Verfahren zur mengen- und terminmäßig spezifizierten Ermittlung der Nettobedarfe der einzelnen Erzeugnisse. Die Materialbedarfsrechnung kann programmorientiert erfolgen, indem die Nettobedarfe aus dem Hauptproduktionsprogramm (Primärbedarf), der Erzeugnisstruktur (Sekundärbedarf), der geplanten Durchlaufzeit (bzw. Wiederbeschaffungszeit) für ein betrachtetes Erzeugnis und der Entwicklung der Lagerbestände abgeleitet werden. Eine mögliche Vorgehensweise zur Berechnung der Nettobedarfsmengen ist das in der Praxis häufig angewandte Dispositionsstufenverfahren. Hier muss zunächst für jedes Erzeugnis die Dispositionsstufe bestimmt werden. Dazu kann man auf die Darstellung des Erzeugniszusammenhangs als Gozintograf zurückgreifen. Die Dispositionsstufe entspricht der Anzahl der Erzeugnisse auf dem längsten Pfad durch den Gozintografen, ausgehend von dem gerade betrachteten Produkt bis zu den Endprodukten. Zur Ermittlung der Nettobedarfe werden alle Produkte in aufsteigender Reihenfolge ihrer Dispositionsstufennummer betrachtet. Alle Produkte mit gleicher Dispositionsstufe können in beliebiger Reihenfolge abgearbeitet werden. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass bei der Berechnung des Materialbedarfs für ein Produkt die Nettobedarfsmengen der übergeordneten Produkte bereits vollständig bekannt sind. Eine Alternative zur programmorientierten Materialbedarfsermittlung ist die verbrauchsorientierte Bedarfsprognose. Hierfür werden mit Verfahren der Zeitreihenanalyse Vergangenheitsdaten über die Bedarfsverläufe einzelner Produkte systematisch analysiert und Schätzwerte für den Bedarf mit Hilfe von Prognoseverfahren bestimmt. Beide Vorgehensweisen der Materialbedarfsrechnung vernachlässigen jedoch die beschränkte Kapazität der benötigten Ressourcen. Die Konkurrenz der verschiedenen Produkte um die knappe Kapazität erzwingt eigentlich eine Betrachtungsweise, bei der die Materialbedarfsrechnung als Teilproblem der mehrstufigen, kapazitätsorientierten Losgrößenplanung gesehen wird.
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