1. Charakterisierung Als Vertriebs- oder Absatzweg (Absatzkanal, Distributionskanal) wird die Abfolge von Institutionen bezeichnet, die eine Ware oder Dienstleistung vom Hersteller zum Verwender bzw. Verbraucher dispositiv und/oder physisch durchläuft. Dieses Entscheidungsproblem der Distributionspolitik bezieht sich auf die Wahl zwischen direktem und indirektem Absatz- bzw. Vertriebsweg (siehe auch Vertriebspolitik und Vertriebssteuerung).
2. Abgrenzung indirekter und direkter Vertrieb Beim direkten Vertrieb übernimmt der Hersteller alle oder den überwiegenden Teil der Funktionen, die beim Absatz der Leistungen bis zum Endkäufer anfallen, selbst oder durch von ihm wirtschaftlich abhän-gige Absatzorgane. Wesentlich ist hierbei, dass er den Einsatz der Marketinginstrumente bis zum End-kunden steuern und kontrollieren kami. Indirekter Vertrieb liegt aus Sicht eines Herstellers dann vor, wenn über die Glieder der Absatzkette, durch Zwischenschaltung rechtlich und wirtschaftlich selbstständiger Absatzorgane, z.B. Handelsbetriebe, die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich des Einsatzes der Marketinginstrumente beim Endkunden weitgehend verloren gehen.
3. Facetten der neueren Vertriebswege Die schwierige Abgrenzung neuerer Vertriebswege hat zwei Facetten:
(1) I,w,S. wird darunter die Nutzung von für das Unternehmen oder die Branche neuer bzw. neuerer Vertriebswege gesehen (Schögel/Tomczak 1999, S. 17 ff.). Hierzu zählen beispielsweise neue Formen des Direktvertriebs der Hersteller, der neben den traditionellen Einsatz von Aussendienstmitarbeitern tritt, so eigene Verkaufsstellen oder Shop-in-Shop-Systeme, Fabrikläden, Factory Outlet Center, E-Commerce (Remote Ordering) etc. Hierzu zählen aber auch bisher ungenutzte indirekte Vertriebswege, z.B. Versicherungen oder Reisen bei Kaffeeröstern. Für Externe ist es oftmals nicht zu erkennen, ob diese neue Vertriebswege des “Herstellers” (im Zuge der MultiChannel-Distribution) oder Sortimentserweiterungen bzw. Betriebs- oder Vertriebstypenerweiterungen des Handels sind (Multi-Channel-Retailing).
(2) I.e.S. zählen zu den neueren Vertriebswegen echte, bisher nicht bekannte Vertriebsinnovationen, neu an Bedeutung gewinnende Standorte oder Vertriebs- bzw. Betriebstypen des Handels. Exemplarisch könnten hier die Optionen durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien genannt und mit dem Schlagwort E-Comrnerce (als indirekter oder direkter Vertrieb) belegt werden (Zentes/Swoboda 1999). Es handelt sich hier vornehmlich um neue Kommunikationskanäle im Zuge des aus dem Versandhandel bekannten Remote Ordering. Neue bisher nicht in dem Masse für den Vertrieb bekannte Standorte sind Airports, Bahnhöfe, Clubs, Eventveranstaltungen (Eventmanagement, Eventmarketing), Fanshops etc. (Airport-, Bahnhof-, CEFFT-Shopping) oder auch Urbain Entertainment Center als eine spezielle Ausprägung der Shopping Center. Dem Convenience Trend des Konsumentenverhaltens folgen insb. Convenience Stores. Neuere Vertriebswege sind auch Ausdruck einer Bedeutungsreduktion oder -verlagerung zwischen bisherigen Vertriebswegen, so im direkten Vertrieb oder in den Betriebs-/Vertriebstypen des Handels (z.B. Store Erosion). Da neuere Vertriebswege aus Hersteller- wie Handelssicht relevant sind, führt deren Nutzung aus Sicht der Hersteller zur zunehmenden Multi-Channel-Distribution (Schögel/Tomezak 1999) und aus Sicht des Handels zum zunehmenden Multi-Channel-Retailing (Schramm-Klein 2003) (Handelsmarketing).
