Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer
Belastet den Erwerb von Todes wegen und auch die Schenkungen unter Lebenden. International gibt es zwei Systeme, die Nachlasssteuer, die den gesamten Nachlass des Erblassers besteuert, und die Erbanfallsteuer, die den Erbanfall bei den Erben besteuert. In Deutschland gilt die Erbanfallsteuer, die grundsätzlich vorteilhafter ist, weil sie an die finanzielle Leistungsfähigkeit der Erben anknüpft. Beispiel: Eine Witwe mit drei Kindern hinterlässt ein Vermögen von 900.000 €. Bei einer Nachlasssteuer wäre der Tarif auf den Gesamtbetrag von 900.000 € anzuwenden. Bei der geltenden Erbanfallsteuer hat jedes Kind nur 300.000 € zu versteuern. Wie bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer unterscheidet man auch bei der Erbschaftsteuer zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Eine unbeschränkte Steuerpflicht ergibt sich, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes bzw. der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber (Erbe bzw. Beschenkte) Inländer ist. Bei unbeschränkter Steuerpflicht wird grundsätzlich der gesamte Vermögensanfall einschließlich Auslandsvermögen im Inland besteuert. Eine beschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn keine der am Erbfall bzw. an einer Schenkung beteiligten Personen Inländer ist. Dann unterliegt nur der Vermögensanfall in Form von Inlandsvermögen der deutschen Erbschaftsteuer. Durch Abkommen mit den meisten Ländern werden Doppelbesteuerungen beseitigt bzw. gemindert. Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ist grundsätzlich die Bereicherung des Erwerbers, d.h. der Vermögensanfall abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten. Die Bewertung ist bei Kapitalvermögen am einfachsten. Für Immobilien gelten spezielle Grundstückswerte, die nur etwa 5o % der jeweiligen Zeitwerte ausmachen. Auch noch nicht fällige Lebensversicherungen werden günstiger als die Zeitwerte bewertet, was allerdings ab 2002 geändert werden soll. Das Betriebsvermögen ergibt sich aus der letzten Steuerbilanz. Dabei sind Grundstücke mit dem Grundstückswert laut Bewertungsgesetz und Wertpapiere mit dem Kurswert anzusetzen. Die Höhe der Steuerbelastung hängt einerseits vom Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser oder Schenker und andererseits vom Wert des steuerpflichtigen Erwerbs ab. Das Erbschaftsteuergesetz unterscheidet drei Steuerklassen, die den abnehmenden Verwandtschaftsgrad berücksichtigen.
besteuert den Vermögensübergang vom Erblasser auf den Erben. Da zwischen Erbschaften und Schenkungen Parallelen bestehen, wird mit der Besteuerung der Erbschaften auch die der Schenkungen geregelt. Andernfalls würde es zur Steuerausweichung kommen, weil der Erbübergang durch Schenkungen unter Lebenden umgangen werden könnte. Grundsätzlich sind zwei Formen der Erbschaftsteuer zu unterscheiden: Bei der Nachlasssteuer wird der gesamte Nachlass beim Erblasser besteuert, unabhängig davon, an wen das Erbe übertragen wird. Bei der Anfallsteuer wird das Vermögen, das dem einzelnen Erben zufällt, bei diesem besteuert. Damit bietet sich die Möglichkeit, die Steuerbelastung nach der Höhe des Erbes, den persönlichen Umständen des Erben und dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser zu besteuern. Diese Form der Steuer wird auch in der Bundesrepublik praktiziert, so dass sich die weiteren Ausführungen darauf beschränken können. Erbschaft ist das Nettovermögen (Bruttovermögen minus Schulden), das dem Erben zufliesst. Die Steuer ist eine Vermögenssubstanzsteuer, weil i.d.R. ein Teil des übergehenden Vermögens an den Staat abgetreten werden muss; nur bei niedrigen Steuersätzen und Steuerstundungen kann die Steuer auch aus den Erträgen (Vermögensertragsteuer) gezahlt werden. Als weithin akzeptierte Rechtfertigungen für die Erbanfallsteuer gelten: Der Erbanfall stellt eine Erhöhung der steuerlichen Leistungsfähigkeit (Leistungsfähigkeitsprinzip) dar; die Steuer