Wann genau das Geld entstanden ist, vermag niemand zu sagen, und auch das Warum hegt weitgehend im Dunkeln; alle Erklärungsversuche sind neuzeitlicher Natur. Die ältesten Quellen zur Benutzung von Geld stammen aus Mesopotamien. In Keilschrifttexten wird über Zahlungen in abgewogenem Silber berichtet. Edelmetalle spielen in der Geldgeschichte überhaupt eine überragende Rolle. Auch im pharaonischen Ägypten wurde offenbar in Gold gezahlt. Allerdings gab es in der Frühgeschichte des Geldes vor und neben den Metallen andere Zahlungsmittel, die sich zum Teil sogar bis in die Neuzeit erhalten haben. Muscheln zum Beispiel waren in China sehr beliebt, etwa die Kaurimu-schel. Viele Jahrtausende vor Christi benutzten die Chinesen aber auch Perlen, Schildkrötenschalen, Glocken oder Hacken als Geld. Eine Ware oder auch die Aussteuer für die Braut wurden in Hacken bezahlt, eine Zahlweise, die sich in Afrika sogar noch im 19. Jahrhundert fand. In China wurden die Hacken und andere als Zahlungsmittel eingesetzte Gerätschaften zunehmend miniaturisiert. Die chinesische Geldhacke war also sozusagen eine Bonsai-Hacke.
In Mesopotamien spielte, wie gesagt, abgewogenes Silber eine große Rolle als Zahlungsmittel. Da es das Dezimalsystem noch nicht gab, weichen die Gewichtseinheiten erheblich von den uns bekannten ab. Der Wert dessen, was wir heute Geld nennen, wurde nicht durch einen Nennwert ausgedrückt, sondern durch ein Gewicht. Man zahlte in Talenten, Minen und Schekeln, wobei ein Talent 60 Minen und eine Mine 60 Schekel maß. (Der Schekel ist heute die israelische Währung. Wie die Mark ist er aus einer Gewichtseinheit entstanden.) Wurde man sich in Mesopotamien handelseinig, mußte das Silber zum Abwiegen zerhackt werden. Um diesen Vorgang zu vereinfachen, entstand bereits eine Vorform des Kreditwesens.
Erste Münzen aus Edelmetallen gab es circa 600 v. Chr. in Kleinasien. Der Lyderkönig Alyattes läßt sie aus einer Legierung von Gold und Silber herstellen. Sein Sohn Krösus, berühmt für seinen sprichwörtlichen Reichtum, folgt dem Beispiel seines Vaters. Er allerdings läßt erstmals reine Gold- und reine Silbermünzen als Zahlungsmittel prägen und füllt damit seine Schatzkammern.
Etwa zeitgleich mit der Einführung der Edelmetallmünzen in Lydien gibt es auch in der griechischen Polis Athen bereits Münzen. Die Währung heißt Drachme, und bis heute ist die Drachme Zahlungsmittel in Griechenland geblieben. Zur Entstehung des Metallgeldes im antiken Hellas schreibt Nack Wagner in »Hellas: Land und Volk der alten Griechen« (Carl Ueberreuther Verlag Wien und Heidelberg, 1975):
»Die sich in einem einzigen Jahrhundert von der Hauswirtschaft über die Gemeindewirtschaft entwickelnde internationale Wirtschaft verlangte nach einem geeigneten Tauschmittel. An Stelle des ursprünglichen Naturalhandels kam schon im 7. Jahrhundert v. Chr. das Metallgeld auf, dessen Kenntnis Kreta und Lydien nach Griechenland vermittelten. Zuerst verwendete man Silberbarren, die oft zum Schutz gegen Metallverschlechterung oder Gewichtsverfälschung vom Staate abgestempelt wurden. Später ging man zur Rundgeldprägung über. Die Münzen waren aus Elektron, einer Legierung aus Gold und Silber, oder aus Silber. Dieses Metall lieferte für Athen in zureichender Menge das Bergwerk Laurion in Attika.« Die Münzen »trugen anfangs nur einseitig ein wappenartiges, für die einzelnen Städte charakteristisches Bildsymbol, eine Schildkröte, Biene, Traube, Leier usw. ... Die kleinen Silbermünzen hießen Obolen. Sechs Obolen bildeten eine Drachme... Von dem Wert des Geldes kann man sich ungefähr eine Vorstellung machen, wenn Solon nach Plutarch die Drachme gleich dem Wert eines Schafes setzt.«
Es war der attische Staatsmann und Verfassungsreformer Solon, der 594 v. u. Z. in Athen die Silberwährung einführte. Solon ist der erste griechische Staatsmann, dessen Leben und Absichten näher bekannt sind. 594 wurde er von den Athenern zum Archon Eponymus gewählt, zum obersten Herrscher. Neben der Silberwährung führte Solon auch die Timokratie ein, eine Einteilung der Bürger in vier Klassen nicht mehr wie bisher nach der Geburt, sondern nach dem Besitz. Im Mittelpunkt seines Währungssystems steht das bereits bekannte Talent (Tälanton), das eine Gewichtseinheit darstellt. Jedes Talent zählt zu dreißig Minen, die wiederum bestehen aus 100 Drachmen. Die attische Silberwährung fand rasch Verbreitung weit über die Polis Athen hinaus. Es entsteht ein Münzsystem unter staatlicher Aufsicht, das Kreditwesen entwickelt sich, die Finanzgeschäfte werden rechtlich normiert. Darlehen werden vergeben und verzinst, allerdings handelt es sich kaum oder gar nicht um Darlehen für investive Zwecke. Und es treten bereits die ersten Kritiker auf, die das Kredit- und Zinswesen verdammen; einer von ihnen ist der größte griechische Denker, Aristoteles (Geld). 428 v. Chr. wird in Athen erstmals eine Vermögenssteuer eingeführt.
