von Ernst Günther 1931 publizierte Beobachtung, dass ein Geburtenrückgang einen relativen Anstieg des Erwerbspersonenpotentials zur Folge haben kann. In der Bundesrepublik Deutschland nahm die Geburtenrate seit Mitte der 50er Jahre relativ kontinuierlich zu; sie erreichte mit den beginnenden 60er Jahren ihr Maximum. Danach setzte ein starker Rückgang ein (Geburtenentwicklung). Ein solcher Geburtenrückgang, der geburtenstarken Jahrgängen nachfolgt, erfasst zunächst nur die Klassen der Noch-nicht-Erwerbsfähigen. Das Erwerbspersonenpotential kann dementsprechend noch über einen langen Zeitraum weiterwachsen, und zwar so lange, wie die geburtenstarken Jahrgänge, die dem Rückgang der Geburtenzahlen vorausgehen, in das erwerbsfähige Alter aufrücken. Die Gesamtbevölkerung kann hingegen unmittelbar mit dem Geburtenrückgang abnehmen. Wie sie sich konkret entwickelt, hängt ceteris paribus von der Stärke des Geburtenrückgangs ab. Im allgemeinen wächst die Gesamtbevölkerung noch einige Jahre mit abnehmender Rate weiter, geht dann in die Phase der Stagnation und schliesslich in absolut rückläufige Zahlen über. Dementsprechend kann ein Geburtenrückgang über einen längeren Zeitraum hinweg zu einem Anstieg der Erwerbsbevölkerung und damit des potentiellen Arbeitsangebots in Relation zur Gesamtbevölkerung führen. Wird die Gesamtbevölkerung mit der Konsumbevölkerung gleichgesetzt, so bedeutet dies: Ein Geburtenrückgang, der geburtenstarken Jahrgängen nachfolgt, kann die Arbeitskräfte- Konsumenten-Relation in einer Volkswirtschaft steigern. Das Günther-Paradoxon hat im Rahmen der Bevölkerungsökonomie vor allem deshalb Beachtung gefunden, weil auf Grund des Anstiegs der Arbeitskräfte-Konsumenten-Re- lation (Rückgang der Konsumenten-Arbeits- kräfte-Relation) ein Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Konsumquote und wegen diesem wiederum in Anlehnung an die keyne- sianische Theorie ein demographisch bedingter Anstieg der Arbeitslosigkeit befürchtet wird. Literatur: Dinkel, R., Günther-Paradoxon, in: WiSt, 12. Jg. (1983), S. 575 ff. Wagner, A., Der Geburtenrückgang als Ursache von Arbeitslosigkeit?, Einige Bemerkungen zum Günther-Paradoxon, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 195 (1980), S. 261 ff.
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