt fließen. 5) Führungsstil und Mitarbeiterbeteiligung Die Gestaltung einer innovationsförderlichen Organisation hängt eng zusammen mit der Wahl eines entsprechenden Führungsstils. Vereinfachend kann der Begriff Führungsstil durch den Grad der Beteiligung von Mitarbeitern an Entscheidungen erklärt werden. Entsprechend dieser Unterscheidung lassen sich verschiedene Ausprägungen beobachten, die jedoch nicht absolut diffe- renzierbar sind, sondern ein Kontinuumdar- stellen. Dieses Kontinuum reicht vom autoritären Führungsstil, bei dem keine oder nur sehr geringe Mitarbeiterbeteiligung vorliegt, bis hin zum kooperativen Führungsstil, der die Einbeziehung der Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung vorsieht. Innerhalb des Innovationsprozesses eignet sich der autoritäre Führungsstil nicht. Vor allem die Phase der Ideengenerierung sollte durch einen hohen Partizipationsgrad gekennzeichnet sein. Im weiteren Phasenverlauf nimmt die Konkretisierung der Aufgaben und damit auch die Notwendigkeit der Entscheidungszentralisation theoretisch zu. Bislang existieren jedoch keine empirisch abgesicherten Erkenntnisse über die Eignung mehr oder weniger autoritärer und partizipativer Führungsstile für einzelne Phasen, weil diese Eignung auch von vielen anderen Faktoren abhängig ist. Innovationsmanager müssen häufig Fähig- keits und Willensbarrieren der Mitarbeiter überwinden. Einen Ansatz zur Bewältigung dieses Problems liefert das Promotorenmo- dell nach Witte. Bei Promotoren handelt es sich um Personen im Unternehmen, die den Innovationsprozeß aktiv fördern. Witte unterscheidet zwischen Machtpromotoren, die ihr hierarchisches Potential einsetzen, um psychische Widerstände zu überwinden, und Fachpromotoren, die den Innovationsprozeß durch objektspezifisches Fachwissen fördern. Diese Form der Arbeitsteilung erfordert enge Kommunikationsbeziehungen zwischen den Mitwirkenden. Neuere Ansätze stellen neben Macht- und Fachpromotor noch einen Prozeßpromotor, der die Verbin- dung zwischen beiden herstellt und für einen reibungslosen Ablauf des Innovationsprozesses sorgt. 6) Mitarbeitermotivation und Anreizsystem Wesentliche Träger der Innovationen im Unternehmen sind die Mitarbeiter. Aufgabe der Unternehmensleitung ist es daher, die Mitarbeiter zu motivieren und Anreize zur Beteiligung am Innovationsprozeß zu schaffen. Dies dient zum einen der Förderung von Kreativität und Ideenproduktion. Zum anderen werden Innovationswiderstände, die sich aus Angst vor Neuem ergeben, abgebaut. Für Mitarbeiter mit innovativen Aufgabenstellungen bieten sich neben den eher konventionellen Möglichkeiten (wie monetäre Belohnung und Aufstiegsmöglichkeiten) v. a. Maßnahmen an, die die intrinsische Motivation fördern. Dazu zählen anspruchsvolle Aufgaben, ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit, Zusammenarbeit mit qualifizierten Kollegen, Weiterbildungsangebote etc.
(7) Innovationsfreundliche Unternehmenskultur Die Fähigkeit eines Unternehmens, Innovationen hervorzubringen und durchzusetzen, hängt zum großen Teil von einer innovationsfreundlichen Unternehmenskultur ab. Die U nternehmenskultur kennnzeichnetdas von allen Mitgliedern eines Unternehmens gemeinsam wahrgenommene Werte- und Normengefüge der Organisation. Sie beeinflußt Organisationsstrukturen, Führungsstil und Mitarbeiterverhalten. Als innovationsförderlich gelten Merkmale wie Handlungsorientierung, hohe Selbstverantwortung der Aufgabenträger, ungehinderter Informationsfluß, Anerkennung der einzelnen Mitarbeiter, kurze Entscheidungswege und wenige Hierarchiestufen sowie vorgelebte unternehmerische Grundwerte. Dabei muss das Top-Management den Innovationspro- zeß zu jedem Zeitpunkt und in allen Aufga- benbereichenunterstützen.
Literatur: Corsten, H., Überlegungen zu einem In- novationsmanagement - organisationale und personale Aspekte, in: Corsten, H. (Hrsg.), Die Gestaltung von Innovationsprozessen, Berlin 1989. Gaitanides, M.; Wicher, H., Strategien und Strukturen innovationsfähiger Organisationen, in: ZfB, 56Jg. (1986), S.385—403. Little, A.D., Innovation als Führungsaufgabe, Frankfurt a.M., New York 1987. Tbom,N., Grundlagen des betrieblichen In- novationsmanagements,2. Aufl.,Königstein/Tau- nus 1980. Trommsdorff, V., Innovationsmanage- ment in kleinen und mittleren Unternehmen, München 1990. I
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