dient dem Ziel, emotionale Erlebnisse zu vermitteln. In der kommerziellen Werbung geht es v. a. darum, in den Empfängern emotionale Marken- und Firmenerlebnisse auszulösen. Die emotionale Werbung gehört zum Erlebnismarketing. Beispiel: Eine erfolgreiche Werbekampagne für den Renault R5 sprach das emotionale Bedürfnis der Frau nach Unabhängigkeit und Mobilität an. Sie enthielt den Appell: „Du bist in Zukunft nicht mehr auf einen männlichen Begleiter angewiesen, der Dich im Auto mitnimmt. Der Renault ist Dein kleiner liebenswerter Freund. Er macht Dich unabhängig und steht Dir jederzeit zur Verfügung, um allein oder in Gesellschaft die Natur mit ihren Schönheiten zu genießen.“ Der Renault kann durch eine solche Werbung zu einem Auto werden, das Unabhängigkeitserlebnisse vermittelt und dadurch besondere Anziehungskraft erhält. Informationen über die Technik des Autos tauchen in der Werbung nur am Rande auf, sie sind auch bei einem mehr oder weniger austauschbaren Kompakt wagenentbehrlich. Durch die Konsumgüterwerbung werden v. a. folgende Erlebnisse vermittelt: soziales Glück, insbes. Freundschaft und Erotik, Unabhängigkeit, Männlichkeit, Weiblichkeit, Aktivität, Sportlichkeit, Urlaub, Genuß, Natur, Gesundheit, Frische, Geborgenheit, Sicherheit, Prestige, Tradition (genauere Erlebnisdarstellung in Kroeber-Riel, 1990). Aufgaben der emotionalen Werbung Auf gesättigten Märkten sind viele Produkte und Dienstleistungen ausgereift. Die verschiedenen Angebote (Marken) weisen kaum noch Qualitätsunterschiede auf und sind mehr oder weniger austauschbar. Unter dieser Bedingung verlieren Qualitätsinformationen ihre Bedeutung; sie eignen sich kaum noch dazu, Präferenzen bei den Abnehmern zu erzeugen. Das gilt in zunehmendem Maße auch für hochwertige Gebrauchsgüter, wie Kühltruhen und Autos, für komplexe Dienstleistungen, wie Finanzdienstleistungen und für viele Investitionsgüter.
Um Präferenzen für solche Güter mit weitgehend austauschbarer Qualität zu erzeugen, gehen die Anbieter dazu über, den Firmen und Marken ein attraktives Erlebnisprofil zu geben (Medienstil). Die Werbung spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie erzeugt durch ihre kommunikative Kraft emotionale Vorstellungen in den Empfängern, die mit einem Produkt (einer Marke) oder einer Firma verbunden werden. Dadurch werden die angebotenen Produkte und Firmen in die emotionale Erlebniswelt der Konsumenten einbezogen; sie werden zu Medien für emotionale Konsumerlebnisse. Die wettbewerbspolitische Aufgabe der emotionalen Werbung besteht demzufolge darin, emotionale Firmen- oder Markenerlebnisse zu vermitteln, die attraktiver sind als die von der Konkurrenz vermittelten Erlebnisse. Attraktiver heißt: mehr auf den Lebensstil der Zielgruppen eingestellt. Beispiel: Die Fluggesellschaften werben immer weniger mit Informationen über ihre Leistungen. Ihre Werbung dient vielmehr dazu, anbieterspezifische Flugerlebnisse zu vermitteln, die den Lebensstil ihrerZielgruppen treffen. Inhaltsanalysen der Werbung weisen nach, dass informative Werbung in hoch entwickelten Industriegesellschaften (Wohlstandsgesellschaften) in zunehmendem Maße durch emotionale Werbung ersetzt wird. Die Werbung folgt damit zugleich dem Trend