Wirtschaftlich ist der Konzern eine Finan- zierungs- und Liquiditätseinheit. Rechtlich aber knüpfen die einzelnen Vorschriften zur Mindestkapitalausstattung, Kapitalaufbringung und -erhaltung, die Regelungen zur Gewinnermittlung und Gewinnverwendung ebenso wie die zur Haftung an die einzelnen, rechtlich selbständigen Unternehmen innerhalb eines Konzerns an. Zentrale Aufgabe einer Konzernfinanzwirtschaft ist es, eine konzernweite Finanzierungspolitik und -Strategie zu entwickeln, diese in die Finanzwesen der einzelnen Konzerngesellschaften umzusetzen und unter Berücksichtigung der Finanzierungseinheit fortzuschreiben und weiter zu planen. Mit der konzerninternen Aussenfinanzierung besteht zur klassischen Innen- und Aussenfinanzierung eine konzernspezifische Finanzierungsvariante: Zusätzlich zu Fremden Dritten kommen im Konzern als Finanzierungspartner auch alle anderen Konzern- gliedgesellschaften (Mutter-, Tochter-, Enkelgesellschaften) in In- und Ausland in Frage. Potentielle Finanzierungsformen stellen die konzerninterne Beteiligungsfinanzierung und eine entsprechende Darlehensgewährung (in- tercompany loans) dar. Diese können zu einer kaskadenartigen Verschuldungsstrategie genutzt werden. Gewährt z.B. eine Tochtergesellschaft einer Enkelgesellschaft ein Darlehen und verwendet diese dazu einen Teil ihres Eigenkapitals, so bestimmt dasselbe Kapital in der Enkelgesellschaft als Fremdkapital nicht nur den Beteiligungswert mit, sondern kann ihrerseits wieder von der Enkelgesellschaft als Finanzierungsgrundlage gegenüber Dritten verwendet werden. Durch die so mögliche Mehrfacherfassung und Beleihung desselben Kapitals erhöht sich das finanzielle Risiko aller Kapitalgeber. Im Rahmen der Konzernfinanzwirtschaft sind deshalb zentrale Finanzierungsfunktionen zu übernehmen und für den gesamten Konzern zu planen und zu koordinieren. Ein Risikoausgleich über alle Beteiligungen erfolgt durch eine konzernweite Liquiditätsvorsorge und eine entsprechende Optimierung des Zahlungsverkehrs (Cash-Management- System) mit folgenden Teilbereichen: • Liquiditätsplanung, d.h. systematische Erfassung und konzernweite Abstimmung aller Einnahmen und Ausgaben unter Berücksichtigung ihrer Fristigkeit. • Liquiditätsposition, d. h. Steuerung der vorzuhaltenden Konzernliquidität unter Optimierung der Anlage zwischenzeitlich überschüssiger Liquiditätsreserven sowie vorausschauende Bereitstellung von liquiden Mitteln zur Abdeckung kurzfristiger Liquiditätsengpässe. Minimierung der Kosten für die Kassenhaltung sowie der Gefahr unberechtigter Eingriffe in die Abwicklung des Zahlungsverkehrs. • Periodische Analyse, effiziente Organisation und Abwicklung des gesamten nationalen und internationalen Zahlungsverkehrs einschliesslich der erforderlichen konzernweiten Banken- und Kapitalmarktpolitik. Minimierung der Finanzierungskosten, Währungs- und Zinsänderungsrisiken. Wahrung der finanz- und leistungswirtschaftlichen Unabhängigkeit. Neben der Liquiditätsvorsorge hat die Konzernfinanzwirtschaft für die konzernweite Eigenkapitalversorgung sowie das zentrale Kreditmanagement zu sorgen. Voraussetzung hierfür ist eine konzernweite Finanzplanung. In konsolidierten Finanzplänen werden nur die konzernexternen Finanzvorgänge erfasst. Konzerninterne Finanzverflechtungen sind zur Vermeidung von Mehrfacherfassungen zu eliminieren. Derartige Finanzpläne, die nur die saldierten Netto-Verhältnisse gegenüber Fremden Dritten aufzeigen, stellen den Konzern als wirtschaftliche Einheit dar. In konzernstrukturspezifischen Finanzplänen werden auch alle konzernintern relevanten Finanzier ungsvorgänge ausgewiesen. Diese Finanzpläne lassen die Bruttoverschuldung der einzelnen Konzerneinheiten einschliesslich der jeweiligen Refinanzierungsstruktur erkennen und auch extrem unterschiedliche Finanzstrukturen innerhalb einer Konzernunternehmung deutlich werden. Literatur: Scheffler, E., Konzernmanagement, München 1992. Schneider, U.H., Das Recht der Konzernfinanzierung, in: ZGR, 13. Jg. (1984), S. 497ff. Theisen, M. R., Der Konzern, Stuttgart 1991.
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