eignet sich als Instrument der Umverteilung der Vermögen; mit Hilfe der Steuer können die Startchancen angeglichen werden. Bei der Ausgestaltung der Erbschaftsteuer entstehen in der Praxis folgende Probleme: (1) die Tarifgestaltung einschl. der Regelungen über Steuerfreibeträge und der Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrades; (2) die Ermittlung des Wertes einer Erbschaft; (3) möglicherweise Zwang zur Liquidisierung des Vermögens; (4) der Grad der anzustrebenden Vermögensumverteilung. Eine stark progressive Erbschaftsteuer kann zwar die Umverteilung erreichen, läuft aber Gefahr, Leistungsanreize und Vermögensbildung zu beeinträchtigen und damit wachstumspolitisch unerwünschte Wirkungen hervorzurufen. In der Bundesrepublik wird die den Ländern zufliessende Erbschaft- und Schenkungsteuer (Aufkommen 1990: 3,0 Mrd. DM) als Anfallsteuer erhoben. Steuerobjekt sind der Erwerb von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen. Steuerschuldner ist der Erbe (Beschenkter). Es werden vier Steuerklassen nach dem Verwandtschaftsverhältnis des Erblassers zum Erben unterschieden. Innerhalb der Klassen ist der Steuersatz progressiv nach der Höhe der Erbschaft (Schenkung) gestaffelt; er schwankt zwischen 3% in Klasse I und 70% in Klasse IV Ausserdem gibt es persönliche Freibeträge zwischen 250000 DM (Klasse I für Ehegatten) und 3000 DM (Klasse IV). Literatur: Oberhäuser, A., Erbschaft- und Schenkungsteuern, in: Neumark, F. (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, 3. Aufl., Tübingen 1979, S. 487 ff.
Ab
1. 1. 1996
Der Erwerb von Todes wegen (Erbschaft) und die Zuwendung unter Lebenden (Schenkung) sowie Zweckzuwendungen unterliegen der Erbschaftsteuer. Sie ist eine Substanzsteuer, weil sie einen Teil der Erbschaft aufzehrt. Ihre Höhe richtet sich nach der Größe der Erbschaft bzw. Schenkung und dem Verwandtschaftsgrad des Erben zum Erblasser. Auch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten sowie überhöhte Abfindungen und Gewinnbeteiligungen bei Personengesellschaften können unter bestimmten Voraussetzungen zur Steuerpflicht führen (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 6 ErbStG). Die Steuer wird erhoben vom Wert des Erwerbers abzüglich der Schulden und Lasten, die mit dem Erworbenen zusammenhängen. Erwerbe von derselben Person innerhalb von zehn Jahren werden zusammengerechnet (§ 14 ErbStG). Ferner kann der Betrag gekürzt werden um die Kosten der Abwicklung sowie den Wert der Auflagen und Vermächtnisse (= Bedingungen, die an die Erbschaft geknüpft sind, z. B. einen Teil an eine gemeinnützige Einrichtung zu überweisen).
Ab 1996 ist der Grundbesitz bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer statt mit den niedrigen Einheitswerten mit dem sog. Grundbesitzwert (auf volle DM
1. 000,— abzurunden) anzusetzen. Eine Feststellung der Grundbesitzwerte durch das Finanzamt erfolgt nur im Bedarfsfall (Bedarfsbewertung). Ein solcher liegt vor, wenn der Grundstückswert für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer benötigt wird. Die Feststellung des Grundbesitzwertes soll von dem Finanzamt durchgeführt werden, in dessen Bezirk das Grundstück liegt.
Für die Bewertung bebauter Grundstücke ist regelmäßig ein vereinfachtes Ertragswertverfahren vorgesehen (durchschnittliche Jahresnettokaltmiete x 12,5 abzüglich einer Alterswertminderung). Nach dem neuen Ertragswertverfahren ergeben sich künftig grundsätzlich höhere Werte, die zu erfassen sind. Dennoch liegen die neuen Werte i. d. R. immer noch deutlich — schätzungsweise im Durchschnitt bei 40 % — unter den tatsächlich gezahlten Kaufpreisen.
Die Erwerber werden nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser oder zum Schenker in drei Steuerklassen eingeteilt (§ 15 Abs. 1 ErbStG).
Es gehören danach zur Steuerklasse
1. der Ehegatte,
2. die Kinder und Stiefkinder,
3. die Abkömmlinge der in Nr. 2 genannten Kinder und Stiefkinder,
4. die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen.
