beruhte auf dem Grundtyp einer staatssozialistischen Zentralverwaltungswirtschaft. Sie wurde in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands nach 1945 gemäss dem Vorbild des sowjetischen Wirtschaftssystems schrittweise (durch Verstaatlichung von Banken, Landwirtschafts- und Industriebetrieben sowie den Aufbau von "Zentralverwaltungen" für alle Wirtschaftszweige) eingeführt und nach der Gründung der DDR mit dem ersten Zweijahrplan (1949/50) realisiert. Wirtschaftsordnung und -ablauf unterlagen damit dem marxistisch-leninistischen Prinzip des Primats der Politik über die Ökonomie und dem Führungsanspruch der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der durch den hierarchisch organisierten Staatsund Wirtschaftsapparat gemäss dem Prinzip des demokratischen Zentralismus verwirklicht wurde. Wirtschaftspolitische Entscheidungsinstanz war das Politbüro der SED, dessen Beschlüsse vom Ministerrat und von der ihm zugeordneten Staatlichen Plankommission bei der Ausarbeitung der Fünfjahrpläne und der Jahresvolkswirtschaftspläne (Plan) durchzusetzen waren. Gemäss den zentral festgelegten Planzielen für die wirtschaftliche Entwicklung und die makroökonomischen Proportionen hatten die elf Industrieministerien und übrigen Zentralorgane (Ministerien für Wissenschaft und Technik, Aussenhandel, Binnenhandel, Finanzen, Amt für Preise, Staatsbank u.a.) Teilpläne auszuarbeiten und miteinander abzustimmen. Hiernach erhielten die den Ministerien untergeordneten Kombinate und örtlichen Organe detaillierte Planauflagen, die auf die einzelnen Betriebe aufgeschlüsselt wurden. Die Betriebe erarbeiteten auf dieser Basis ihre Planentwürfe und schlossen untereinander Vorverträge über die im Plan vorgesehenen Lieferungen und Leistungen ab. Nach der Kontrolle und Zusammenfassung der Planentwürfe durch die jeweils übergeordneten Instanzen wurden die Teilpläne von der Staatlichen Plankommission zum Volkswirtschaftsplan koordiniert, der von der Volkskammer als Gesetz beschlossen wurde und von den Betrieben zu verwirklichen war. Die Volkswirtschaftsplanung umfasste neben allen wirtschaftlichen Teilbereichen auch Bildung, Gesundheitswesen, Sport und Kultur. Der entscheidende Wirtschaftsbereich war die Industrie, deren Anteil am gesamten Nettoprodukt (Bruttoprodukt ohne Dienstleistungen ./. Produktionsverbrauch) rd. 70% betrug (Landwirtschaft: 7,8%). Analog zur sowjetischen Wirtschaftsstruktur hatte auch in der DDR von Anfang an der Produktions- gütersektor (Abteilung I) Vorrang vor dem Konsumgüterbereich (Abteilung II). Nahezu alle Industrie- und Baubetriebe waren seit Anfang der 80er Jahre in zentralgeleiteten Kombinaten horizontal (nach Branchen) oder vertikal (nach Produktionsstufen) zusammengefasst, die 98% der Arbeiter und Angestellten in der Industrie beschäftigten und 97,8% des industriellen Nettoprodukts herstellten (2,2% von Privatbetrieben). Daneben gab es bezirksgeleitete Kombinate, die jedoch nur rd. 6% der Industrieproduktion erzeugten. Die Generaldirektoren der Kombinate unterstanden unmittelbar den Industrieministerien und waren gegenüber den Betriebsdirektoren weisungsberechtigt. Sie hatten die zentralen (überwiegend aggregierten) Planziele auf die Betriebe aufzuschlüsseln und dabei die zentralen Leistungserwartungen mit den betrieblichen Leistungsmöglichkeiten in Einklang zu bringen. Angesichts der Vielzahl und Grösse der Kombinationsbetriebe konnten diese ihren Informationsvorsprung über Detailprozesse zur Durchsetzung eigener Erfolgsziele nutzen. Daher wurden zur Steuerung der betrieblichen Verhaltensweisen neben den direkten Plankennziffern (rund 120) auch indirekt wirkende "ökonomische Hebel" wie Kosten- und Gewinnverwendungsnormative, Preise, Zinsen, Abführungen an den Staatshaushalt und an "gesellschaftliche Fonds", Prämien u.a. eingesetzt. Die Kontrolle aller finanziellen Teilpläne und insb. des Investitionsplans oblag den Filialen der Staatsbank, die zudem den gesamten Zah- lungs- und Verrechnungsverkehr überwachten. Dieses umfassende System zentraler "Leitung, Planung und indirekter Steuerung war durch zahlreiche Funktionsmängel gekennzeichnet. Insbesondere das an die Erfüllung und Übererfüllung von Haupt- und Nebenkennziffern (Warenproduktion, Nettogewinn, Nettoproduktion, Export, Kostensenkung, Steigerung der Arbeitsproduktivität u.a.) geknüpfte Prämiensystem veranlasste die Betriebe, sich bei der Planausarbeitung leicht erfüllbare, "weiche" Plankennziffern zu verschaffen, was einen ineffizienten Faktoreinsatz, unzureichende Arbeitsproduktivität und Innovationsträgheit zur Folge hatte. Dies wurde begünstigt durch das Fehlen geeigneter Kennziffern der Leistungsbewertung und -kontrolle, vor allem mangels knappheitsorientierter Preise. Die vielfach nicht bedarfs- (wenn auch plan-)gerechte Produktion führte in der Binnenwirtschaft zu Disproportionen zwischen Kauffonds und Warenfonds, damit zu unge- planten Geldbeständen und Kassenhaltungsinflation, sowie in der Aussenwirtschaft zu einer passiven Leistungsbilanz. Schliesslich war das unvermeidlich starre Planungssystem kaum in der Lage, auf endogene (planerfüllungsbedingte) und exogene (weltmarktbedingte) Störfaktoren flexibel zu reagieren. Diese systemimmanenten Mängel konnten seinerzeit weder durch Reformen des Planungssystems (z.B. das "Neue Ökonomische System" der sechziger Jahre) noch durch organisatorische Veränderungen der Leitungsund Betriebsstruktur (Kombinatsbildung) behoben werden. Gleichwohl war die SED-Führung auch nach der von Michail Gorbatschow eingeleiteten Perestrojka-Politik nicht bereit, einen ordnungspolitischen Kurswechsel wie in Polen oder Ungarn vorzunehmen. Erst nach der Ablösung Erich Honneckers im Partei- und Staatsamt (Oktober 1989) und unter dem Druck der täglichen Demonstrationen der Bevölkerung für eine demokratische Erneuerung wurden von der neugebildeten Regierung Modrow freie Wahlen zugestanden und der Übergang von der "zentralen Kommandowirtschaft" zu einer "sozial und ökologisch orientierten Marktwirtschaft" angekündigt. Nach welchen Grundsätzen und ordnungspolitischen Prinzipien die beabsichtigte Systemtransformation der Wirtschaft durchgeführt werden sollte, war allerdings zunächst weitgehend unklar und umstritten. Der anfänglichen Suche nach einem "dritten Weg" folgten schliesslich die im Juli 1990 vollzogene Wirtschaft-, Währungs- und Sozialunion und der am 31. 8. 1990 beschlossene Vertrag über die Herstellung der deutschen Einheit. Literatur: Gutmann, G. (Hrsg.), Das Wirtschaftssystem der DDR, Stuttgart, New York 1983.
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