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Versorgungsprinzip

Begründen nach dem Versicherungsprinzip grundsätzlich die Beitragszahlungen den Versicherungsanspruch, so ist beim Versorgungsprinzip gerade das Fehlen dieser Beitragszah- lung wesentliches Gestaltungselement. Der Rechtsanspruch des einzelnen auf Versorgungsleistungen entsteht nicht dadurch, dass er Mitglied einer Versicherungsgemeinschaft ist. Er ist vielmehr Passivempfänger von Leistungen der Allgemeinheit. Diese Leistungen erhält er als Ausgleich für Nachteile bzw. Schäden oder Opfer, die er auf sich nehmen musste und welche jeden einzelnen der Gemeinschaft hätten treffen können. Es sind diese erbrachten Opfer oder erlittenen Nachteile, die den Rechtsanspruch auf Versorgung begründen. Im Unterschied zum Fürsorgeprinzip ist also nicht die Hilfsbedürftigkeit Ausgangspunkt der Leistungen. Zur Finanzierung der Versorgungsleistungen werden Steuermittel verwendet. Versorgungsleistungen sind - im Gegensatz zur Versicherung - nicht zu kalkulieren, sondern zu etatisieren (Walter Rohrbeck). In der Bundesrepublik Deutschland hat das Versorgungsprinzip im Rahmen der sozialen Sicherung im Sinne einer Sonderversorgung zum Ausgleich der Kriegsschäden und der Versorgung von Kriegsopfern Bedeutung (soziale Entschädigung). In anderen Ländern (besonders z. B. in Schweden) haben die Versorgungsleistungen ein viel grösseres Gewicht. Das Versorgungsprinzip ist dort tragendes Element der jeweiligen sozialen Sicherungssysteme. In solchen Fällen spricht man im Gegensatz zur Sonderversorgung von einer allgemeinen Staatsbürgerversorgung. Die den Staatsbürgern in einem solchen System zustehenden Versorgungsleistungen entstehen nicht auf Grund besonderer Leistungen für die Gemeinschaft. Die Staatsbürgerversorgung will vielmehr jedem Bürger durch die Einräumung von Versorgungsansprüchen soziale Sicherheit gewähren. Dabei ist vor allem an die Abdeckung der Grundbedürfnisse gedacht, ohne Unterschied und ohne Rücksicht auf die Ursachen der Bedarfssituation und auch ohne Rücksicht auf mögliche frühere Leistungen. Der wesentliche Unterschied zur Sonderversorgung ist darin zu sehen, dass in der Sonderversorgung von einer bestimmten Verursachung (causa) ausgegangen wird (Kausalprinzip); die allgemeine Staatsbürgerversorgung orientiert sich dagegen final (Finalprinzip) an einem zu erreichenden Versorgungsziel. Die Leistungen des einzelnen für die Gemeinschaft sind dabei unerheblich. Vor allem das Fehlen einer eigenen Leistung, auch bei solchen, die zu einer Leistung fähig wären, wird in der Diskussion immer wieder gegen eine allgemeine Staatsbürgerversorgung eingewandt.                                                        Literatur: Winterstein, H., Prinzipien der sozialen Sicherung, in: WiSt, 5. Jg. (1976), S. 433 ff.

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