Institution der sozialen Sicherung; sie stellt neben der Sozialbilfe und der Sozialversicherung die wesentliche dritte Säule des Systems der sozialen Sicherung dar. Die Versorgung als Institution hat zwei Wurzeln. Einmal wurde der Versorgungsgedanke ausgeformt im Bereich der sozialen Sicherung der Staatsdiener (Beamtenversorgung, soziale Sicherung der Wehrpflichtigen), zum anderen in einer speziellen Form der Fürsorge, die Kriegsbeschädigten und den Hinterbliebenen von Kriegsopfern zugedacht wurde. Zunächst war für diesen Personenkreis nur an eine Sonderfürsorge gedacht. Als eigenständiger Bereich ist die Versorgung erstmals mit dem Reichsversorgungsgesetz von 1920 in Deutschland von der Fürsorge abgegrenzt worden. Grundlage für die Schaffung der neuen Institution im Bereich des Systems der sozialen Sicherung war die Erkenntnis, dass Mitglieder einer Gemeinschaft aufgrund von Leistungen (Aufopferungen), die sie der Gemeinschaft erbracht haben, auch Ansprüche erworben haben, die nicht auf die Entrichtung von Beiträgen gegründet sind und die andererseits nicht davon abhängen, dass diese Mitglieder der Gemeinschaft bedürftig sind. Als Versorgung bezeichnet man deshalb eine als Entschädigung oder als aus sonstigen Gründen auf Grund eines Rechtsanspruchs erfolgende Zuwendung von Unterhaltsmitteln seitens einer Gemeinschaft an einen Teil ihrer Mitglieder, die weder deren Bedürftigkeit, noch eine Beitragsleistung jener Mitglieder zur Aufbringung der ihnen zu gewährenden Mittel voraussetzt (Walter Weddigen). Von der Sozialversicherung unterscheidet sich die Versorgung also grundsätzlich dadurch, dass zum Erwerb eines Anspruchs keine Beitragszahlung nötig ist; von der Sozialhilfe dadurch, dass die Leistungen im Prinzip nicht von der Feststellung der Bedürftigkeit des Leistungsempfängers abhängig gemacht werden. Neuerdings setzt sich zunehmend auch der Begriff soziale Entschädigung durch.
Der Sinn jeglichen Wirtschaftens bestehe, wie oft behauptet wird, darin, die Bedürfnisse der Verbraucher optimal zu befriedigen. Wenngleich diese Auffassung als Faktenaussage wegender extremen, wissenschaftstheoretisch unhaltbaren Position, die dabei bezogen wird, heute als überholt gilt, herrscht doch kein Zweifel darüber, dass Industrie und Handel durch Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen einen maßgeblichen Anteil am physischen Wohlergehen der Bevölkerung haben. Dies schließt weder aus, dass Menschen auch andere als ökonomische Bedürfnisse empfinden, noch dass die genannten Wirtschaftszweige manchmal in verwerflicher Weise egoistische Interessen verfolgen, die denen ihrer Kunden zuwiderlaufen. Der Eigennutz der Anbieter und das Konkurrenzprinzip sorgen in der Marktwirtschaft prinzipiell dafür, dass den Wünschen und Vorstellungen eines jeden mit Kaufkraft ausgestatteten Nachfragers Rechnung getragen wird. Soweit dysfunktionale Erscheinungen des Wirtschaftssystems oder auch soziale Rücksichtnahme dies erfordern, betrachtet es der Staat als seine Aufgabe, im Rahmen der Binnenhandelspolitik die Weichen für eine anspruchsgerechte Versorgung aller zu stellen. So sehen z. B. zahlreiche Verordnungen und Erlasse des Bundes und der Länder vor, dass Verbraucher ein Anrecht auf eine ausgewogene Handelsstruktur haben, d. h. eine „gesunde Mischung“ von Betrieben mit verschieden breiten Sortimenten, unterschiedlichem Preisniveau, in teils geringer, teils größerer Entfernung von der eigenen Wohnung, teils mit, teils ohneBedienung, usw. erwarten können. Es hat sich auch in zahlreichen Untersuchungen gezeigt, dass die Bevölkerung genau diese Situation als Versorgungsideal vor Augen hat. Wie groß bzw. klein die Bandbreite bei den Betriebsformen des Handels, wie grob- bzw. engmaschig das Versorgungsnetz und wie breit bzw. schmal gefächert das Spektrum der Wahlmöglichkeiten bei den Marktob jek- ten im allgemeinen gestaltet sein sollen, ehe sich der Staat veranlaßt sieht einzugreifen, ist ebenso wie die Höhe der den Bürgern zuzumutenden Preissteigerungen ein von ihm von Fall zu Fall zu lösendes, politisches Problem. Zweifellos würde auch schon ein Laie ein gewisses Unbehagen empfinden, wenn ein Ort mit