»Geld gegen Zinsen zu verleihen«, schreibt Nick Wagner in seinem oben angeführten Buch, »war schon in früher Zeit bekannt. Als Banken dienten die Tempel, die an Einzelpersonen und Stadtgemeinden gegen einen mäßigen Zins Geld verliehen. Besonders der Apollotempel zu Delphi wurde zu einer Zentralbank für ganz Griechenland. Daneben gab es auch Geldwechsler, bei deren Tischen (träpeza) man Geld einlegen oder entlehnen konnte. Diese Bankiers (trapezitai) erlangten eine immer größere Bedeutung und schufen eine beträchtliche Erleichterung des gesamten Handelsverkehrs.«
Auf den griechischen Münzen des Altertums werden häufig Götter abgebildet. Die Abbildung von Menschen gilt als Gotteslästerung, sie kommt erst später auf. Nach dem Tode Alexanders des Großen etwa werden Bildnisse des Königs in Münzen geschlagen.
Nach dem Peloponnesischen Krieg (431. 404 v. Chr.) beherrschte für einige Zeit Sparta den Peloponnes. Diese spartanische Vormachtstellung währt jedoch nur einige Jahre. 371 besiegt Theben die Spartaner in der Schlacht von Leuktra und wird für ein Jahrzehnt zur Führungsmacht. Der Sieg Thebens bei Leuktra hat verheerende Folgen für die athenische Geldwirtschaft. Die Schlacht und ihre Folgen führen zum ersten Bankenkrach der Weltgeschichte, da etliche Athener ihre Einlagen abheben und auf diese Weise die Banken in den Zusammenbruch treiben.
Der Makedonier Alexander (genannt der Große, 356 bis 323 v. u. Z.) zertrümmert nicht nur das Reich der Perser und schafft durch ausgedehnte Kriegszüge und kluge Politik nicht nur ein Weltreich, er setzt auch eine umfassende Reform des Geldwesens in Gang. In seinem riesigen Herrschaftsgebiet führt er eine einheitliche Währung ein, deren Vorbild die athenische Münze ist. Fast könnte man hierbei also von einer »Leitwährung« im modernen Sinne sprechen. Neben dem lange Zeit favorisierten Land- wird nunmehr auch der Geldbesitz zu einem erstrebenswerten Zeichen von Wohlstand, und es werden Geldvermögen angelegt. Beim Kleingeld tauchen nun erstmals auch Kupfermünzen auf.
Das römische Reich hinkt in der Geldentwicklung erst einmal hinterher. Erst 289 v. u. Z. wird in Rom eine Münzwährung introduziert, allerdings gibt es noch keine regelmäßige Herstellung von Münzen als allumfassendes Tausch- und Zahlungsmittel. Zum Einsatz kommen neben Gold und Silber auch Kupfer und die Kupfer-Zinn-Legierung Bronze. Währung ist die Drachme, und natürlich werden Götter abgebildet. Zur Herstellung, also zum Prägen der Münzen, werden drei Römer berufen, die Tresviri Monetales. So wie in Griechenland, sind Geldgeschäfte auch in Rom prinzipiell verpönt. Die Nobilitäten der römischen Gesellschaft leben vom Landbesitz, und wie sagte schon Aristoteles: »Die rechte Erwerbsart... und ebenso der natürliche Reichtum... ist die Hausverwaltungskunst.« Sie nennt der griechische Philosoph »notwendig und lobenswert«, während »die Tauschkunst dagegen mit Recht getadelt wird«. Sie bleibt daher niedrigeren Schichten der Bevölkerung vorbehalten, und zwar bis weit über die Antike hinaus.
Im Jahre 214 v. Chr. führt der Konsul Flamius in Rom eine neue Währung ein, den Silberdenar. Er bleibt die wichtigste Währung des Römischen Reiches über einen langen Zeitraum. Immer mehr verbreitet sich das Metallgeld als Zahlungsmittel auch in Rom und seinen Provinzen sowie Satellitenstaaten. Unter Caesar wird dann erstmals das Bildnis eines lebenden Römers auf die Münzen geprägt: sein eigenes. Die politischen Krisen der Folgezeit haben auch Auswirkungen auf das Kredit- und Geldwesen. Immer wieder steht die römische Wirtschaft am Rande des Zusammenbruchs, bis Kaiser Augustus (C. Iulius Caesar Octavianus) schließlich ein Währungssystem einführt, das bis in die Neuzeit hinein vorbildhaft und prägend sein wird. Nach Alexander dem Großen ist Augustus der zweite Herrscher der Geschichte, dem es gelingt, eine internationale Währung zu schaffen - natürlich international nach den Begriffen und Kenntnissen der Zeit. Sein Münzsystem unterscheidet:
Die Münzen des Augustus sind nicht nur im gesamten Römischen Reich verbreitet, sondern bis nach Nordeuropa, China, Indien und Afrika.
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