Inflation, Kostendruck
- cost push inflation
Vor allem in den 1950er Jahren wurden Thesen der Nachfrage- und Kosteninflation diskutiert. In seiner Schrift “How to pay for the war” (1940) erklärte John Maynard Keynes Inflation aus einem Geldüberhang, d.h. aus einer im Verhältnis zum Gesamtangebot zu hohen monetären Gesamtnachfrage. Die Differenz bezeichnete er als “inflatorische Lücke”.
Während Nachfrageinflationen häufig mit einem Versagen der Wirtschaftspolitik erklärt werden, schreibt man Kosteninflationen vor allem einer Verkrustung der Märkte, d.h. monopolistischen Verhaltensweisen zu. In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt, dass beide Inflationstypen in der Diagnose nur schwer voneinander abzugrenzen sind. So steigen Preise und Löhne in Inflationen immer. Löhne aber sind Kosten und Nachfrage zugleich.
In der Theorie ist weiter viel über die Preispolitik der Unternehmen (profit-push inflation) wie über die Lohnpolitik der Gewerkschaften (wage-push inflation) als Ursachen der Inflation geschrieben worden. Beides ist mit Marktmacht oder auch mit politischer Macht erklärt worden. Während Milton Friedman z.B. den Gewerkschaften neben dem Markt überhaupt keinen bestimmenden Einfluss zumißt, sieht Edward H. Chamberlin ihre Rolle als entscheidend an. Gottfried Bombach bezeichnet die Lohnentwicklung als “die Hauptdeterminante der Preisentwicklung”. Nach Werner Hicks besitzt jedes Wirtschaftssystem einen “Lohnstandard”, und das Preisniveau ist durch die durchschnittliche Lohnhöhe bestimmt.
Auch der deutsche Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat für die Erklärung der “hausgemachten” (nichtimportierten) Inflation vor allem die Kostenhypothese vertreten.
Erfahrungsgemäss steigt in der ersten Phase des Aufschwungs bei besser ausgelasteten Kapazitäten und Arbeitskräftepotential die Produktivität besonders kräftig. Bei mäßig steigenden Löhnen sinken folglich die Lohnstückkosten. “Dennoch werden die Preise im allgemeinen nicht gesenkt — eine Verhaltensweise, deren große Bedeutung für die Erklärung der schleichenden Inflation offensichtlich ist” (H. J. Schmahl). In der Spätphase des Aufschwungs läßt mit zunehmender Kapazitätsauslastung der Produktivitätsanstieg nach. Mit dem Lohnanstieg verstärkt sich der Zuwachs der Lohnstückkosten — was die Unternehmen wiederum in den Preisen weiterzugeben versuchen. Das wird noch deutlicher in der Abschwungphase: Bei sinkender Kapazitätsauslastung und nachlassendem Produktivitätsforschritt steigen die Löhne noch eine Zeitlang weiter. Dadurch verstärkt sich der Anstieg der Lohnstückkosten, was wiederum die Überwälzungsversuche der Anbieter verstärkt.
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