3. 000 Einwohnern über kein Nahrungsmittelgeschäft mehr verfügte. Bei dem Versuch, Versorgung zu erfassen, steht der Forscher zunächst vor dem Problem, ob er lediglich den Versorgungsgrad messen oder ob er seinen Befund gleichzeitig mit einem Werturteil verbinden soll, um dann etwa von Uber- oder Unterversorgung sprechen zu können. Die zweite Möglichkeit impliziert offenkundig die Lösung eines normativen Problems: Das Bemühen, einen Istzustand wertend zu klassifizieren, bedingt nämlich einen Vergleich mit einem Sollzustand. Dazu bedürfte es in unserem Fall der Verfügbarkeit bzw. Generierung einer Versorgungsnorm,, wobei vorab zu klären wäre, wer mit welcher Legitimation jene festzulegen befugt ist. Aufgaben dieser Art werden nach dem herrschenden Wissenschaftsverständnis im Anschluß an Max Weber außerwissenschaftlichen Instanzen, wie z.B. Politikern, zugewiesen oder aber von Sachverständigen per Konvention in der Weise gelöst, dass sie einen Schwellenwert autonom und u. U. ohne nähere Begründung festlegen. Gelegentlich läßt man auch die Betroffenen selbst den fraglichen Punkt bestimmen. Ob indessen eine solche, auf dem Mehrheitsprinzip basierende Grenzziehung „vernünftig“ sein kann, ist nicht unstrittig. Dies hängt damit zusammen, dass entsprechende Abstimmungen in aller Regel durch ein Anspruchsdenken verzerrt werden, das durch Artikulation von Maximalforderungen bei gleichzeitiger Unterdrückung der damit für die Gemeinschaft verbundenen Belastungen gekennzeichnet ist. Immerhin sprechen gewichtige Gründe dafür, die Versorgungsqualität, ein vieldimensionales Konstrukt, nicht nur an Hand objektiv ermittelter Fakten zu bewerten, sondern das Urteil allen Schwierigkeiten und Erhebungskosten zum Trotz auch auf die Einschätzung durch die Betroffenen selbst zu stützen. Der Befund wird hierbei von zwei Größen bestimmt, dem individuellen Anspruchsniveau jedes einzelnen und der Wahrnehmung der realen Gegebenheiten durch diesen. Mail entfernt sich damit von scheinbar objektivierenden Begriffen wie Versorgungsgüte oder Versorgungsqualität, um diese durch den wesentlich treffenderen Ausdruck der von jedem einzelnen empfundenen Versorgungszufriedenheit zu ersetzen, der nichts anderes als die Differenz zwischen einem Soll- und einem Istzustand verkörpert. Um somit feststellen zu können, inwieweit die Einkaufsmöglichkeiten den Bedürfnissen der Konsumenten entsprechen, bedarf es also nicht nur einer Analyse namentlich von Struktur und Leistungsfähigkeit des Einzelhandels, des Lebensmittelhandwerks und des Dienstleistungsgewerbes in einer bestimmten Region, sondern auch der Erforschung der Einstellungen, Erwartungen und Wünsche der Bevölkerung. Allein ein solches Vorgehen ermöglicht die Durchführung sinnvoller Vergleiche zwischen mutmaßlich unterschiedlich gut oder schlecht versorgten Gebieten, die es dann der Raumund Städteplanung erlauben, ihren Verpflichtungen gegenüber den Bürgern nachzukommen. Eine in dieserWeise differenzierende Betrachtungsweise vermittelt überdies Ansatzpunkte für notwendige ordnungspolitische Korrektivmaßnahmen ebenso wie für die Entwicklung und Realisation neuartiger Marketingkonzepte durch den Handel. D.
Literatur: Nieschlag, R.; Dichtl, E.; Hörschgen, H., Marketing, 16. Aufl., Berlin 1991, S. 71 ff. \'Wölk, A., Die Versorgung mit Lebensmitteln in städtischen Randlagen, Forschungsstelle für den Handel e. V., Berlin 1980.
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