zur zunehmenden Erlebnisorientierung der Konsumenten in diesen Gesellschaften (Abb. 1). Im Hinblick auf diese Entwicklung erhalten innovatorische Erlebnisprofile für die langfristige Durchsetzung auf dem Markt immer mehr Bedeutung. Viele Unternehmen sind allzu häufig auf die technische Weiterentwicklung ihres Angebots fixiert, statt sich darum zu bemühen, ihr Angebot emotional anziehend zu machen und auf den erlebnisbetonten Lebensstil der Konsumenten abzustimmen (Medienstil, Emotionale Kommunikation). Wirksame Erlebnisprofile erfordern ein professionelles strategisches und technisches Vorgehen: Strategisches Vorgehen: Bei den strategischen Überlegungen geht es v. a. darum, ein Erlebniskonzept zu finden, das für die Positionierung der Firma oder Marke geeignet ist. Danach ist die Werbestrategie zu bestimmen, die eine wirksame Umsetzung dieses Konzeptes ermöglicht. Die Entwicklung eines emotionalen Firmenoder Markenprofils gehört zu den strategischen Aufgaben (und Kompetenzen) eines Unternehmens und sollte nicht auf eine Agentur übertragen werden. Sie erfordert einen systematischen Forschungs- und Entwicklungsprozeß, der wie die Entwicklung von neuen Produkten mehrere Phasen von der Suchphase bis zur Entscheidung über das Erlebnisprofil umfaßt (Kroeber-Riel, 1989). Dabei ist die Suchphase besonders wichtig: Wenn in dieser Phase nicht hinreichend viele kreative Ideen und Anregungen für mögliche Erlebniskonzepte hervorgebracht werden, ist die Gefahr groß, dass das entwickelte Erlebnisprofil stereotyp und austauschbar wird. Beim Suchen nach emotionalen Erlebniskonzepten für eine Firma oder Marke kann man sich die Erkenntnisse der modernen Verhaltensforschung zunutze machen. Danach gibt es drei Erlebnisbereiche (= Such- gebiete): - biologisch vorprogammierte Erlebnisse, - kulturell geprägte Erlebnisse, - zielgruppenspezifische Erlebnisse. Durch ein systematisches und sozialtechnisch gestütztes Suchen in diesen drei Bereichen lassen sich neue Erlebniskonzepte für das Marketing finden. Abb. 2 verdeutlicht die drei Erlebnisbereiche durch Anzeigenbeispiele. Appelle an biologisch vorprogrammierte Erlebnisse wirken kulturübergreifend (auch wenn die Art und Weise, wie sie vermittelt werden, kulturabhängig ist). Es handelt sich
i. a. um die Abbildung von emotionalen Schlüsselreizen, auf welche die Empfänger mehr oder weniger automatisch und oft wenig bewusst reagieren. Beispiele sind Bilder von Tierbabies oder von emotionaler Körpersprache (wie Augensprache). Eine Vielzahl von emotional stark wirksamen Reizen haben dagegen eine kulturell beschränkte Reichweite. Beispiel: Bilder, die das Mittelmeerschema ansprechen, lösen in den Bewohnern Nordeuropas tiefe Sehnsüchte aus, lassen aber die Bevölkerung in anderen Gebieten kalt. Zielgruppenspezifische Erlebnisse sind solche, die die Vorliebe von einzelnen Bevölkerungsgruppen ansprechen, wie Sporterlebnisse. Hat man in der Suchphase hinreichend viele Erlebniskonzepte gefunden, so sind die für das Marken- oder Firmenprofil geeigneten Erlebnisse nach folgenden Kriterien auszuwählen:
1. Sind die in Frage kommenden emotionalen Erlebnisse für die Produkte und Dienstleistungen geeignet, stehen sie in Einklang mit der Unternehmensphilosophie?