Steuerklasse II
1. die Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zu Steuerklasse I gehören,
2. die Geschwister,
3. die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern,
4. die Stiefeltern,
5. die Schwiegerkinder,
6. die Schwiegereltern,
7. der geschiedene Ehegatte.
Steuerklasse III
alle übrigen Erwerber und die Zweckzuwendungen.
Das Erbschaftsteuergesetz kennt allgemeine persönliche Freibeträge, besondere Versorgungsfreibeträge und sachliche Befreiungen:
Die Anhebung der Freibeträge für Ehegatten und Kinder erfolgte wegen der verfassungsrechtlich gebotenen Freistellung des Familiengebrauchsvermögens aufgrund der Vorgaben des BVerfG im Beschluss vom 22.6.1995. So orientiert sich die Freistellung des Familiengebrauchsvermögens am Wert durchschnittlicher Einfamilienhäuser. Der erbschaftsteuerliche Zugriff bei Ehegatten, Kindern und — wenn diese verstorben sind — bei deren Kindern (§ 15 Abs. 1 ErbStG) wurde derart ermäßigt, dass jedem dieser Steuerpflichtigen der jeweils auf ihn übergehende Nachlass zumindest zu einem deutlichen Teil, bei kleineren Vermögen sogar völlig steuerfrei zugute kommt. Da nur bei einem Erwerb von dem Ehegatten oder einem Elternteil Familiengebrauchs-vermögen im engeren Sinn direkt übergeht, gilt im Erbfall der erhöhte Freibetrag für Kinder nicht für die neu in die Steuerklasse I aufgenommenen Eltern und Großeltern. Nicht umgesetzt wurden Vorschläge, die Freibeträge auf bis zu 1 Mio. DM anzuheben oder ein übliches Familienwohnheim als solches zu befreien.
2. Versorgungsfreibetrag (§ 17 ErbStG)
Die Freibeträge für Kinder stehen jedem Kind nach jedem Elternteil zu; eine Aufteilung bei mehreren Kindern ist wie bisher nicht vorzunehmen.
Haben der überlebende Ehegatte oder die Kinder erbschaftsteuerfreie (gesetzliche, berufliche) Versorgungsbezüge aus Anlass des Todes, so wird der Versorgungsfreibetrag wie bisher um deren Kapitalwert gekürzt. Steuerpflichtige (private) Versorgungsbezüge werden durch den Versorgungsfreibetrag von der Erbschaftsteuer ganz freigestellt, wenn sie jährlich betragen:
Die unterschiedliche erbschaftsteuerliche Behandlung ergibt sich daraus, dass die auf Gesetz beruhenden Versorgungsbezüge wegen des unmittelbaren Rechtsanspruchs der Hinterbliebenen nicht vom Erblasser »erworben« werden und somit keinen steuerbaren Erwerb darstellen, während die Bezüge der Hinterbliebenen aufgrund eines privaten Anstellungsvertrags, weil sie auf einer rechtsgeschäftlichen Handlung
des Erblassers beruhen, wie jeder Vermögensvorteil aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG
grundsätzlich der Erbschaftsteuer unterliegen. Letztere sind jedoch aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von der Besteuerung
ausgenommen, wenn sie auf einem Arbeits- oder Dienstvertrag des Erblassers beruhen und die Tätigkeit, für die die Hinterbliebenenbezüge gezahlt werden, als abhängige Tätigkeit anzusehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Dezember 1989, BStBI. 1990 II S. 322, 325).
Ersatzlos weggefallen ist die Kürzung des Versorgungsfreibetrags bei Kindern, wenn sie mehr als 150.000 DM erben.
3. Sachliche Steuerbefreiungen (§ 13 ErbStG)
Der Freibetrag steht wie bisher jedem Erwerber persönlich zu. Unverändert geblieben sind auch die Abgrenzung zwischen Hausrat (für die Haushaltsführung notwendige Sachen einschließlich Wäsche und Kleidung) und anderen Gegenständen sowie die Ausgrenzung bestimmter Vermögensgegenstände aus der Befreiung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG); danach sind Gegenstände, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb oder zu einem Grundstück gehören ebenso wie Zahlungsmittel, Münzen, Edelmetalle, Edelsteine und Perlen nicht begünstigt.
4. Steuersätze (§ 19 ErbStG)
Vermögensbesteuerung
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