Praktische Politik ist der Pluralität wirtschaftspolitischer Ziele verpflichtet. Ob einzelne Ziele überhaupt erreichbar sind, ist aufgrund kaum beeinflussbarer Faktoren sehr fraglich. So steht dem Ziel einer „gerechteren“ Einkommens- und Vermögensverteilung eine ungleiche Verteilung von Intelligenz, Geschicklichkeit, Durchsetzungsvermögen etc. in der Bevölkerung entgegen, die letztlich durch das Leistungsprinzips zum Einkommens- und Vermögenserwerb führen. Es können auch Zielkonflikte auftreten, die dazu führen, dass sich nicht alle Ziele umfassend und gleichzeitig realisieren lassen. Folglich müssen Prioritäten innerhalb des Zielsystems bildet werden.
• Die Aufmerksamkeit der (Wirtschafts-) Politiker gilt häufig vor allem den Zielen, bei denen Fehlentwicklungen (Abweichung der Ist-Situation von der gewünschten Situation) am stärksten spürbar sind. Eine solche weitgehend an akuten Erfordernissen orientierte Politik vernachlässigt zwangsläufig den konzeptionellen Aspekt. Zusätzlich wird durch gesellschaftliche Interessengruppen und Parteien starker Einfluss ausgeübt. Damit besteht die Gefahr, dass politischer Opportunismus (Politik der Wahlgeschenke) statt rationale Wirtschaftspolitik dominiert.
• Nicht immer sind die theoretischen Zusammenhänge ausreichend geklärt (Theoriedefizite). Manche Entscheidungen müssen auf der Grundlage unsicherer Erkenntnisse getroffen werden. Außerdem kann es zu einer Theoriekonkurrenz kommen, d.h. man versucht, aufgrund widersprechender Hypothesen zu Erklärungen zu kommen. In die Hypothesen fließen nicht selten ideologische Überzeugungen ein.
• Auch beim Einsatz wirtschaftspolitischer Instrumente stößt die Wirtschaftspolitik an Grenzen: - Die Eignung wirtschaftspolitischer Instrumente ist teilweise umstritten (z.B. Ablehnung der Fiskalpolitik durch die Monetaristen). - Maßnahmen der Wirtschaftspolitik können irreversibel sein. - Erfolgt der Einsatz der Instrumente nicht in der richtigen Dosierung und zum richtigen Zeitpunkt (Timing), kann ihre Wirksamkeit beeinträchtigt sein (Time Lags). - Die Wirksamkeit einzelner Instrumente kann umgangen werden. - Einige Instrumente wirken nur indirekt. - Für den Erfolg wirtschaftspolitischer Maßnahmen ist letztlich die Reaktion des privaten Sektors von entscheidender Bedeutung. Wegen des Widerstands der Betroffenen kann er in Frage gestellt sein.
• Die nationale Wirtschaftspolitik stößt an rechtliche Grenzen. Ein Beispiel ist die grundgesetzlich festgelegte Tarifautonomie (Einkommenspolitik) von Arbeitgebern und Gewerkschaften gemäß Art. 9 Abs. 3 GG.
• Probleme liegen auch im föderalistischen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen den Trägern der Wirtschaftspolitik auf den verschiedenen Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden) können Interessenkonflikte auftreten.
• Beschränkungen können sich aus finanziellen Restriktionen ergeben, z.B. einer hohen Staatsverschuldung, die den Handlungsspielraum der Regierung begrenzt.
• Nicht zuletzt beeinträchtigen die Schwerfälligkeit des Staatsapparates und mögliche Eigeninteressen der staatlichen Bürokratie die Wirksamkeit der Wirtschaftspolitik.
• Auch die Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen hat Auswirkungen auf die nationale Wirtschaftspolitik. Durch die europäische Integration wird der Handlungsspielraum der nationalen Entscheidungsträger eingeschränkt. In vielen Politikbereichen (Agrarpolitik, Fischereipolitik, Kohle und Stahl, Außenhandelspolitik) wird bereits heute eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik betrieben. Neben diesen supranationalen Einflüssen unterliegt die Wirtschaftspolitik auch Zwängen, die aus der Globalisierung erwachsen.
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