2. Sprechen die Erlebnisse die Zielgruppen an, liegen sie langfristig im Lebensstiltrend?
3. Bieten die Erlebnisse eine klare Abgrenzung zur Konkurrenz?
4. Lassen sich die Erlebnisse auch durch andere Marketinginstrumente (wie Design oder Promotion) umsetzen? Der nächste Schwerpunkt der strategischen Arbeit besteht darin, für die (verbalen) Erlebniskonzepte emotional wirksame Bilder zu finden, insbes. strategische Schlüsselbilder für die integrierte Kommunikation im Sinne der Corporate Communication. Emotionale Erlebnisse lassen sich am besten durch Bilder vermitteln. Deswegen ist die emotionale Werbung dann besonders erfolgreich, wenn es ihr gelingt, klare und anziehende in- nere Bilder(Gedächtnisbilder)für eine Marke oder Firma zu erzeugen. Beispiele dafür sind dieinnerenBildervonMarlborooderMilka. Der Aufbau eines klaren und wettbewerbsstarken Marken- oder Firmenbildes setzt voraus, dass die in der Werbung verwendeten Bilder nicht austauschbar sind. Die Benutzung von häufig benutzten stereotypen und austauschbaren Bildern ist ein Grundübel der emotionalen Werbung. Sie kommt oft dadurch zustande, dass die Unternehmen zu wenig in den kreativen Entwicklungsprozeß (v. a. in die Suchphase) investieren oder die von der Marktforschung zutage geförderten Erlebnisklischees der Konsumenten aufgreifen. Technik der Erlebnisvermittlung: Die Vermittlung emotionaler Erlebnisse durch die Werbung erfolgt v. a. durch eine Sozialtech- nik, die emotionale Konditionierung genannt wird: Zeigt die Werbung immer wieder ein Marken- oder Firmenangebot in einem emotional wirksamen Umfeld, so werden im Laufe derZeit emotionale Vorstellungen mit der Marke oder Firma verbunden. Auf diese Weise ist es sogar möglich, die Einstellung zu einer Marke oder Firma ohne Informationen über ihre sachlichen Eigenschaften zu verändern (Kroeber-Riel, 1990). Unzureichender Erfolg der emotionalen Werbung geht meistens auf Verstöße gegen die sozialtechnischen Regeln der Konditionierung zurück:
1. Die benutzten emotionalen Reize sind nicht stark genug. Auf der operationalen Ebene bedeutet das: Die von der Werbung benutzten Bilder gehen nicht unter die Haut.
2. Emotionaler Reiz und Marke (Firma) werden nicht gleichzeitig dargeboten. Ihre Verknüpfung wird dann vom Konsumenten nicht genügend wahrgenommen.
3. Es wird mit zu wenig Gleichmaß und Wiederholung geworben, insbes.: Die Bildmotive sind zu uneinheitlich und werden zu häufig gewechselt.
4. Die durch die Konditionierung vermittelten Eindrücke stehen im Widerspruch zu anderen emotionalen Eindrücken, die durch das Marketing vermittelt werden. Moderne Expertensysteme tragen dazu bei, die strategischen und sozialtechnischen Mängel der emotionalen Werbung zu verhindern. Diese Systeme ermöglichen es, Expertenwissen für die Gestaltung und Kontrolle der emotionalen Werbung in den Unternehmungen einzusetzen (computergestützte Werbung).
Literatur: Konert, F.-J., Vermittlung emotionaler Erlebniswerte, Bd. 10 der Reihe Konsum und Verhalten, Heidelberg, Wien 1986. Kroeber-Riel, W., Konsumentenverhalten, 4. Aufl., München 1990. Kroeber-Riel, W., Das Suchen nach Erlebniskonzepten für das Marketing - Grundlagen für den sozialtechnischen Forschungs- und Entwicklungsprozeß, in: Specht, G.;Silberer, G.; Engelhardt, FI. (Hrsg.), Marketing-Schnittstellen, Stuttgart 1989, S.247-263. Leiss, W.; Kline, St.;Jhally, S., Social Communication in Advertising, Toronto, New York 1986. Weinberg, P.; Groppel, A., Formen und Wirkungen erlebnisorientierter Kommunikation, in: MARKETING ZFP, 10. Jg. (1988), S. 190-197.
Vorhergehender Fachbegriff: Emotionale Teilqualität | Nächster Fachbegriff: Emotionaler Beweggrund
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|