4. Ausprägungsformen neuerer Vertriebswege Unter den neueren Vertriebswegen, aber auch Vertriebs- und Betriebsformen sind im Wesentlichen folgende zu subsumieren:
(1) Fabrikläden, Factory Outlet Center, Off-Price Stores, Shop-inShop-Systeme;
(2) Flagship Stores oder Direktvermarktung (auch Landwirtschaftliche Direktvermarktung);
(3) Airport- und Bahnhof-Shopping sowie CEFFT-Shopping (Club-, Event-, Fun-, Fan- und Tourist-Shopping);
(4) Convenience Stores, Tankstellen-Shops und Consumer Catering;
(5) Shopping Center, Urbain Entertainment Center und Power Center;
(6) Remote Ordering (oft nur auf das E-Commerce begrenzt), d.h. neuere Bestellformen (wie printmedial, telefonisch, PC- or portable devices basiert, auch home scanning, automatic replenishment) und Auslieferungsformen bzw. Zustell- und Abholvarianten (wie Direct Distribution, Pic-up-Services, Shopping-Boxes, At-WorkDelivery). In dieser Aufzählung sind die beiden erstgenannten Punkte eher den neueren Optionen der (Konsumgüter-)Hersteller zuzurechnen. Die folgenden drei Punkte repräsentieren neuere Standorte oder aufgrund eines veränderten Konsumverhaltens in ihrer Bedeutung gewachsene Betriebs- bzw. Vertriebsformen des Handels. Der letzte Punkt schliesslich steht für Vertriebsinnovationen. Er ist sowohl aus Sicht der Hersteller wie der Absatzmittler von Bedeutung. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe Category Management, Customer Relationship Management (CRM), Direktmarketing, E-Commerce, Efficient Consumer Response, Eventmanagement, Eventmarketing, Franchising, Handelsbetriebslehre, Grundlagen, Handelsforschung, Handelsmarketing, —s Internationales Marketing, Kommunikationspolitik, Konsumentenverhalten, Kundenzufriedenheit, Marketing, Grundlagen, Marketing, Internationales, Marktforschung, Mobile Commerce, Multi-Kanal-Dialog Marketing, Vertriebspolitik, Vertriebssteuerung.
Literatur: Barth, K., Hartmann, M., Schröder, H.: Betriebswirtschafslehre des Handels, 5. Auflage, Wiesbaden 2002; Liebmann, H.-P., Zentes, J., Swoboda, B.: Handelsmanagement, 2. Auflage, München 2007; Schögel, Marcus, Tomczak, T.: Alternative Vertriebswege — Neue Wege zum Kunden, in: Tomczak, T. u.a. (Hrsg.): Alternative Vertriebswege, St. Gallen 1999, S. 40-58; Schramm-Klein, H.: Multi-Channel-Retailing, Wiesbaden 2003; Swoboda, B., Morschett, D.: Electronic Business im Handel — Gestaltungsoptionen der marktorientierten Kernprozesse des Handelsmanagements, in: Weiber, R. (Hrsg.) Electronic Business, 2. Aufl., Wiesbaden 2002, S. 775-807; Zentes, J., Swoboda, B.: Neue Vertriebswege aus Sicht des Einzelhandels — Erscheinungsformen, Herausforderungen und Strategieoptionen des Handels, in: Tomczak, T. u.a. (Hrsg.): Alternative Vertriebswege, St. Gallen 1999, S. 40-58; Zentes, J., Swoboda, B.: HandelsMonitor 1/98: Wo wird Handel im Jahre 2005 \'gemacht\'?, Frankfurt/Main 1998.
Vorhergehender Fachbegriff: neuere Bilanzauffassungen | Nächster Fachbegriff: NeuerMarkt.com AG
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|