sozialpolitische Bezeichnung für eine besondere Art von Anspruchsvoraussetzungen für Sozialleistungen, die nach dem Fürsorgeprinzip ausgestaltet sind oder davon Einschläge aufweisen. Bedürftigkeit impliziert erstens, dass dem Leistungsempfänger in der konkreten Situation ein bestimmter Bedarf zuerkannt wird, und zweitens, dass er nicht in der Lage ist, diesen Bedarf aus eigenen Mitteln zu decken, ohne dabei seine Lebenslage in unzumutbarer Weise zu verschlechtern. Das Konzept der Bedürftigkeit kann als Ausfluss des Subsidiaritätsprinzips betrachtet werden. Sowohl bei der Zuerkennung des Bedarfs als auch bei der Prüfung der Fähigkeit zur Selbsthilfe bzw. der zumutbaren Eigenleistung kann individualisierend oder schematisch generalisierend verfahren werden. In modernen rechtsstaatlich normierten Sozial- leistungssystemen, wie in der Bundesrepublik, werden Bedürftigkeitsprüfungen überwiegend schematisch durchgeführt, und zwar anhand genereller gesetzlicher Definitionen bestimmter Bedarfssituationen (z. B. notwendiger Lebensunterhalt in der Sozialhilfe durch Sozialhilferegelsätze, angemessene familiengerechte Wohnung, je nach Familiengrösse, für Wohngeld, ,Förderungsbedarf bei förderungswürdiger Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungs- gesetz) und anhand gesetzlich festgelegter Einkommensgrenzen oder Tabellen für zumutbare Eigenleistungen je nach Einkommen und Vermögen. Bedürftigkeitsprüfungen für Sozialleistungen werden zwar in neuerer Zeit häufig als entwürdigend und ,diskriminierend kritisiert, sind aber andererseits das einzige probate Mittel, um Leistungen der sozialen Sicherung ziemlich genau nach dem jeweiligen Sicherungsziel dosieren zu können (Finalprinzip). Dies hilft somit unnötigen Mittelaufwand (Giesskannenprinzip) zu vermeiden und evtl. angestrebte Umverteilungseffekte zugunsten der Armen zu gewährleisten.
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