Im klassischen Sinne ist der Begriff des Experiments für jene Versuchsanordnungen Vorbehalten, in denen Experimental- und Kontrollgruppe streng nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden und der Experimentator die Experimentvariable (z.B. die Produktvarianten, Preishöhen, Werbemaßnahmen etc.) selbst variieren kann. Da in der Praxis häufig diese Bedingungen nicht erfüllt werden können, hat sich bei Abstrichen von klassischen Experimenten der Begriff Quasi-Experiment eingebürgert. Zu den Quasi-Experimenten werden zunächst alle Designs echter Experimente gezählt, wenn die Teilnehmer und die Gruppen nicht per Zufallsauswahl bestimmt werden können, sondern wenn nach dem Quotenmodell vorgegangen werden muss (Auswahlverfahren). Ein weiteres, sehr eläufiges Quasi-Experiment ist das Zeitrei- endesign, welches v. a. bei Marktexperimenten zum Einsatz kommt, bei denen die Wirkung der zu überprüfenden Marketingmaßnahme v. a. durch Panels erfaßt wird. Soll z.B. der Erfolg einer Werbekampagne überprüft werden, so werden zunächst die Absatzzahlen, die Umsatzzahlen oder der Marktanteil in einigen Perioden vor der Durchführung des „Experiments“ erfaßt. Diese Paneldaten werden auch im Verlauf des Marktexperiments und eine zeitlang nach Abschluß der Werbekampagne erhoben und analysiert. In der Abbildung sind zwei typische Verlaufsmuster für den Marktanteil als Erhebungsgröße aufgeführt. Das Verlaufsmuster 1 zeigt, dass die Werbekampagne zu einer dauerhaften Marktanteilserhöhung geführt hat. Verlaufsmuster 2 zeigt, dass der Marktanteil schwankt (z.B. durch die intensiven Verkaufsförderungsmaßnahmen der Konkurrenten) und dass die Werbekampagne keinen längerfristigen Einfluß auf die Höhe des Marktanteils hatte.
Literatur: Böhler, H., Marktforschung, Stuttgart u.a. 1985, S.44-49. Churchill, G. A., Marketing Research,
3. Aufl., Chicago u.a. 1983, S. 102-105.
Quasi-Experimente unterscheiden sich von reinen - Experimenten, experimentelle Anlage, wesentlich dadurch, dass in ihnen die experimentellen Bedingungen nicht mehr der Manipulierbarkeit durch den Versuchsleiter unterliegen. Der Versuchsleiter ist zwar in der Lage, die präexperimentelle unabhängige Variable in das Experiment einzubringen, er kann auch ihre Variation bestimmen, hat aber keinen Einfluss darauf, wer diesen Bedingungen unterworfen ist. Das Ergebnis eines solchen Experiments hat daher im strengen Verständnis keine - Validität (Gültigkeit). Dennoch kann die Auswirkung der unabhängigen Variablen in Analogie zu echten experimentellen Anlagen, z.B. in Form von - Ex-post-facto-Untersuchungen, analysiert werden. Besonders Feldexperimente sind häufig Quasi-Experimente, bei denen dem Nachteil des Mangels an Validität der Vorteil ihrer Authentizität und ihrer Durchführung im natürlichen Milieu gegenübersteht.
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