Kollektivbegriff für alle öffentlichen Prozesse der organisierten Herstellung und Bereitstellung sowie der psycho-sozialen Annahme und Verarbeitung informierender Mitteilungen zum Thema Wirtschaft. (1) Zur Wirtschaftspublizistik der Presse, deren Produktionen gegen Entgelt gekauft bzw. abonniert werden, gehören im vereinten Deutschland folgende Druckerzeugnisse (in Klammern die durchschnittlichen Gesamtauflagen): · die Wirtschafts-Tageszeitungen Handelsblatt (148000), Börsen-Zeitung (etwa 5000) und der die Frankfurter Allgemeine ergänzende Blick durch die Wirtschaft (etwa 25 000); · die redaktionell differenzierten Wirtschaftsteile der 158 eigenständigen Tageszeitungen ("Publizistische Einheiten"); besonders bedeutsam die Wirtschaftsteile der vier überregionalen Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung (429 000), Süddeutsche Zeitung (400000), Die Welt (230000), und Frankfurter Rundschau (200000) sowie · die Wirtschaftsberichterstattung der überregionalen Wochenzeitungen Die Zeit (498 000), Rheinischer Merkur (128 000) und Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt (94000); · das Nachrichtenmagazin Der Spiegel (1100000), insb. die Wirtschaftsmagazine Capital (253 000), DM (253 000), die Wirt- schaftswoche (216000), Impulse (141000), das Manager-Magazin (115 000), Management-Wissen (65 000), das Industriemagazin (etwa 40000) sowie das von der Stiftung Warentest herausgegebene Verbrauchermagazin Test (etwa 720000), seit 1991 mit dem Ableger Finanztest; · die Publikumszeitschriften (Illustrierte, Freizeit-, Frauen-, Motor-Zeitschriften usw.), die gelegentlich speziellere Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik aufgreifen; · die — teilweise kostenlos vertriebenen rund 800 Wirtschafts-Fachzeitschriften, die inhaltlich nach Waren- und Dienstleistungen, nach Branchen- und Berufszweigen zu unterscheiden sind. (2) Die Wirtschaftspublizistik des Rundfunks findet in Deutschland ihren unterschiedlichen Ausdruck in den zahlreichen Hörfunk- und Fernsehprogrammen zweier Organisationstypen: überwiegend in den Programmen der Anstalten des öffentlichen Rechts und bedingt in denen des privatwirtschaftlichen Rundfunks. Die erstgenannten sind die elf in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammengeschlossenen, haushaltswirtschaftlich operierenden Landes-Rundfunkanstalten Bayerischer Rund funk (BR), Hessischer Rundfunk (HR), Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), Norddeutscher Rundfunk (NDR), Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg (ORB), Radio Bremen (RB), Saarländischer Rundfunk (SR), Sender Freies Berlin (SFB), Süddeutscher Rundfunk (SDR), Südwestfunk (SWF) und Westdeutscher Rundfunk (WDR) sowie das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Die bisherige bundesrechtliche Anstalt Deutschlandfunk (DLF) soll Kernorganisation für ein "nationales" Hörfunkprogramm werden. Die öffentlich-rechtlichen Landesanstalten der ARD strahlen als Fernsehen ein Gemeinschaftsprogramm, "Dritte" Programme und das Satelliten-Programm "Eins Plus" aus, etwa 15 Programmstunden pro Woche werden dezidiert Wirtschaftsthemen gewidmet. Einige der drei bis fünf Hörfunkprogramme je ARD-Sender bieten umfassende Wirtschaftsberichterstattung an. Das ZDF hat, neben seinem bundesweit ausgestrahlten Fernsehprogramm, einen hohen wirtschaftspublizistischen Anteil an dem deutsch-österreichisch-schweizerischen Gemeinschaftsprogramm "3sat". Die aus Zuweisungen des Bundes finanzierte Anstalt Deutsche Welle (DW), der deutsche Auslandshörfunk, versucht in 34 Sprachen aus deutscher Sicht weltweit "ein Bild des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens" in Deutschland zu vermitteln. Die erwerbswirtschaftlich betriebenen Fernsehsender SAT 1, RTL plus, und Tele 5 widmen der Wirtschaft nach Umfang und Trennschärfe zur Werbung hin durchaus unterschiedliche Programme. Eigene Wirtschaftssendungen sind in den lokal und regional verbreiteten Programmen der zahlreichen privatwirtschaftlichen Hörfunksender selten anzutreffen. (3) Als "Lieferanten" wirtschaftspublizistischer Themen und Mitteilungen an Presse und Rundfunk verstehen sich die Nachrichtenagenturen Deutsche Presse-Agentur (pro Tag 1000 thematisierte Mitteilungen; davon etwa 70 wirtschaftlicher Art), die Vereinigten Wirtschaftsdienste (VWD), die wöchentlich fünfmal 20 verschiedene, branchenspezifische "schriftliche Dienste" anbieten, die Deutschsprachigen Dienste von Reuters (London), deren Kundenstamm sich hierzulande in erster Linie aus Unternehmen und Banken zusammensetzt. Über 800 Presse- und Informationsdienste der Wirtschaft haben sich auf so unterschiedliche