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Hyperinflation

Inflationstempo

extreme Ausprägung der galoppierenden Inflation mit Preissteigerungsraten von mindestens 50% pro Monat (»CAGANsche Schwelle«). Derartige Paralysierung der Geldwirtschaft stellt sich häufig nach umstürzenden Ereignissen wie Kriegen und Systemveränderungen ein. Vordergründige Ursachen sind zerrüttete Produktionsbedingungen und hemmungslose Finanzierung des Staatshaushalts aus hoheitlicher Geldschöpfung, denn häufig zwingt die Diskrepanz zwischen einem an die Inflation eng gekoppelten Ausgaben-system und einem langsamer und schwächer auf Inflation reagierenden Einnahmensystem zum rücksichtslosen Eintreiben der »Inflationssteuer« Seigniorage) mittels Notenpresse. Nach dem bekannten Wort von John Maynard KEYNES (1919) kann selbst die schwächste Regierung, der sonst gar nichts gelingen will, eine Inflation erzeugen. Das Schwungrad der Hyperinflation hat eine fatale innere Beschleunigungsmechanik: Im Teufelskreis der Inflation reihen sich aneinander: Inflationserfahrungen der Bevölkerung, nach und nach verlorengehendes Vertrauen in Geldwert und Geldordnung, Auflodern von Inflationserwartungen, die schließlich sogar die aktuelle Inflation und den tatsächlichen Geldüberhang übertreffen, infolgedessen zu ungezügelten Einkommensforderungen, Zinsspiralen, Wechselkursabwertungen führen und so einen effektiven, die schlimmsten Befürchtungen nachträglich bestätigenden Geldbedarf erzeugen. Die inflationistische Geldversorgung entartet auf diese Weise zu einem endogenen Phänomen. Typischerweise überholen aber im Laufe der Zeit Inflationserwartungen und daraus abgeleitete Preistreiberei die Geldversorgung. Dadurch nimmt die reale Geldmenge ab. Sie kann nicht einmal durch extreme Beschleunigung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, die ihrerseits durch explosiv steigende Opportunitätskosten der Geldhaltung bedingt ist und zu Anfang des Inflationstaumels selbst eine Triebfeder der Inflation war, kompensiert werden. Daraus erklärt sich der schließliche Zusammenbruch der Geldwirtschaft, die Funktionsunfähigkeit der Arbeitsteilung und der Zwang zu Stabilisierung. Hyperinflationen sterben ironischerweise am »Geldmangel«: sie erlöschen bei Übermass an nominaler Geldmenge wegen unzureichender realer Geldmenge. Sie haben deshalb, es ist das einzig Gute an ihnen, erfahrungsgemäss nur ein kurzes Leben von wenigen Jahren, oft nur Monaten. Das 20. Jh. hat wie nie zuvor in jedem Jahrzehnt und in allen Teilen der Welt Erfahrungen mit drastischen Inflationen gesammelt. Sich überstürzende Inflationen stellten sich nach den Weltkriegen ein (z.B. Österreich 1921/22, Deutschland 1922/23, Rußland 1921/24, Polen 1923/24, Ungarn 1923/24 und 1945/46, Griechenland 1943/44, China 1945/49). Länder Süd- und Mittelamerikas (Argentinien, Bolivien, Brasilien, Nicaragua, Peru) wurden in den 80er Jahren von schlimmen Inflationen heimgesucht, desgleichen Polen (1989). Die 90er Jahre bleiben davon nicht verschont (z.B. Rußland, ehemaliges Jugoslawien, Zaire). Es scheint jedoch, als habe die Welt mit dem Übel zu leben gelernt; die Begleiterscheinungen, obwohl miserabel genug, sind nicht mehr so katastrophal wie nach dem ersten Weltkrieg. Offenbar haben maßgebliche Wirtschaftseinheiten Immunisierungsstrategien entwickelt: Sie finden schneller als früher zu stabilen alternativen Recheneinheiten und zu Vertragsformen mit Indexierung oder Einbau von Inflationserwartungen und Inflationsrisiken in die Absprachen über künftige Kaufpreise und gegenwärtige Bestandshaltepreise wie Zinsen, Mieten, Pachten. Die Flucht in »Betongold« und andere wertbeständige Anlageformen wird zur Alltagserscheinung, die untrüglich von Immobilien- oder Kunstpreisen sowie von der Kursentwicklung auf den Finanzmärkten abzulesen ist. Innovative Finanzinstrumente schützen Kundige, Vermögende und nicht unbedingt Ortsverhaftete gegen Verluste. Die Zeche zahlen Volksschichten, die solche Wendigkeit nicht besitzen. Literatur: Bernholz, P. (1990). Dornbusch, R., Fischer, S. (1985). Parkin, M. (1994). Siklos, P. L. (1995)

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