1. Verbesserung des Lebensstandards einer Volkswirtschaft im Zeitablauf; die Entwicklung eines Landes hat dabei neben der ökonomischen auch eine soziale und eine politische Dimension. Grundsätzlich lässt sich der Entwicklungsbegriff auf zweifache Weise verwenden: Will man Zeitpunktbetrachtungen vornehmen, so wird Entwicklung im Sinne von "Entwicklungsstand" verwendet. Will man zeitliche Abläufe beschreiben, so wird der Begriff im Sinne von "Entwicklungsprozess" angewandt. Der Entwicklungsstand eines Landes hängt davon ab, welches Wohlstandsniveau seine Bewohner realisieren können; der Entwicklungsprozess gibt entsprechend an, wie sich dieses Wohlstandsniveau über bestimmte Zeiträume hinweg verändert. Da der Wohlstandsbegriff jedoch empirisch nur schwer greifbar ist, orientiert man sich i. d. R. an den objektiv feststellbaren Lebensbedingungen, die sich im Lebensstandard ausdrücken. Der Lebensstandard umfasst dabei die Befriedigung von Grundbedürfnissen sowie von weiterführenden Bedürfnissen, zu denen in erster Linie die Arbeitsbedingungen, Erholung, Unterhaltung, soziale Sicherheit, menschliche Freiheiten sowie der Konsum von "non-essen- tials" zu rechnen sind. Während die Erhöhung des absoluten Ausmasses der von einer Volkswirtschaft produzierten Güter und Dienstleistungen nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in Industrieländern im Mittelpunkt wirtschaftspolitischer Aktivitäten steht, kommt der Berücksichtigung der Verteilung des gesamtwirtschaftlichen Outputs auf die einzelnen Gesellschaftsmitglieder in den Ländern der Dritten Welt eine besondere Bedeutung zu: Zum einen liegen in vielen Entwicklungsländern wesentlich grössere Verteilungsdifferenzen vor als in den Industrieländern, zum anderen sind die Bezieher niedriger Einkommen oft nicht in der Lage, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Zur ökonomischen Behandlung des Phänomens Entwicklung wird unterschieden zwischen Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik. Im Rahmen der Entwicklungstheorie sollen jene Faktoren aufgezeigt werden, die den tatsächlichen Entwicklungsprozess eines Landes bestimmen. Gegenstand der Entwicklungspolitik sind alle wirtschaftspolitischen Massnahmen, die dazu geeignet sind, in den Ländern der Dritten Welt einen ökonomischen Entwicklungsprozess einzuleiten, zu erhalten oder zu beschleunigen. Besondere Bedeutung kommt dabei jenen Massnahmen zu, die im Rahmen der Entwicklungshilfe von ausländischen Regierungen oder internationalen Institutionen durchgeführt werden. 2. Durch Forschung erworbene Erkenntnisse oder praktische Erfahrungen in der "Herstellung neuer Materialien, Produkte und Geräte, ... neue Verfahren, Systeme und Dienstleistungen sowie deren wesentliche Verbesserung" (OECD). Die dafür erforderlichen Entwicklungsaufwendungen werden in Entwicklungsbudgets als Teil der Forschungs- und Entwicklungsbudgets zusammengefasst. Umstritten und praktisch nur schwer nach dem Kriterium des primär intendierten Zwecks lösbar ist die Abgrenzung der Entwicklung von der Herstellung von Prototypen, der Lösung anwendungstechnischer Probleme, der Versuchsproduktion, der Beseitigung von unvorhergesehenen Störungen nach dem Verkauf von Produkten oder der Konstruktionsarbeiten. Laufende Qualitätsüberprüfungen und routinemässige Tests gehören nicht zur Entwicklung, wenn sie oft auch faktisch im Entwicklungsbereich vollzogen werden. (Das Frascati-Handbuch gibt Abgrenzungsempfehlungen.) So werden Prototypen aus der Entwicklung ausgeschlossen, die für weitere Tests nicht erforderlich sind und deshalb verkauft werden. Produktion im für den Markt vorgesehenen Massstab ist ebenfalls auszuschliessen, selbst wenn zum Einfahren und Einstellen von Anlagen etc. zunächst eine später unverkäufliche Vor- oder Null-Serie hergestellt wird. Eine spezielle Entwicklungstätigkeit ist die Nach-Entwicklung. Weiter werden Eigen- und Fremdentwicklung unterschieden. Nach dem Gegenstand differenziert man zwischen Produkt- und Verfahrensentwicklung und nach dem Neuigkeitsgrad zwischen Neu-, Weiter- und Verbesserungsentwicklungen. Die Trennlinien sind hier willkürlich. Aus einer Differenzierung der Aufgabe, Unsicherheiten, Kommunikationserfordernissen zwischen Forschung einerseits und Entwicklung andererseits sowie vermuteten Unterschieden in Ausbildung und Persönlichkeitsbild von Forschern einerseits und Entwicklern andererseits werden differenzierte Vorschläge für Organisation und Führung beider Bereiche abgeleitet. Sie sind aber umstritten. Als Erklärung für Richtung und Umfang der Entwicklungstätigkeit kommt der Bedarfsinduktion (Nachfragesog, demand pull) grössere Bedeutung zu als der autonomen Induktion (Wissensdruck, technology push). Beide Effekte wirken zusammen. Literatur: Hemmer, H.-R., Wirtschaftsprobleme der Entwicklungsländer, 2. Aufl., München 1988. Tim- mermann, V., Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik, Göttingen 1982. OECD, Die Messung wissenschaftlicher und technischer Tätigkeiten. Frascati-Handbuch 1980 (Hrsg.: Bundesministerium für Forschung und Technologie), Bonn 1982. Schmookler, ]., Invention and Economic Growth, Cambridge, Mass. 1966.
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