Themen wie Rohstoffe, Wertpapiere, Messen, Ziviler Bevölkerungsschutz, Afrika usw. spezialisiert. (4) Neben der primär journalistisch gestalteten Wirtschaftspublizistik in Presse und Rundfunk kennen wir auch eine primär auf Public Relations (PR)/Öffentlichkeitsarbeit gerichtete Wirtschaftspublizistik. Zur organisationsexternen Wirtschafts-PR gehören so unterschiedliche Publikationsformen wie die der regionalen und der deutsch-ausländischen Industrie- und Handelskammern, die in Millionenauflagen erscheinenden Mitgliederzeitschriften der Automobilclubs, der Krankenkassen und ähnlicher "Publikums-Organisationen", aber auch die Kundenzeitschriften der Friseure, Bäcker, Fleischer, Apotheker und Drogisten, mit denen Branchen-PR betrieben wird. Zahlenmässig nicht erfasst ist die augenscheinlich wachsende Produktion der PR- und Pressestellen von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden. Sie bieten der Presse und dem Rundfunk thematisch spezialisierte "Pressemitteilungen" zur redaktionellen Weiterverarbeitung an, und behandeln in eigenen Publikationsorganen wirtschaftsbezogene Themen. Zu den organisationsinternen PR-Publikationen zählen die etwa 500 Hauszeitungen und Werkzeitschriften (geschätzte Gesamtauflage 30 Mio. Exemplare) sowie eine nicht zu quantifizierende, aber ständig zunehmende Zahl firmeninterner Spezialdienste ("Presse-Ausschnitte") für die unterschiedlichen Ebenen des Management bzw. für einzelne Organisationsbereiche. In der komplexen Welt der Moderne gibt es keine einfachen Wirtschaftsprobleme. Zeitungen und Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen, Pressestellen, PR-Abteilungen und andere wirtschaftspublizistische Organisationsformen stehen, nach selbstgesetzten Richtlinien und an unterschiedlichen Publikumsmärkten orientiert, vor der grundsätzlichen Aufgabe, aus der komplexen Ereignishaftigkeit der Wirtschaftswelt eine begrenzte Zahl an Problemen auszuwählen. Damit sollen auch Publika gewonnen werden, die nicht sonderlich auf Wirtschaft eingestimmt sind. Wirtschaftsprobleme publizistisch zu popularisieren wird begrenzt durch die Spezifität der Medien nach Wort, Ton und Bild sowie nach der Lesbarkeit und Verstehbarkeit der absichtsvollen redaktionellen Produktionen. Der unaufhebbare Primat der Pressefreiheit als grundgesetzlich gewährtes Jedermannsrecht, lässt nicht erwarten, dass wirtschaftspublizistische Probleme stets sachlich angemessen behandelt und nicht immer wieder banalisiert oder trivialisiert dargestellt und kritisiert werden. Langfristig entstandene wirtschaftspublizistische Dauerthemen sind die Situationsberichte über Grossunternehmen, Branchen, Märkte und Volkswirtschaften, eine kontinuierliche Berichterstattung über Börsen, Volkswirtschafts- und Sozialpolitik, Zusammenschlüsse und Insolvenzen von Unternehmen, Interviews mit Wirtschaftsexperten, Berichterstattung über Messen, Ausstellungen, Versammlungen, Jubiläen, Tagungen sowie Personalmeldungen über die Wirtschaftsprominenz. Mit Ausnahme der staatlich subventionierten Test-Zeitschriften erscheinen absatzorientierte Wirtschaftspublikationen stets in Verbindung mit Anzeigen-, Hörfunk- und Fernsehwerbung. Werbung hat dabei eine doppelte Aufgabe: Zum einen bietet sie — neben den von den Redaktionen zu verantwortenden Teilen — zusätzliche Informationen an; zum andern fungiert Werbung als zusätzliche, teilweise (z. B. für den Privatrundfunk) als alleinige Finanzierungsquelle der Wirtschaftspublizistik. Das Arbeitsfeld der Wirtschaftspublizistik umfasst Journalismus, Public Relations und Werbung. Der Zugang zu publizistischen Berufen ist nach Art. 5 Abs. 1 GG prinzipiell frei. Zunehmend rekrutieren wirtschaftspublizistische Arbeitsorganisationen ihr Personal nach einem kombinierten Studium der Wirtschaftsund Kommunikationswissenschaft (insb. der Journalistik und der Public Relations), das heute in Deutschland vielerorts studiert werden kann; ergänzt durch eine systematische Praxisausbildung in den Lehrredaktionen, Hörfunk- und Fernsehstudios der Universitäten sowie durch Volontariate, Praktika und Hospitanzen in Redaktionen aller Art. Spezielle Berufsorganisationen für Wirtschaftspublizistik sind die Wirtschaftspublizistische Vereinigung e. V, Düsseldorf, die Deutsche Public Relations Gesellschaft e. V, Bonn, der BDW Deutscher Kommunikationsverband e. V, Bonn. Literatur: Russ-Mohl, S./Stuckmann H. D. (Hrsg.), Wirtschaftsjournalismus, München, Leipzig 1991. Klaue, S. (Hrsg.), Marktwirtschaft in der Medienberichterstattung, Düsseldorf u. a. 1991. Schöhl, W W, Wirtschaftsjournalismus, Nürnberg 1987.
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