spezielle Form eines Informationssystems, d. h. einer planvoll entwickelten und geordneten Gesamtheit von organisatorischen Regelungen bezüglich - der Träger informatorischer Aufgaben, - der Informationswege zwischen ihnen, - der Informationsrechte und -pflichten sowie - der Methoden der Informationsbearbeitung in diesem Gefüge zur Befriedigung des Informationsbedarfs bei der Marketingplanung und im Marketing-Controlling.
MAIS kommt die angesichts zunehmender Komplexität und Dynamik der Marketingumwelt immer bedeutsamere Aufgabe eines Intelligenzverstärkers zu. Vor allem durch die Nutzbarmachung der EDV kann man die Informationsflut kanalisieren, die Aktualität der Informationsversorgung sichern und die tatsächliche Nutzung der verfügbaren Informationen in einer problem- und organisationsgerechten Auibereitungsform fördern. MAIS bestimmen in bestimmten Branchen zunehmend das Marketinggeschehen, da sie die Kundennähe verbessern können und die Bearbeitung des Marktes bis hin zur kundenspezifischen Ansprache im sog. Data- Base-Marketing bzw. Direct-Response- Marketing ermöglichen. Die Entwicklung verlief dabei von einfachen Datenabfragesy- stemen über dialoggesteuerte Berichtssysteme hin zu methoden- und modellgestützten Entscheidungsunterstützungssystemen und schließlich zur Integration von modularen Expertensystemen. Voraussetzungen für ein MAIS sind 1) eine hinreichende, auf den Informationsbedarf des Management ab gestimmte Datenbasis; 2) ein flexibles System der elektronischen Datenaufbereitung für unterschiedliche Fragestellungen der Systembenutzer; hierbei kommt es v. a. auf die Möglichkeit der hierarchischen Datenverdichtung mit der flexiblen Möglichkeit zur Disaggregation an; 3) ein hinreichendes Reservoire an Methoden und Modellen, welche die problemorientierte Verknüpfung der Datenbestände ermöglichen; 4) eine leistungsfähige Computer-Hard- ware mit möglichst direkten Datenzugriffsmöglichkeiten und benutzerfreundlichen Kommunikationsformen. Die technische Entwicklung erlaubt dabei eine zunehmende Verlagerung von Informationsaufgaben auf dezentrale Personal- Computer, die über Schnittstellen mit Workstations oder Zentralcomputern und entsprechende Datenbestände verfügen. Abb. 1 zeigt die Grundkomponenten eines typischen MAIS: Die aus der Unternehmung selbst sowie von außen beschafften (häufig durch Datenträgeraustausch schon EDV-gerechten) Informationen werden lfd. über ein Datenbankmanagementsystem in die Datenbank eingespeichert und bei Bedarf (Abfragesystem) bzw. automatisch in regelmäßigen Abständen (Berichtssystem) über zentrale oder dezentrale Peripheriegeräte (Bildschirm, Druckcr) dem Management bereitgestellt. Fehlen weitere Systemkomponenten, so spricht man von einem Retrievalsystem.
Fortgeschrittene MAIS verfügen darüber hinaus über eine Methoden- oder sogar Modellbank, die eine statistische Aufbereitung und Verknüpfung der Daten erlauben. Als Methodenbanken kommen häufig auch kauf- oder mietbare Standardsoftwarepakete (SPSS, S AS, Expreß etc.) zum Einsatz. Die Entwicklung umfassenderer elektronisch gestützter Marketingmodelle ist hingegen noch weit weniger forgeschritten. Die für die operative Marketingarbeit eingesetzten MAIS werden häufig auch Vertriebs- informations-, Verkaufsinformations-, Ab- satzinformations- oder Vertriebsplanungs- systeme genannt. Sie basieren i.d. R. auf Modulen, da der Versuch zum Entwurf eines integrierten Gesamtsystems „aus einem Guß“ meist an der Komplexität der Informationssituationscheitert. Zweckmäßigerweise beginnt der Aufbau eines MAIS deshalb mit den am leichtesten realisierbaren und kurzfristig den größten Nutzen versprechenden Teilsystemen, bevor weitere Bausteine ergänztwerden (Abb. 2). Ein erster Baustein ist dabei die Verkauf Statistik, die aus den Daten des Rechnungswesens aufgebaut werden kann. Dabei gilt es die abrechnungstechnischen Abgrenzungen durch marketingorientierte Abgrenzungen zu ersetzen oder zu ergänzen, entscheidungsorientierte Aufbereitungen in Form von Kennzahlen, Vorjahresvergleichen, Periodenhochrechnungen etc. möglich zu machen und auf die Vollständigkeit der Informationen über alle Absatzgebiete und -Segmente zu achten. Ein zweites Modul stellt dann die Vertriebs- erfolgsrechnungdar, beider die Vertriebskosten in die Verkaufsstatistik integriert werden (Marketing-Controlling).Hierzu ist i. a. eine im Vergleich zu früher erheblich differenziertere Vertriebskostenartenrech- nung erforderlich. Ferner sollte auf Sammelpositionen verzichtet und eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung ermöglicht werden (Vertriebskosten). Entsprechend der Denkweise im Marketing-Controlling gilt es, alle Möglichkeiten der Deckungsbeitragsrechnung auszuschöpfen. Die Implementation von Außendiensberichtssystemen stellt die nächste Entwicklungsstufe auf dem Weg zu integrierten MAIS dar. Dabei sollen insb. die Möglichkeiten des Außendiensts zur Erfassung von Konkurrenzdaten (Preise, Aktivitäten etc.) und zur Einschätzung der eigenen Produkte durch die Abnehmer erschlossen werden (Außendienststeuerung).
Umfassende Systeme der Absatzplanung als vierter Entwicklungsstufe von MAIS beschränken sich nicht nur auf die Mengen- und Umsatzplanung, sondern beziehen auch die Planung von Marketingkosten und -er- gebnissen mit ein. Darüber hinaus erstrecken sie sich nicht nur auf die Planung nach Produkten oder Produktgruppen, sondern auch auf jene nach Kunden (Key-Account-Ma- nagement) und Außendienstmitarbeitern bzw. Verkaufsbezirken. Solche Systeme erfordern deshalb eine Integration aller bisher erläuterten Module. Auf diese Weise können die Absatzzahlen aus den Verkaufsstatistiken mit den Plandaten verglichen, die Kosten- und Ergebnisdaten der Vertriebser- folgsrechnung mit den entsprechenden Budgetwerten vergleichbar gemacht und die Schätzungen des Außendienstes in die Planüberlegungen der Vertriebsleitung eingebunden werden. Voraussetzung dafür ist die Verknüpfung aller relevanten Datenbestände zu einer gemeinsamen Marketing-Datenbasis. Inkompatible Schlüssel, abweichende Aktualitätsstandards, inhaltliche Unterschiede der Datenabgrenzung und auch gegenläufige Abteilungsinteressen sind dabei häufig größere Hindernisse als hardware- oder softwaretechnische Probleme.
Literatur: Diller, H., Produkt-Management und Marketing-Informationssysteme, Berlin 1975. Heinzelbecker, K., Marketing-Informationssysteme, Stuttgart 1985. Meffert, H., Computergestüfö - te Marketing-Informationssysteme, Wiesbaden 1975. Mertens, P.; Griese, J., Industrielle Datenverarbeitung, Bd. II: Informations- und Planungssysteme, 4. Aufl., Wiesbaden 1991.
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