Die in das Grundgesetz eingefügte Notstandsverfassung bestimmt in Art. 80 a I, dass einfache Bundesgesetze und andere mögliche Rechtsvorschriften trotz ihres Inkrafttretens gem. Art. 82I aufgehoben und von einem der in Art. 80 a I aufgeführten Hoheitsakte abhängig gemacht werden können. Mit der Verfassungsnovelle vom 24. 6. 1968 sind deshalb eine Reihe von "einfachen" Notstandsgesetzen, die bislang erst nach einem entsprechenden Hoheitsakt der Bundesregierung wirksam werden konnten, dergestalt geändert worden, dass sie nunmehr Bundesgesetze i. S. v. Art. 80a sein sollten. Art. 80a behandelt ausschliesslich den äusseren Notstand (Verteidigungs-, Spannungs- sowie jeden anderen Krisenfall; Militärökonomik), in dem der Bundestag die Anwendbarkeit bestimmter Notstandsvorschriften für notwendig hält. Diese Vorschrift beinhaltet das verfassungsrechtliche Intrument für ein sicherheitspolitisches Krisenmanagement, sei es zur realistischen Wahrung der eigenen Überlebens-Chance, sei es zur De-Eskalation. Zu den einfachen Notstandsgesetzen zählen die Gesetze über die Sicherstellung unterschiedlicher Leistungen, die z. T. schon vor der Notstandsverfassung ergangen sind: das Wirtschaftssicherstellungsgesetz, das —Ernährungssicherstellungsgesetz, das Verkehrssicherstellungsgesetz, das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes, das sog. Luftschutzgesetz, das Gesetz über das Zivilschutzkorps, das Gesetz über den Zivilschutz, das Selbstschutzgesetz, das Schutzbaugesetz, das Bundesleistungsgesetz sowie das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Bei diesen Gesetzen handelt es sich nicht um Schubladengesetze, also um öffentlichkeitsscheue Ad-hoc-Normen, sondern um im normalen Gesetzgebungsverfahren (Art. 76, 77, 82 GG) zustandegekommene und sich nur durch die Junktim-Klausel nach Art. 80 a von allen anderen Bundesgesetzen unterscheidende Vorschriften. Nicht ihr Erlass, sondern nur ihre Anwendung ist bedingt. Die mit einfacher Mehrheit beschlossenen Sicherstellungsgesetze erteilen mitunter Ermächtigungen zum Erlass entsprechender Rechtsverordnungen. Dadurch wird ein kompliziertes, nicht leicht durchschaubares Netz von Befugnissen über Behörden und Bürger ausgebreitet. Auch Art. 80a ist eine von vielfach ineinander verschränkten politischen Kompromissen geprägte Verfassungsnorm. Die nicht zu unterschätzende Gefahr einer exekutiven Eigendynamik im Falle des äusseren Notstandes und der nicht zu überschätzende Schutz von Verfassungsnormen als Bollwerk werden indes relativiert, wenn das demokratische Bewusstsein intakt ist und bleibt. Dann können selbst weitestgehende Exekutiv-Vollmachten nicht ausufern und überborden. Literatur: Wipfelder, H. J., Sicherstellungsgesetze, in: Kirchhoff, G. (Hrsg.), Handbuch zur Ökonomie der Verteidigungspolitik, Regensburg 1986, S. 854 ff. Wipfelder, H. J., Wehrrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Regensburg 1991.
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