Analyse und optimale Gestaltung der Kooperation von Individuen, die sich durch eigennütziges Verhalten auszeichnen und in einer Vertragsbeziehung stehen. In der Agency Theory wird unterstellt, dass Individuen stets ihr Eigeninteresse verfolgen. Man kann deshalb nicht davon ausgehen, dass der Agent (ausführende Instanz) automatisch im besten Interesse des Prinzipals (Auftraggeber) handelt. Da die Informationslage bezüglich der Art und Weise der Ausführung einer Aufgabe zugunsten des Agenten verschoben ist, werden innerhalb dieser Theorie Anreiz,-Abschreckungs- und Überwachungssysteme diskutiert, die es dem Prinzipal besser ermöglichen, die Arbeit seines Agenten zu kontrollieren. Beispiele für eine Prinzipal-Agent Beziehung sind: Kapitalgeber/Investor, Vorgesetzter/Untergebener, Eigentümer/Manager.
beschäftigt sich mit dem Versuch der optimalen institutionellen Ausgestaltung der Beziehung Prinzipal (z. B. Aktionäre) und Agent (z. B. Vorstand einer AG). Ziel ist es, die Anreize für den Agent so auszugestalten, daß seine Interessen denen des Principals entsprechen, Interessenkonflikte daher möglichst nicht entstehen zu lassen. Dies bedingt ein ausgeprägtes System entsprechend effizienter Anreiz- und Kontrollmechanismen.
Ihre Ansätze wurzeln in der Neuen Institutionenökonomik. Ziele der Agency-Theorie sind die Analyse und optimale Gestaltung effizienter Organistionsformen bzw. vertraglicher Regelungen für die Kooperation zweier Individuen, die sich durch eigennütziges Verhalten auszeichnen und durch eine Auftragsbeziehung miteinander verbunden sind. Innerhalb der Agency-Theorie werden zwei Ausrichtungen unterschieden: (1) Die deskriptive (positivistische) Variante weist aufgrund des Versuchs, Erklärungsansätze für das Auftreten komplexer Organisationsformen in der Realität zu liefern, eine starke Affinität zur Theorie der Unternehmung auf; ihr kommt tendenziell empirischer Charakter zu. (2) Die normative (entscheidungslogische) Agency-Theorie analysiert die individuellen vertraglichen Beziehungen des anordnenden Prinzipals und des ausführenden Agenten im Hinblick auf eine Verteilung des Risikos unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Anreizwirkungen. Im Wirtschaftsleben sind Auftragsbeziehungen dadurch gekennzeichnet, dass eine ausführende Instanz (Agent) von einer übergeordneten (Prinzipal) eine Aufgabe übertragen bekommt und zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu entscheiden hat. Der Agent verfügt, über einen bestimmten Handlungsspielraum und beeinflusst mit seinem Verhalten auch das Wohlergehen des Prinzipals. Bei der Untersuchung solcher Auftragsbeziehungen geht die Agency-Theorie davon aus, dass das vom Agenten erzielte Ergebnis zwar unmittelbar von seinem Arbeitseinsatz beeinflusst wird, jedoch auch durch zukünftige, ungewisse Ereignisse bestimmt wird. Der Prinzipal kann folglich nicht eine einzige Lösung vorschreiben oder die Auftragserfüllung vollständig und kostenlos beobachten; vielmehr besteht eine asymmetrische Informationsverteilung zu seinen Lasten, weil er negative Ergebnisse nicht eindeutig ungünstigen Umweltzuständen oder den Fehlern des Agenten zuordnen kann. Der Agent verfügt folglich über Möglichkeiten, Eigeninteresse zu Lasten des Prinzipals zu verfolgen (moral hazard). Insbesondere kann er Misserfolge aufgrund persönlicher Fehler durch eine ungünstige Entwicklung der Umwelt begründen oder einen höheren Faktoreinsatz als erforderlich für sich ausnutzen (consumption on the job; z.B. Wahl eines besonders aufwendigen Dienstwagens). Man sucht nun nach der optimalen institutioneilen Ausgestaltung der Agency-Beziehun- gen zur Überwindung einer derart asymmetrischen Informationsverteilung. Die Vertragskonstruktion zwischen Prinzipal und Agent soll ein "Abschreckungsgleichgewicht" gewährleisten, das die fehlende Loyalität des Agenten bei der Realisierung der Ziele des Prinzipals durch einen Sanktions- und Anreizmechanismus ersetzt. Hierbei hat man zum einen ein Anreizsystem für den Agenten zu schaffen, das unter Ausnutzung seines