Die traditionelle These der optimalen Kapitalstruktur geht davon aus, dass es für jedes Unternehmen einen optimalen Verschuldungsgrad (und somit eine optimale Kapitalstruktur) gibt. Dieser Verschuldungsgrad beschreibt eine Finanzierungssituation mit minimalen Finanzierungskosten.
Dabei werden bestimmte, in der Realität zu beobachtende Verhaltensweisen der Eigen- und Fremdkapitalgeber angenommen. Bei gegebenem Gesamtkapital ist ein Unternehmen unter Berücksichtigung der Sensibilität der Kapitalgeber für das Verschuldungsrisiko (= Kapitalstrukturrisiko) und niedriger Ausgangsverschuldung in der Lage, durch Substitution von „teurem“ Eigenkapital durch „billiges“ Fremdkapital die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten zu minimieren und damit den Marktwert des gesamten Unternehmens zu maximieren (Ertragswertkonzept).
Solange weder Eigenkapital- noch Fremdkapitalgeber einen Anlass sehen, ihre Rendite- bzw. Zinsforderungen zu verändern, lassen sich c.p. die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten des Unternehmens durch eine zunehmende Verschuldung senken (Bereich I). Dies gilt auch dann noch, wenn sich die nicht substituierten Eigenkapitalanteile verteuern, weil die Eigenkapitalgeber eine Prämie für das wachsende Verschuldungsrisiko fordern (Bereich II).
Die Vorteilhaftigkeit des fortgesetzten Austausches von Eigenkapital durch Fremdkapital nimmt mit zunehmendem Verschuldungsgrad bei konstanten Zinsforderungen der Fremdkapitalgeber allerdings ab, weil die Eigenkapitalgeber das erhöhte Kapitalstrukturrisiko erkennen und für die weitere Kapitalüberlassung höhere Risikoprämien verlangen.
Ab einem bestimmten Verschuldungsgrad erkennen selbst die Fremdkapitalgeber das erhöhte Verschuldungsrisiko und verlangen für die weitere Kapitalüberlassung höhere Risikoprämien bzw. eine höhere Fremdkapitalverzinsung (Bereich III). Durch eine weitere Kapitalumschichtung können die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten nicht mehr gesenkt werden. Aufgrund der beschriebenen Verhaltensmuster von Eigen- und Fremdkapitalgebern nehmen die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten im Bereich II ein — wenn auch nicht eindeutig bestimmbares — Minimum an. Der Bereich II wird auch als Bereich optimaler Kapitalstrukturen bezeichnet.
Fehlende Handlungsanweisungen, wie Unternehmer erkennen können, in welchem Bereich der Verschuldung sich ihr Unternehmen gegenwärtig befindet und durch welche Maßnahmen gegebenenfalls ein besserer Verschuldungsgrad erreicht werden kann, gelten als gravierende Modellschwächen. Die Nichtanwendung wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden sowie die Nichtbeachtung juristischer Tatbestände (Mindesteigenkapitaleinlagen der Gesellschafter, bestehende Kreditverträge) werden in der Literatur als weitere Kritikpunkte erwähnt. Dies gilt auch für das Argument, dass die Risikoprämienkalkulation nicht nur durch das Kapitalstrukturrisiko eines Unternehmens, sondern auch durch seine Unternehmensbonität beeinflusst wird. In die Analyse müssten daher auch leistungswirtschaftliche Risiken einbezogen werden.
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