Situation, in der die Erwartungen der Umwelt mit den Vorstellungen eines Individuums von einer Rolle im Widerspruch steht, bzw. widersprüchliche Verhaltens- und Erwartungsmuster als Folge der Einnahme verschiedener Rollen gleichzeitig bestehen.
In der Wirtschaftssoziologie: Anpassungsproblem einer Person in einer Rollenbeziehung, in der ihr die Erfüllung logisch und/oder moralisch unvereinbarer Erwartungen hinsichtlich ihres Verhaltens abverlangt wird. Man unterscheidet fünf Arten von R.en: Intra-R., Inter-R., Intrasenderkonflikt, Intersenderkonflikt und Person-Rolle- Konflikt. Das Auftreten von R.en und deren Lösung ist abhängig u.a. vom Wahrnehmungsvermögen des Rollenträgers, von seiner Einschätzung der Sanktionsmöglichkeiten seiner Rollenpartner sowie von Persönlichkeitsmerkmalen und situationsabhängigen Faktoren. Die sozialwissenschaftliche Literatur konzentriert sich vor allem auf die Konsequenzen von R.en für den individuellen Akteur und seine mutmasslichen Reaktionen; seltener sind Ansätze, die R.e als Problem der Sozialstruktur begreifen.
Rollenerwartungen können miteinander in Konflikt geraten. Die hieraus resultierenden Rollenkonflikte sind für das Verhalten in Organisationen von großer Bedeutung. Im wesentlichen wird zwischen Intra- und Inter-Rollenkonflikten unterschieden.
1. Intra-Rollen-Konflikt: Hier lassen sich folgende Fälle unterscheiden.
· Intra-Sender-Konflikt: Die Instruktionen und Erwartungen eines Senders sind widersprüchlich und schließen einander aus (Vorgesetzter erwartet einmal absoluten Gehorsam, ermuntert dann aber wieder zu Kritik an seinen Anordnungen).
· Inter-Sender-Konflikt: Die Erwartungen, die ein Sender kommuniziert, sind mit den Erwartungen anderer Sender nicht kompatibel. Der Rollenempfänger steht im Kräftefeld sich widersprechender Erwartungen.
2. Inter-Rollen-Konflikt: Sie entstehen, wenn die Erwartungen unterschiedlicher Rollen einer Person miteinander kollidieren, d.h. sich ganz oder teilweise ausschließen.
Eine spezielle Form des Inter-Rollen-Konflikts ist die Rollenüberladung (role overload). Die Rollen sind dann zwar dem Inhalt nach miteinander verträglich, nicht aber der zeitlichen Anforderung nach. Der Rollenempfänger kann nicht alle Rollen gleichzeitig bewältigen.
Als Sonderfall ist der Person-Rollen-Konflikt anzusprechen. Hier steht die Rollenerwartung der Sender im Widerspruch zu den Werten und Orientierungen des Rollenempfängers.
Eine ganz ähnliche Thematik umreißt der Begriff Rollendistanz. Er verweist auf die Möglichkeit, sich von der Rolle zu distanzieren (emanzipieren) und kritisch zu prüfen, ob und inwieweit die Rolle den eigenen Ansichten und Werten entspricht. Rollenkonflikte verlangen vom Rollenempfänger eine Entscheidung; er muss zusehen, wie er die Widersprüche auflöst, um handeln zu können. Rollenkonflikte lassen sich grundsätzlich durch Hierarchisierung der Erwartungen, durch kompromißartige Annäherung oder durch Rückzug lösen.
Welcher Lösungsweg gewählt wird, hängt von unterschiedlichen Bedingungen ab: der Legitimität, dem Sanktionspotentlal, den Einstellungen des Empfängers (Prinzipientreue, Vermeidungstendenz, Konfliktscheu usw.).
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