Der Bereich der Rohstoffe umfaßt im Rahmen des Produktgeschäfts die Investitionsgüter (Produktionsgüter) mit dem geringsten Verarbeitungsgrad. Rohstoffe sind Ergebnisse der Urproduktion und können auf zweierlei Weise gewonnen werden. Eine Alternative ist der Abbau bzw. die Förderung von Rohstoffen, die i. d. R. nicht reproduzierbar sind. Um reproduzierbare Rohstoffe - die zweite Alternative - handelt es sich, wenn die Güter durch Anbau gewonnen werden. Von Rohstoffen spricht man allgemein, wenn Ausgangsstoffe für weitere Verarbeitungsstufen ohne weitere Umformungsprozesse erstmals einer wirtschaftlichen Verwendung zugeführt werden. Zu dem großen Bereich der Rohstoffe gehören energieliefernde Rohstoffe, Basisrohstoffe (z.B. Erze) sowie Produkte der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei. Von Rohstoffen zu unterscheiden sind Einsatzstoffe (Einsatzstoffe-Marketing). Vermarktungsrelevante Eigenschaften von Rohstoffen sind die Homogenität, die standortgebundene Gewinnung/Produktion sowie das oftmals durch die Natur determinierte und kaum beeinflußbare Qualitätsniveau. Vorhandene Qualitätsunterschiede bei der Gewinnung eines Rohstoffs führen zur Bildung unterschiedlicher Qualitätsklassen (Sorten). Für die Rohstoffvermarktung ist die Frage zentral, ob eine Reproduzierbarkeit des Rohstoffs vorliegt. Ist sie gegeben, so entstehen hinsichtlich Verfügbarmachung und Vermarktung kaum Besonderheiten gegenüber anderen Produktionsgütern. Im Falle fehlender Reproduzierbarkeit ergibt sich sowohl aus Anbieter- als auch aus Nachfragersicht die erhöhte Notwendigkeit der Rohstoffsicherung. Insbesondere wenn sich Mangellagen abzeichnen, ist es darüber hinaus sinnvoll, eine Erhöhung des Wirkungsgrades sowie, eventuell damit verknüpft, ein Recycling von Rohstoffen vorzunehmen. Ein weiteres Problem der durch Abbau bzw. Förderung gewonnenen Rohstoffe stellt die Kuppelproduktion dar, die sich im Vergleich zur Vermarktung isoliert gewonnener Produkte erheblich schwieriger gestalten kann. Aus anbieter- und produktbezogener Perspektive ist für das Rohstoffgeschäft eine geringe Elastizität der Angebotsmenge, ein sehr hoher Commodity-Anteil sowie ein stark unterschiedlicher Grad an Anbieterkonzentration innerhalb einzelner Produktkategorien typisch. Im Gegensatz zum Angebot ist die Nachfrage häufig international, was Probleme hinsichtlich der Markttransparenz mit sich bringt. Extreme Nachfrageschwankungen, wie sie insb. für das Anlagen- und Systemgeschäft typisch sind, treten bei der Vermarktung von Rohstoffen i.d.R. nicht auf. Die recht kontinuierliche Nachfrage kann allerdings v.a. durch Maßnahmen der Rohstoffsicherung beeinträchtigt werden. Nicht zuletzt aufgrund des hohen Homogenitätsgrades sind die Produkte meist nicht auf einen engen Nachfragerkreis beschränkt, sondern sprechen eine recht heterogene Kundschaft an, wobei der Nachfrageschwerpunkt bei den Einsatzstoffprodu- zenten verschiedener Branchen liegt. Der Austauschprozeß für Rohstoffe kann sehr unterschiedliche Formen annehmen. Einzelne Transaktionen, die nicht selten im Rahmen von Marktveranstaltungen erfolgen, sind von großer Bedeutung. Hierbei nehmen v.a. Warenbörsen eine zentrale Stellung ein, wobei der Rohstoffabsatz sowohl im Effektivgeschäft als auch im Termingeschäft erfolgen kann. Daneben ist auch der Rohstoffhandel (Produktionsverbindungshandel) in starkem Maße i n die Distribution einbezogen. Neben den Einzeltransaktionen sind die Rahmenlie- ferungsverträge zu nennen, die insb. im Zuge engerer Verbindung von Herstellern und Verwendern zunehmend Bedeutung erlangen. Einfluß auf die Austauschbedingungen kann ferner der Staat nehmen, der v.a. im Bereich erschöpfbarer Rohstoffe sowie bei Monoprodukten allzu große Preisschwankungen abzumildern versucht. Die Reglementierungen sind teilweise supranationaler Art. Charakteristisch für Rohstoffmärkte ist die starke Bedeutung der Wettbewerbsdimensionen Menge (v. a. im Bereich nicht-regene- rierbarer Rohstoffe) und Preis. Der Zeitwettbewerb ist ein Faktor, der zwar schon immer im Rohstoffgeschäft von Bedeutung gewesen ist, dessen Stellenwert in der Gegenwart aber stark zunimmt. Für die Anbieter von Rohstoffen ergeben sich insb. vor dem Hintergrund der Produkt- und Marktcharakteristika, die vielfach zu einer Vereinheitlichung der Absatzpolitik führen, zwei klar voneinander zu unterscheidende Vorgehensweisen. Die erste Möglichkeit ist eine Branchenmarktstrategie, die auf einer angepaßten Verhaltensweise aller Anbieter eines Marktes mit dem Ziel der Vermeidung ruinöser Konkurrenz beruht. Die Maßnahmen der Branchenmarktstrategie müssen sich dabei keineswegs auf mengen-, kontrahierungs- und preispolitische Abstimmungen beschränken. Vielmehr kann versucht werden, für die gegebenen Rohstoffe neue Anwendungsbereiche zu erschließen (z. B. neue Antriebstoffe für Motoren). Derartige Maßnahmen sind aufgrund der Homogenität der Produkte von branchenweiter Bedeutung. Eine zweite Alternative der Absatzpolitik besteht in einer konsequenten Differenzierung vom Angebot der Konkurrenz und beinhaltet im Gegensatz zur Branchenmarktstrategie v. a. einzelbetriebliche Maßnahmen. Hierzu gehören insb. die Einführung von Prozeßinnovationen, durch die über günstigere Rohstoffgewinnung ein preislicher Wettbewerbsvorteil erzielbar ist, und sortimentspolitische Maßnahmen. Letztere können in einer Umorientierung vom Commodity- zum Spezialitätenangebot oder in einer Verstärkung umweltfreundlicher Sor- timentsteile bestehen und sind vielfach mit Maßnahmen zur Sicherung von Verfügungsrechten (Rohstoffquellen) verknüpft. Zur Unterstützung der Differenzierung eignen sich insb. Aktivitäten in den Bereichen Dis- tributions- und Kontrahierungspolitik.
Literatur: Engelhardt, W. H.; Günter, B., Investitionsgüter-Marketing, Stuttgart 1981.
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