Prozeßsteuerung auf der Grundlage mathematisch formulierter wirtschaftspolitischer Entscheidungsmodelle. Im Gegensatz zu den in der Wirtschaftstheorie üblichen Erklärungsmodellen (bei denen Ziele bzw. Ergebnisse unter Berücksichtigung extern gegebener Daten als logische Konsequenz der Ausgangsbedingungen deduziert werden) werden hier die Daten gesucht, die erfüllt sein müssen, um ein als erwünscht angesehenes Ziel bzw. Ergebnis zu erreichen. Basis sind wie in der allgemeinen - Wirtschaftspolitik die - Diagnose und/oder Prognose und die Auswirkungen der bei den »anderen Daten« zu erwartenden Veränderungen. Kriterien für die zu befolgende Politik ergeben sich aus Abweichungen zwischen der tatsächlichen und der erwünschten Lage. Das Modell der Quantitativen Wirtschaftspolitik besteht nach Jan TINBERGEN aus drei Grundkomponenten: a) der Wohlfahrts- oder Präferenzfunktion der Entscheidungsträger; b) dem ökonomischen oder ökonometrischen Modell; c) den Grenz- bzw. Nebenbedingungen (Ober- und Untergrenzen der Ziel- und Instrumentenwerte). Als Variablen treten auf: a) Zielvariablen, die vorgegeben sind; b) ökonomische Variablen, die nicht Ziel sind (irrelevante Variablen); c) Instrumentvariablen, d.h. Daten, die durch die Entscheidungsträger kontrolliert und gesteuert werden können; d) »andere Daten«, die nicht der wirtschaftspolitischen Beeinflussung unterliegen. Bekannt sind die gesetzten Ziele, welche die erwünschte Situation beschreiben, ebenso die Anfangswerte der Zielvariablen, der irrelevanten Variablen, der Instrumentvariablen, die Anfangs- und Endwerte der »anderen Daten« sowie die technischen Strukturkoeffizienten. Unbekannt bzw oecncht sind die Werte der Morimentvariablen, die sicherstellen sollen, dass die Ziele erreicht werden sowie die Endwerte der irrelevanten Variablen. Das Entscheidungsproblem bei fixierten Zielen besteht darin, diejenigen numerischen Werte der Instrumente zu bestimmen, die zur Erreichung der vorgegebenen Zielgrößen erforderlich sind. Sind die Ziele dagegen flexibel, so ist das Problem als reines Maximierungsproblem aufzufassen: Aus den realisierbaren Zielkombinationen ist diejenige zu finden, die die Wohlfahrts- bzw. Präferenzfunktion unter den durch das ökonomische (bzw. ökonometrische) Modell ausgedrückten Nebenbedingungen maximiert. Aus dem TINBERGENschen Ansatz ergibt sich die These, dass ein wirtschaftspolitisches Problem mit Hilfe eines Entscheidungsmodells dann und nur dann eindeutig lösbar ist, wenn die Zahl der Ziele der Zahl der Instrumente gleich ist. Gibt es mehr Ziele als Instrumente, so bedeutet dies, dass die Ziele nicht konsistent mit den Instrumenten sind. Gibt es mehr Instrumente als Ziele, so bleiben Freiheitsgrade, d.h., die »überzähligen« Instrumente sind willkürlich festzulegen. Dieses »synoptische Ideal< setzt im Prinzip ein hohes Mass an theoretischer Bewältigung wirtschaftspolitischer Probleme und empirischer Informationen voraus. Nicht berücksichtigt sind die Probleme der Zielfindung und des Ziel-Mittel-Dualismus; schließlich geht es bei der wirtschaftspolitischen Entscheidungsfindung um die Bewertung von Ziel-Mittel-Systemen mit den entsprechenden zulässigen Verlaufsalternativen. Berücksichtigt werden muss auch, dass der zentrale Träger der Wirtschaftspolitik aus verschiedenen praktischen Erwägungen heraus einen Teil seiner Entscheidungen delegieren muss bzw. dass es mehrere öffentliche Träger (Bundesregierung, Zentralbank, Arbeitsmarktparteien usw.) gibt. In diesem Falle liegt ein sog. assignment problem im Sinne von Robert A. MUNDELL zwischen Zielen und Instrumenten vor. Im einfachsten Fall kontrolliert jeder Träger ein Instrument im Hinblick auf ein 7i»1 x.,nhPi rlac um, MTTNTIFT T ale V»». allgemeinerung der TINBERGEN-Regel entwickelte Prinzip der effektiven Marktklassifikation zu beachten ist: Instrumente sollten mit den Zielen verbunden oder gepaart werden, auf die sie den stärksten Einfluss haben. Darüber hinaus muss der Träger die Wirkungen seiner eigenen wirtschaftspolitischen Aktionen auf die optimalen Entscheidungen der privaten Wirtschaftssubjekte in Rechnung stellen. Und hier hängt es entscheidend davon ab, wie diese ihre Erwartungen bilden. Liegen rationale Erwartungen vor, so kann dies im Extrem zur Unwirksamkeit der Wirtschaftspolitik (Robert E. LUCAS) führen. Ausgehend von der »Stückwerks-Sozialtechnologie« (piece-meal social engineering) nach Karl POPPER und der Theorie des Anspruchsniveaus von Herbert A. SIMON entwickeln Robert A. DAHL und Charles E. LINDBLOM das »pragmatische Ideal«, die Methode des »disjointed incrementalism«, dessen entscheidende Merkmale sind: a) die systematische Beschränkung des Entscheidungsfeldes auf inkrementale (marginale) Anderungen des Status quo, die zu einer Beschränkung der zu betrachtenden Politikalternativen führt; b) die Untersuchung einer begrenzten Anzahl von Konsequenzen jeder Alternative; c) die wechselseitige Anpassung von Zielen und Maßnahmen unter Kostengesichtspunkten; d) die Flexibilität bezüglich Daten- und Zielwertänderungen im Analyseprozeß; e) die permanente Analyse und Bewertung von Alternativen (Kette von Einzelschritten). Dies alles kennzeichnet diese Methode als reaktive Politikorientierung (Politik als Heilungsprozeß), die letztlich auf dem Pluralismus und der Konkurrenz der Akteure (Träger der Wirtschaftspolitik, Parteien, wissenschaftliche Institutionen) beruht. Zeigt das synoptische Ideal einen Hang zu autoritär-paternalistischen Lösungen auf Grund der Prädominanz technokratischer oder dezisionistischer Politikberatung (Jürgen HABERMAS), basiert auf einer naiven Pluralismustheorie mit Konkurrenz der Parteien um Wählerstimmen mit nur inkremental verschiedenen Politiken.
Zur Klärung des Gegensatzes zwischen diesen beiden »Idealen« kann zum einen auf die Art der beabsichtigten Änderung, zum andern auf die Anforderungen bzw. Reichweite der Theorien Bezug genommen werden. Es ergibt sich dann vorstehendes Schema. Literatur: Kuhbier, P. (1981). Tinbergen, J. (1972). Jochimsen, R. (1967)
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