Eigeninteresses Entscheidungen sicherstellen soll, die sich möglichst weitgehend mit den Belangen des Prinzipals decken. Zum anderen ist ein Überwachungssystem einzurichten, das letzterem nicht nur eine Ergebnis-, sondern darüber hinaus auch eine Verhaltenskontrolle ermöglicht. Allerdings verursachen derartige Anreiz- und Überwachungssysteme auch Kosten bei Vertragsgestaltung und -abschluss sowie bei der Erfüllung der Vertragspflichten und der Vertragsüberwachung, die möglichst gering gehalten werden sollten. Im Bereich der Finanzierungsbeziehungen lässt sich die Agency-Theorie u.a. auf die Gestaltung von Kreditverträgen (Steilung von Sicherheiten oder Informationsrechte und damit verbundene Kündigungsrechte) und die Vertragsgestaltung bei Eigenkapitalzuführung (Informations- und Kündigungsrechte sowie Geschäftsführungsrechte) anwenden. Die Kombination von Kontroll-, Informationsund Mitspracherechten interpretiert man als Versuch zur Minimierung der Agency-Kosten. Damit wird auch deutlich, dass die Irrelevanz der Finanzierung ausserhalb der Modellwelt der Neoklassik nicht gegeben ist; ausserdem wird eine Erklärung für das Zustandekommen und den Einsatz von Finanzintermediären und -instituten geliefert. Literatur: Elschen, R., Gegenstand und Anwendungsmöglichkeiten der Agency-Theorie, in: ZfbF, 43. Jg. (1991), S. 1002ff. Kiener, S., Die Principal- Agent-Theorie aus informationsökonomischer Sicht, Heidelberg 1990. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft der Unternehmung, 6. Aufl., München 1991, S. 453 ff. Swoboda,P., Betriebliche Finanzierung, 2. Aufl., Heidelberg 1991, S. 162 ff.
ökonomische Analyse von Kooperation in Situationen, in denen eine reine Koordination über Märkte aufgrund von Externalitäten und Informationsmängeln kein effizientes Ergebnis liefert. Häufig werden Beziehungen zwischen Individuen, Gruppen und/oder Organisationen untersucht, bei denen ein Auftraggeber (Principal) einem Beauftragten (Agent) eine Aufgabe überträgt, deren Erledigung das Wohlergehen des Auftraggebers beeinflußt. Gängige Beispiele sind das Verhältnis Eigentümer — Manager, Arbeitgeber — Arbeitnehmer, Regulierer — Regulierter, Käufer — Verkäufer oder Patient — Arzt. Darüber hinaus sind auch zweiseitige Principal — Agent-Relationen denkbar, so z.B. bei einer Produktgarantie, da die Lebensdauer des Produkts sowohl von der Qualität der Fertigung als auch von der Handhabung durch den Käufer abhängt. Principal — Agent-Modelle behandeln Probleme, die aus divergierenden Zielsetzungen der Beteiligten, aus unvollkommener Information über Eigenschaften und Einsatz des Beauftragten und aus unterschiedlichen Einstellungen zu -5 Risiko und Unsicherheit resultieren. Das Interesse gilt der Frage, wie explizite oder implizite Kontrakte zwischen Principal und Agent aussehen (positive agency theory) bzw. unter Effizienzgesichtspunkten aussehen sollten (normative agency theory) und welche Anreizmechanismen diese Kontrakte beinhalten bzw. beinhalten sollten. Die Relevanz des von der agency theory untersuchten Sachverhalts bleibt nicht auf die Volkswirtschaftslehre beschränkt. Der Ansatz wird intensiv in der Betriebswirtschaftslehre für Fragen der Finanzwirtschaft, des Marketing, der Rechnungslegung und der Organisation, aber auch in Politikwissenschaft und Soziologie genutzt. Inh jüngster Zeit wurde u.a. von Chaim FERSHTMAN und Kenneth L. JUDD zusätzlich das Problem der strategischen Gestaltung von Kontrakten zwischen Principal und Agent untersucht. Stehen z.B. Manager für ihre Eigentümer in oligopolistischer Interaktion, so kann ein Eigentümer das Ergebnis dieses Oligopolspiels zu seinen Gunsten beeinflussen, indem er durch Setzen von Anreizen die Zielfunktion des Managers verändert. Literatur: Eisenhardt, K.M. (1989). Bamberg, G., Spremann, K. (1987). Pratt, J.W., Zeckhauser, R.J. (1985)
siehe Principal-Agent-Ansatz; siehe auch Organisationstheorien.
Vorhergehender Fachbegriff: agency theory | Nächster Fachbegriff: Agency-Theorie
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|